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Wesentliche Ergebnisse zweier Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamts

Umweltauswirkungen des Frackings bei der Schiefergasgewinnung

Einleitung

„Hydraulic Fracturing“ oder kurz Fracking wird zur Gewinnung von Kohlenwasserstoffen und auch zur Nutzung der Tiefengeothermie eingesetzt. Dabei werden durch das Einpressen großer Mengen an Wasser in dichte Gesteinsschichten Risse erzeugt oder vorhandene Risse und Öffnungen erweitert. Bei der Gewinnung von Erdgas mittels Fracking werden dem Wasser so genannte Stützmittel (z. B. Sand) und Chemikalien zugesetzt. Die Stützmittel dienen zum Offenhalten der Risse. Die Chemikalien werden z. B. zur Verbesserung des Stützmitteltransports und zur Rückgewinnung der Fracking-Fluide benötigt. Das Umweltbundesamt (UBA) hat die Debatte seit Jahren begleitet und zwei Gutachten zu möglichen Umweltauswirkungen des Frackings bei der Schiefergasgewinnung in Deutschland beauftragt (Meiners et al. 2012; Dannwolf et al. 2014).

Risiken für das Grundwasser

Die Gutachten sprechen nicht von Gefahren, wohl aber von Risiken, die insbesondere für das Grundwasser bestehen und die zu minimieren sind:

Die Prozesse die unterirdisch zu einer möglichen Grundwasserkontamination in Folge von Gas- und Fluidmigration führen können, sind vielfältig. Erfahrungen aus den USA zeigen, dass Grundwasserverunreinigungen hauptsächlich durch Schäden an den Aufsuchungs- und Gewinnungsbohrungen und deren mangelhafter Ausführung vor Ort verursacht wurden ( Abb. 1 – Pfadgruppe 1). Daher ist sicherzustellen, dass das Bohrloch auch bei einer längeren Beanspruchung dicht ist (sog. Bohrlochintegrität). Das heißt, die Verrohrung selbst sowie deren Zementation zur Abdichtung gegenüber Fluiden und Gasen müssen den Einflüssen von Korrosion, hohen Drücken und Temperaturen sowie mechanischen Be-lastungen dauerhaft standhalten.

Die Risiken aus Übertageaktivitäten (Abb. 1 – Pfadgruppe 0) sind vergleichbar mit denen vieler anderer oberirdischer Industrieprozesse. Unbemerkte Leckagen von Leitungen oder Havarien auf dem Bohrplatz können zu Verunreinigungen oberflächennahen Grundwassers führen. In Deutschland existiert bereits eine Reihe rechtlicher und technischer Vorschriften, um das Risiko von Verunreinigungen des Grundwassers aus Übertageaktivitäten zu verringern.

Risiken durch Frackingchemikalien, Flowback und Lagerstättenwasser

Für das sog. Hochvolumen-Hydrofracking in Schiefergaslagerstätten werden nach Angaben von ExxonMobil 1600 Kubikmeter Wasser pro Frac eingesetzt, mit 32 m3 Stützmittel und 5 Tonnen Chemikalien (Ewen et al. 2012). Auch die Chemikalien der bislang in Deutschland in dichten Sandsteinen und konventionellen Lagerstätten eingesetzten Frac-Fluide hatten zum Teil hohe human- und ökotoxikologische Gefährdungspotenziale (Meiners et al. 2012). In Deutschland sollen deshalb künftig nur noch Chemikalien zum Einsatz kommen, die nicht oder maximal schwach wassergefährdend sind. Dass die Genehmigungsbehörden die Zusammensetzung der Frac-Fluide kennen müssen, versteht sich von selbst. Aus Transparenzgründen sollte aber zusätzlich ein Register eingerichtet werden, aus dem sich die interessierte Öffentlichkeit informieren kann.

Hinsichtlich des Umgangs mit dem nach der Frac-Maßnahme zurückgeförder-ten Flowback (Frac-Fluid-Rückfluss) und des mitgeförderten Lagerstättenwassers gibt es derzeit noch Defizite. Erstens fehlen aussagekräftige Analysen sowie belastbare Massenbilanzierungen, so dass keine ge-nauen Kenntnisse über die jeweilige stoffliche Zusammensetzung und Mengenan-teile von Flowback, Lagerstättenwasser und möglichen Reaktionsprodukten bestehen. Zweitens existiert für die Behandlung und Entsorgung von Flowback und Lagerstät-tenwasser derzeit weder national noch auf europäischer Ebene ein „Stand der Technik“. Beide UBA-Gutachten empfehlen für eine umweltgerechte Behandlung und Entsorgung dieser Abwässer einen für die Unternehmen verpflichtenden Stand der Technik festzuschreiben. Dieser sollte national in Form eines Anhangs für die Abwasserverordnung und auf der europäischen Ebene in Form eines Best-Available-Techniques-Reference-(BREF)-Dokuments definiert werden (Dannwolf et al. 2014).

Flächeninanspruchnahme

Bei der Gewinnung von Schiefergas werden im Gegensatz zu anderen unterirdischen Nutzungen unter- und oberirdisch ausgedehnte Räume und Flächen beansprucht. Dies führt im Ergebnis zu einem dichten Netz von einzelnen Bohrplätzen und damit zu einer raumgreifenden Nutzung des Untergrunds und der Oberfläche ( Abb. 2). Hier sind durch raumordnende Maßnahmen Konflikte mit Siedlungs- und Naturschutzgebieten zu vermeiden.

Fazit

Das Umweltbundesamt plädiert für ein stufenweises Vorgehen, in dem zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Schutz der Umwelt klar formuliert werden müssen. Um der herausragenden Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung Rechnung zu tragen, ist ein vorsorglicher Ausschluss von Fracking in und unter Gebieten, die der Trinkwassergewinnung dienen, notwendig. Wegen der vielfältigen potenziellen Umweltauswirkungen sind diese im Rahmen einer obligatorischen Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersuchen und zu bewerten. Dies würde auch die Beteiligung der Öffentlichkeit sicherstellen.

Auf dieser Grundlage müssten zunächst die vielen derzeit theoretisch diskutierten Vorsorgemaßnahmen ihre Praxistauglichkeit an wissenschaftlich und behördlich eng begleiteten Forschungsprojekten unter Beweis stellen. Dies beinhaltet die Überwachung des Grundwassers vor, während und nach der Erschließung der Gaslager-stätten. Des Weiteren empfehlen wir, sämtliche Wasser- und Stoffströme zu bilanzieren und zu dokumentieren, inklusive der Methanemissionen.

Wegen des kumulativen Zusammenwirkens zahlreicher Einzelaktivitäten mit ihrem Raumanspruch und Flächenbedarf stellt die Schiefergasförderung einen klassischen Anwendungsfall der Raumordnung dar. Die Instrumente der Raumordnung sollten deshalb gestärkt werden, um die zu erwartenden räumlichen Veränderungen und Nutzungskonkurrenzen in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland angemessen zu steuern.

Literatur

BGR: Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland. Hannover: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, 2012.

Dannwolf U et al.: Umweltauswirkungen von Frack-ing bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas insbesondere aus Schiefergaslagerstätten – Teil 2: Grundwassermonitoringkonzept, Frackingchemika-lienkataster, Entsorgung von Flowback, Forschungsstand zur Emissions- und Klimabilanz, induzierte Seismizität, Naturhaushalt, Landschaftsbild und biologische Vielfalt. UBA UBA-Texte 2014; 53.

Ewen D et al.: Risikostudie Fracking – Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking-Technologie für die Erdgasgewinnung aus unkonventionellen Quellen (Übersichtsfassung). Exxon, 2012.

Meiners HG et al.: Umweltauswirkungen von Frack-ing bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten – Risikobewertung, Handlungsempfehlungen und Evaluierung bestehender rechtlicher Regelungen und Verwaltungsstrukturen. UBA-Texte 2012; 61.

Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU): Stellungnahme Nr. 18 vom Mai 2013: Fracking zur Schiefergasgewinnung – Ein Beitrag zur energie- und umweltpolitischen Bewertung. SRU, 2013.

    Autor

    Bernd Kirschbaum, Diplom-Geologe

    Umweltbundesamt

    Fachgebiet II 2.1 – Übergreifende Angelegenheiten Wasser & Boden

    Wörlitzer Platz 1

    06844 Dessau-Roßlau

    bernd.kirschbaum@uba.de

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