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Das Fach Arbeitsmedizin im Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM)

Einleitung

Der Hochschulausschuss der Kultusminister-konferenz gab 2009 die Anregung an die Ge-sellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA) in Abstimmung mit dem Medizinischen Fa-kultätentag (MFT) einen Fachqualifikations-katalog für das medizinische Studium auszuarbeiten. Unter dem Dach der Akademie für Ausbildung in der Hochschulmedizin (AHM) des MFT bildete sich eine Lenkungs-gruppe für diesen Nationalen Kompetenz-basierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) und Zahnmedizin (NKLZ). Diese Lenkungs-gruppe wurde von Vertreterinnen und Vertretern des MFT, der GMA sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Institutionen gebildet. Von der Lenkungsgruppe wiederum wurden 21 Arbeitsgruppen mit medizindidaktischen und Fach-Ex-pertinnen und -Experten besetzt. Die Mitgliedsgesellschaften der AWMF wurden beim NKLM im Gegensatz zum NKLZ im Vorfeld nicht bei der Erstellung des Katalogs eingebunden. Im April 2013 wurden den AWMF-Mitgliedsgesellschaften der NKLM und der NKLZ in Berlin vorgestellt und Möglichkeiten der Kommentierung der Lernziele über ein online-Kommentarportal dargestellt.

Die Gliederung des NKLM orientiert sich an den Fähigkeiten, Fertigkeiten und profes-sionellen Haltungen, die im Medizinstudium erlangt werden sollen. Es wurde nach den Angaben von Mitgliedern der Lenkungsgruppe daher bewusst auf eine klassische Fächer- oder Organzuordnung verzichtet. Nähere Erläuterungen sind in der online-„Übersicht“ des NKLM zu finden: www.nklm.de/kataloge/nklm/lernziel/uebersicht

Diese Wichtung im NKLM führte zu star-ken Diskussionen zwischen dem MFT, der GMA und den einzelnen Fachgesellschaf-ten. Die AWMF, als Vertreterin der Fachgesell-schaften, empfahl eine formale Konsens-findung mit allen Fachgesellschaften mit Hilfe der Delphi-Technik zu erzielen. Jede Fachgesellschaft benannte hierzu eine/n mandatierten/n Vertreter/in. Die DGAUM wurde von Frau Dr. Preisser, Hamburg, ver-treten. Die Vertreterin führte online die Delphi-Abstimmung in zwei Durchgängen – in Rücksprache mit Vorstandsvertretern der DGAUM – durch.

Die Rolle des NKLM

Für das Humanmedizinstudium in Deutsch-land sind rechtlich verbindlich die Approba-tionsordnung, die Vorgaben der Landesprü-fungsämter sowie die Studien- und Prüfungs-ordnungen der jeweiligen medizinischen Fakultäten/Fachbereiche. Die bisherigen, den medizinischen Fakultäten/Fachbereichen vor-liegenden Lernzielkataloge, sind von den Fa-kultäten/Fachbereichen der Standorte verfasst worden und dienen den Lehrenden als Grundlage der studentischen Ausbildung und den Studierenden als orientierende Information. Der NKLM soll den Fakultäten/Fachbereichen als zusätzliche Orientierung dienen, ist für diese jedoch nicht verbindlich. Es ist jedoch zu erwarten, dass die im NKLM beschriebenen übergeordneten Fähigkeiten, Fertigkeiten und professionellen Haltungen, wenn sie in die Lehre eingehen, sich auch früher oder später im Gegenstandskatalog des IMPP (Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen) niederschlagen werden.

Im Jahr 2014 erfolgte die letzte Überarbeitung durch die NKLM-Lenkungsgruppe, die Anregungen der bisherigen Akteure mit Kürzungsvorschlägen und Niveauanpassun-gen, insbesondere Streichung von Weiterbildungsinhalten nach den ersten Kritik-punkten einer zu großen Ausführlichkeit, umsetzte. Im Frühjahr 2015 wurde der NKLM nun in dieser ersten Version vom Fakultätentag endgültig verabschiedet und ist online abrufbar unter www.nklm.de. Hier ist es nochmals wichtig zu betonen, dass der NKLM für die Fakultäten/Fachbereiche eine Orientierungshilfe darstellt und nicht rechts-verbindlich ist.

NKLM-Inhalte: Übergeordnete Kompetenzen werden stark betont

Die Druckversion des NKLM hat insgesamt 346 Seiten, wobei auf ca. 300 Seiten Kompetenzen und Lernziele gelistet werden. Die übergeordneten Kompetenzen nehmen im Umfang der Einzel-Lernziele und somit im gesamten NKLM einen großen Raum ein. Sie werden drei Abschnitten zugeordnet:

  1. 1.Kompetenzrollen und Teilkompetenzen,
  2. 2.Medizinisches Wissen, klinische Fähigkeiten und professionelle Haltungen sowie
  3. 3.Patienten-zentrierte Gesundheitsversorgung.

In 23 Unterkapiteln werden nun die Einzel-kompetenzen den zu erzielenden Kompe-tenzebenen „Faktenwissen“, „Handlungs- und Begründungswissen“ sowie „Handlungskompetenz“ zugeordnet. Als Beispiele für die Kapitelverteilung werden hier übergeordnete Kompetenzen bzw. Rollen genannt wie z. B. Der Arzt/die Ärztin als Kommunikatorin oder Der Arzt/die Ärztin als Verantwortungsträger sowie auch an Lern-zielen orientierte Kapitel, z. B. Prinzipien von Normalfunktion, Diagnostische Verfahren oder Therapeutische Prinzipien.

Lernziele für das Fach „Arbeitsmedizin“

Den übergeordneten Lernzielen sind Fächer zugeordnet, in denen das jeweilige Lernziel sein Gewicht und seinen Vermittlungsanspruch in der Lehre gewinnt. So werden für viele Lernziele aus dem Bereich Der Arzt/die Ärztin als Kommunikatorin oder Der Arzt/die Ärztin als Verantwortungsträger unter Leistungsnachweise lt. ÄAppo die Formulierung fächerübergreifend in der Printversion genannt. Sucht man im Katalog, so wird unter vielen andern Fächern auch das Fach Arbeitsmedizin/Sozialmedizin als zuständig in der Vermittlung dieses Lernzieles genannt. Ein Beispiel ist in  Tabelle 1 wie-dergegeben.

Weitere inhaltlichen Lernziele und Lehr-inhalte für das Fach Arbeitsmedizin sind vor allem im Kapitel 19 mit der Überschrift Ge-sundheitsförderung und Prävention zu finden. Auch Lehrinhalte der Umweltmedizin und Sozialmedizin werden hier dargestellt. Weiterhin werden grundsätzliche Einteilungen von Prävention in Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention sowie Verhalten- und Ver-hältnisprävention in diesem Kapitel erläutert. Unter dem Unterpunkt 19.1.9 finden sich Inhalte zur Gesundheitsberichterstattung und Epidemiologie für die Prävention.

Der Punkt 19.2.7 beschreibt in der Druck-version des Katalogs auf eineinhalb Seiten Umwelt- und Umfeldeinflüsse auf die Ge-sundheit mit expliziter Benennung des Fachs Arbeitsmedizin/Sozialmedizin und des Querschnittbereichs Klinische Umweltmedizin, allerdings werden 17 weitere Fächer bzw. Querschnittsbereiche ebenfalls genannt. Spezifisch arbeitsmedizinische Inhalte wie z. B. das Belastungsbeanspruchungsmodell zu physischen und psychischen Belastungen werden erwähnt. Weiterhin werden Expositionsverfahren bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, biologischen Arbeitsstoffen und mit physikalischen Einwirkungen als Anwendungsbeispiele genannt. Auch Arbeits-medizinische Vorsorge(-untersuchungen), Am-bient- und Biomonitoring, Berufskrankheiten und BK-Meldesystem sowie die Ursachen arbeitsbedingter Erkrankungen soll der/die Studierende erkennen können. Besondere Umgebungseinflüsse wie z. B. Klima, Beleuchtung, Schall/Lärm, Strahlungen, Passiv-rauch, Feinstaub-Belastung und Vibrationen werden in dem Lernzielkatalog als Einfluss-faktoren benannt. Weiterhin sind die Organisation des Arbeitsschutzes sowie Maßnahmen des Arbeitsschutzes mit z. B. dem STOP-Prinzip (Substitution, technischer, organisatorischer und persönlicher Arbeits-schutz) aufgeführt. Maßnahmen des sozialen Arbeitsschutzes werden erläutert. Die angegebenen Kompetenzebenen im Punkt 19.2.7 sind fast alle auf dem Niveau des Handlungs- und Begründungswissen. Ein Beispiel hierzu zeigt  Tabelle 2.

Diskussion

Im Juli 2013 gab die NKLM-Lenkungsgruppe allen in der AWMF gelisteten Fachgesellschaften sowie allen deutschen medizini-schen Fakultäten Einblick in den Katalog mit Korrekturmöglichkeit; es wurden ca. 5000 Anregungen rückgemeldet. Die bereits im Vorfeld kritisierte nicht namentliche Nennung der Fächer im NKLM wurde als problematische Situation erneut aufgegriffen. Die Fächerzugehörigkeit sei nun für die Studierenden weniger sichtbar. Auch wurde kritisch eingeschätzt, dass es in den Formu-lierungen mancher Kompetenzen zu Über-schneidungen der Zuständigkeit verschie-dener Fachbereiche kommen könnte. Dies könne auch zur erschwerten Überarbeitung des NKLM in Zukunft führen. In einer Stel-lungnahme vom 09.11.2013 wurde weiter-hin kritisiert, dass die Ziele des NKLM unklar formuliert seien: Gehe es um Absolventenprofil, Kerncurriculum oder Arztrollen? Zu-dem seien die Detailtiefe oft auf Facharztniveau und der Umfang zu groß. Die Mandatsträgerschaft und die Kompetenz der Autoren der Arbeitspakete seien unklar. Das naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagenwissen sei unterbewertet. Insgesamt sei die Themenwahl nicht ausgewogen. Auch kritisiert die AWMF, dass entgegen früherer Gepflogenheiten sowohl die Fachgesellschaften als auch die Bundesärztekammer nicht an der Erstellung dieses Katalogs beteiligt worden seien.

Weiterhin ist nach Ansicht der Autoren zu bedenken, dass der Katalog alleine durch seinen Umfang von 346 Seiten es den Benutzern, also den Vertretern der Medizini-schen Fakultäten/Fachbereiche und den Studierenden, nicht leicht macht, mit ihm um-zugehen. Gezielte Suchen sind in der On-line-Version des NKLM möglich, verringern die Problematik der umfassenden und teils auch redundanten Darstellung jedoch kaum. Letztendlich müssen in diesem Zusammenhang auch ökonomische Gesichtspunkte angesprochen werden: Die finanzielle Aus-stattung der Lehre an den medizinischen Fakultäten/Fachbereichen ist in Deutschland limitiert und deckt an vielen Standorten nur das Wichtigste ab. Eine Umsetzung des NKLM ist jedoch nicht kostenneutral durch-zuführen und würde erhebliche Steigerungen der finanziellen Aufwendungen für die Universitäten bedeuten. Höhere Zuführungs-beträge durch die zuständigen Bildungs-/Wissenschafts- bzw. Kultusministerien der Länder für eine Umsetzung des NKLM und NKLZ erscheinen derzeit kaum realistisch.

Ausblick

Die AWMF empfahl eine Beschränkung der Zielsetzung auf das Absolventenprofil an der Schnittstelle von Studium und Weiterbildung. Dies würde zu einer Reduktion des Umfangs der Kompetenzlisten führen. Von den Fachgesellschaften wurde deshalb angestrebt, dass kognitive Kompetenzen und Wissen gegenüber Fertigkeiten und Ein-stellungen nicht zu kurz kommen. Mit Hilfe der Delphi-Technik konnte eine formale Konsensfindung aller Fachgesellschaften erreicht werden.

Anfang des Jahres 2014 hat die DGAUM auf Vorschlag des Vorstands einen Lernziel-katalog für das Fach Arbeitsmedizin erstellt und veröffentlicht (DGAUM, 2014). Die Erstellung erfolgte unter Einbeziehung der be-reits vorhandenen arbeitsmedizinischen Aufstellung der Fachgesellschaft von übergeordneten Lernzielen und Kompetenzen. Nun könnte ein Abgleich dieses von der DGAUM verabschiedeten Lernzielkataloges mit dem NKLM folgen.

Derzeit sind unter dem Stichwort Master-plan Medizinstudium 2020 politische Diskussionen im Gang, wie das Medizinstudium in Deutschland zukünftig ausgerichtet sein soll. Dies wurde auch im Koalitionsvertrag der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD vereinbart. Eine Novellierung der ärztlichen Approbationsordnung ist in den nächsten Jahren zu erwarten. Gerade unter dem Gesichtspunkt des vor kurzem verab-schiedeten Gesetzes zur Stärkung der Gesund-heitsförderung und der Prävention (Präven-tionsgesetz) wird die DGAUM diesen Prozess sehr eng verfolgen, um die arbeitsmedizinische Kompetenz sowie die betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention im Medizinstudium weiterhin zu verankern bzw. zu stärken.

Literatur

Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Um-weltmedizin: Lernzielkatalog Arbeitsmedizin, 2014. (www.dgaum.de/aus-fort-und-weiterbildung/ausbildung/lernzielkatalog-arbeitsmedizin/)

Nationaler Kompetenzbasierter Lernzielkatalog Medizin, 2015 (www.nklm.de).

Preisser AM, Angerer P, Hildenbrand S et al.: Neuer Lernzielkatalog für das Fach Arbeitsmedizin. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2014; 49: 539–544.

Autorenteam

Dr. med. Alexandra M. Preisser, Universitäts-klinikum Hamburg-Eppendorf, Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin

Dr. med. Sibylle Hildenbrand, Institut für Arbeits-medizin, Sozialmedizin und Versorgungs-forschung, Universitätsklinikum Tübingen

Dr. phil. Thomas Nesseler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM), München

Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Für die Verfasser

Dr. med. Alexandra M. Preisser

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin

Seewartenstraße 10 – 20459 Hamburg

a.preisser@uke.de

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