Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Wie sehen Unternehmen im Jahr 2014 die Spezifikation DIN SPEC 91020?

Im Jahr 2012 und später wurden die ersten Gesundheitsmanagementsysteme nach DIN SPEC 91020 aufgebaut und zertifiziert. Im August 2013 berief die DAkkS eine Arbeitsgruppe, die Möglichkei-ten von Akkreditierung und Zertifizierung sondieren sollte. 2014 wurde eine Folgebefragung durchgeführt. Für uns war es wert-voll (auch im Vergleich zu 2012) zu erkennen, wie sich das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) in den Organisationen entwickelt hat und wie die DIN SPEC 91020 die „BGM-Landschaft“ durchdrungen hat. Heute, 2015, muss nun überlegt werden, ob die Spezifikation überarbeitet, zurückgezogen, beibehalten oder in eine Norm überführt werden soll.

Die Stichproben 2014 und 2015

88 Ansprechpartner für das Thema BGM in privatwirtschaftlichen Unternehmen und Organisationen der öffentlichen Verwaltung wurden befragt. Das sind etwas mehr als im Jahr 2012 (82). Die Aufteilung der Unternehmensgröße war in beiden Befragungen ähnlich. Mittlere Unternehmen bis 500 Mit-arbeiter waren mit 43 % am stärksten vertre-ten (2012: 38 %). Unternehmen mit 500–2000 Mitarbeiter waren mit 26 % beteiligt (2012: 29 %) und von Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern konnten 31 % ausgewer-tet werden (2012: 33 %). Die Stichproben beider Befragungen sind demnach vergleich-bar.

Subjektive Einschätzung „ihres BGM-Systems“ und Validierung

Wie die befragten Organisationen „ihr BGM“ subjektiv einschätzen erkennt man in der  Abb. 1. Tendenziell geben sie sowohl 2012 als auch 2014 „ihrem BGM“ eine eher gute bis sehr gute Bewertung. Im Vergleich zum Jahr 2012 erkennt man allerdings eine leichte Verbesserung.

Die subjektive Bewertung wurde durch eine BGM-Kriterien-Abfrage validiert. Die berücksichtigten Kriterien waren: Durchführung von Analysen, definierte Ziele, Be-ziehung zwischen Analyseergebnissen und Maßnahmen, Integration der Mitarbeiter, Verantwortung der Führungskräfte und regelmäßige Evaluationen. Ein Teil von 87 % der Befragten, die ihr BGM subjektiv gut bis sehr gut einschätzen, geben auch an, mindestens 4 der insgesamt 6 BGM-Kriterien umgesetzt zu haben. Zusätzlich erfolgte eine qualitative Validierung, da zu der Frage der Umsetzung und Existenz der BGM-Kriterien auch konkrete Beispiele genannt wurden. Experten werteten die genannten Beispiele aus und konnten weitestgehend Passung feststellen.

Die Unternehmen, die sowohl mindestens 4 der 6 BGM-Kriterien in ihrem BGM-System umgesetzt haben, als auch diejenigen, die ihr BGM subjektiv auf der Skala von 1–10 mit mindestens 8 oder besser bewertet haben, interessieren uns später im Kreuzvergleich mit anderen Fragestellungen. Wir nennen diese Gruppe „Unternehmen mit gutem BGM“. Dies sind insgesamt 32 der 88 (36 %) befragten Unternehmen.

Verbreitung und Akzeptanz von DIN SPEC 91020

51 % aller befragten Teilnehmer haben bereits von der DIN SPEC 91020 gehört. Im Jahr 2012 gaben dies 48 % an. Wir können also einen leichten Anstieg vermerken. 37 % der befragten Unternehmen, welche von der DIN SPEC 91020 gehört haben, gaben auch an, dass sie die Inhalte der Spezifikation gut bzw. sehr gut kennen ( Abb. 2).

Aus der Gruppe „Unternehmen mit gutem BGM“ geben 71 % an, bereits von der DIN SPEC 91020 gehört zu haben, wobei nur 40 % der Teilnehmer aus dieser Gruppe ihre Kenntnisse über die Inhalte der Spezifikation als gut oder sehr gut einstufen. 60 % der Teilnehmer bewerten ihre Kenntnisse eher als sehr schlecht bis teils/teils.

Interessant für die weitere Existenz und die Weiterentwicklung der DIN SPEC 91020 ist der deutliche Anstieg bei der Frage nach der Orientierung an der Spezifikation. Hier geben immerhin 50 % der Befragten an, dass sie sich an der DIN SPEC 91020 orientieren, 2012 waren dies lediglich 45 %. Fast 70 % der „Unternehmen mit gutem BGM“ orientieren sich an der DIN SPEC 91020.

Die Gründe für die Ablehnung der DIN SPEC 91020 als Orientierung sind unterschiedlich. Wir teilen sie in folgende Cluster ein:

  • zu wenig Information
    • Inhalte nicht bekannt
    • keine ausreichende Auseinandersetzung
    • zu abstrakt
    • nicht besonders hilfreich für die prak-tische Umsetzung
  • zu hoher zeitlicher Aufwand
    • mehr Managementsysteme zu pflegen ist zu aufwendig
    • wenig zeitliche Ressourcen
    • eine „P“ für BGM muss ausreichend sein
    • andere Maßnahmen sind notwendi-ger
    • nur Zeit für BGM-Aktivitäten
  • bereits gutes BGM vorhanden
    • eigenes Konzept deckt Inhaltsbereich ab
    • gute Angebote bereits vorhanden
    • DIN SPEC 91020 hilft uns bei unserem BGM nicht weiter
    • andere Bewertungsmaßstäbe liegen zu Grunde
    • unser BGM läuft und ist gut
  • fehlende finanzielle Ressourcen
    • eine Zertifizierung ist zu teuer
    • Aufbau von BGM-System nach DIN SPEC 91020 kostet Zeit und Geld
    • externe Beratung ist für uns nicht machbar

Die Wahrscheinlichkeit, sich nach DIN SPEC 91020 zertifizieren zu lassen, fällt sowohl in den Jahren 2012 als auch bei der jetzigen Befragung geringer aus. Dennoch ist der prozentuale Anteil von 20 % auf 32 % gestiegen. Die Hauptgründe für eine Nicht-Zertifizierung sind vor allem:

  • kein ersichtlicher Mehrwert,
  • ein Managementsystem ist schon vorhanden,
  • das BGM hat keine hohe Priorität im Unternehmen,
  • es wäre zu viel Aufbau zu leisten und es fehlen Ressourcen.

Auffällig ist, dass 37 % der „Unternehmen mit gutem BGM“ „Ja“ zur Zertifizierung sagen.

Zertifizierung und Orientierung an der DIN SPEC 91020 sind zwei unterschiedliche Thematiken. Dem Großteil der Unter-nehmen wird bewusst, dass BGM mehr ist, als nur zusammenhangslose Gesundheitsaktivitäten mit einer lediglich geringen An-bindung an das Management sowie einer ebenfals nur geringen Beteiligung der Betroffenen. Insofern ist das Motiv der Orientierung an der DIN SPEC 91020 auch sehr gut nachvollziehbar. Insbesondere bei der Gruppe „Unternehmen mit gutem BGM“, da die DIN SPEC 91020 die Vorgaben für ein gutes (Gesundheits-)Managementsystem liefert.

Möglicherweise schreckt jedoch die um-fassende und aufwendige, aber notwendige Vorgehensweise der DIN SPEC 91020 Interessierte ab. Immerhin ist neben Zielbildung, umfassender Analyse und darauf aufbauenden Maßnahmen auch die Evaluation, die kontinuierliche Verbesserung, die Einbindung der Beschäftigten und die Verantwortung von allen Führungskräften notwendig. Diese Aspekte müssen darüber hinaus in die Prozesse und Strukturen des Unternehmens eingebunden und dokumentiert werden.

Trotzdem geben ähnlich wie im Jahre 2012 über die Hälfte (53 %) der befragten Organisationen an, dass sie einen Bedarf für eine Spezifikation im Themenfeld BGM sehen. „Orientierung“ und „Bedarf“ bzgl. der DIN SPEC 91020 wird also von den Befragten ungefähr gleich gesehen. Die „Unternehmen mit guten BGM“ sehen jedoch den Bedarf für die Spezifikation eher geringer an, nur 42 % sehen hier eine Notwendigkeit ( Abb. 3). Die Gründe dafür wurden bisher noch nicht geprüft, wir vermuten jedoch, dass diese Organisationen im Bereich BGM so weit entwickelt sind, dass sie die Spezifikation DIN SPEC 91020 nicht brauchen, sie sich noch nicht so weit fühlen [mittelfristiger Bedarf] oder sich nicht messen lassen wollen (auch zukünftig kein Bedarf). Die genauen Gründe werden wir bei der nächsten Befragung nochmals stärker beleuchten.

Insgesamt können wir zusammenfassen:

  1. 1.Die Anzahl der „Unternehmen mit guten BGM“ steigt an.
  2. 2.Die Kenntnis und auch das Wissen über die DIN SPEC 91020 nehmen zu.
  3. 3.Die Orientierung an der Spezifikation steigt deutlich an und liegt inzwischen bei über 50 %.
  4. 4.Eine Zertifizierung kommt für etwa ein Drittel der befragten Organisationen in Frage (32 %).
  5. 5.Über die Hälfte der Unternehmen (50 %) sehen einen Bedarf für eine Spezifikation im BGM.

Über die weitere Entwicklung der DIN SPEC 91020 darf man also gespannt sein, vor allem vor dem Hintergrund der Überarbeitung des Arbeitsschutzmanagementsystems OHSAS in eine internationale Norm ISO 45001 und eine eventuell folgende Überführung in eine nationale Norm. Hier besteht die derzeitige Möglichkeit, neben der defizitorientierten Sichtweise von Sicherheit und Gesundheit (Risiken, Pathogenese) auch den ressourcenstärkenden Aspekt von Gesundheit [Chancen, Salutogenese] zu berücksichtigen.

    Autor

    Dr. phil. Christian Weigl

    IfG GmbH

    Konrad-Mayer-Straße 26

    92237 Sulzbach-Rosenberg

    weigl@gesundheitsmanagement.com

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen