Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) beim Bundesministerium für Arbeit und SozialesBiologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (Folge 1)

TRBA 250

Einleitung

Die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen wieder. Sie werden vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.

Die TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Biostoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.

Die vorliegende Technische Regel schreibt die Technische Regel 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ (Stand April 2012) fort und wurde unter Federführung des Fachbereichs „Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege“ (FB WoGes) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in Anwendung des Kooperationsmodells (vgl. Leitlinienpapier zur Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks im Arbeitsschutz vom 31. August 2011) erarbeitet. Mitglieder und Autoren des Arbeitskreises waren: Christoph Deininger (Leiter), Herbert Beck, Ruth Dallig, Stefan Dreller, Engelbert Drerup, Bernd Gruber, Christoph Heidrich, Martin Holoch, Marita Höppner, Iris Juditzki, Heinz-Michael Just, Anne-Maren Marxen, Petra Müllerstedt, Jens Nagaba, Sabine Niemeyer, Annegret Schoeller, Rüdiger Schöneich, Ulrike Swida und Dieter Weigel.

Die TRBA finden sich auf der Homepage des ABAS ( https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ABAS/ABAS_node.html ). Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat zusätzlich zwei Kurz-URL zur Verfügung gestellt. https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/TRBA.html für Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe, sie führt zur URL http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/TRBA/TRBA.html (statt der angezeigten Form) und https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ABAS/ABAS_node.html für Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe, sie führt zur URL https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ABAS/ABAS_node.html Ferner ist die TRBA 250 im Gemeinsamen Ministerialblatt GMBl 2014, Nr. 10/11 vom 27. 03. 2014 bekannt gegeben worden.

Die inhaltliche Abschrift und der Abdruck der TRBA 250 in ASU – Zeitschrift für medizinische Prävention – ist möglich durch die freundliche Genehmigung des Carl Heymanns Verlags – einer Marke von Wolters Kluwer Deutschland.

Die TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege wird in 8 Folgen als Serie in ASU vorgestellt.

Folge 1 führt das Kapitel 1 „Anwendungsbereich“, Kapitel 2 „Begriffsbestimmungen“ und den Anfangsteil des Kapitels 3 „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ auf. Folge 2 geht auf weitere Abschnitte des Kapitels 3 „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ ein und gibt die Zuordnung der Schutzstufen an. Dem wird beigefügt: Anhang 1: Sonderisolierstationen (Schutzstufe 4) mit Teil 1: „Sonderisolierstationen – Schutzmaßnahmen“ und Teil 2: „Sonderisolierstationen – Wichtige Adressen“. Folge 3 greift die ersten Abschnitte des Kapitels 4 „Schutzmaßnahmen“ mit u. a. Hinweisen zu Handwaschplätzen, Hautschutz und -pflege, Hygieneplan auf. Erläuternde und präzisierende Texte des Anhangs 2 „Hinweise für die Erstellung eines Hygieneplans“ und Anhang 3 „Handlungsanleitung zum Einsatz von Praktikantinnen und Praktikanten“ sind beigefügt. Folge 4 hat weitere Abschnitte des Kapitels 4 zum Thema, dabei wird insbesondere auf die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 eingegangen. Anhang 4 „Erfahrun-gen beim Einsatz von Sicherheitsgeräten“, Anhang 5 Beispiel für ein Muster „Interner Rücklaufbogen – Evaluierung Sicherheitsgeräte“ sowie Anhang 6 Beispiel für einen „Erfassungs- und Analysebogen Nadelstichverletzung“ geben nützliche Informationen. In Folge 5 wird auf die letzten Abschnitte des Kapitels 4 wie auf Schutzkleidung, Schutzhandschuhe, Augen- und Gesichtsschutz und Atemschutz eingegangen. Der Anhang 7 „Informationen zum korrekten Sitz, zur Tragedauer von FFP-Masken, zum Unterschied von MNS und FFP-Masken sowie zu Partikelgrößen in infektiösen Aerosolen“ gibt vertiefende Informationen zu Atemschutzmasken. Folge 6 greift die ersten Abschnitte des Kapitels 5 „Spezifische Arbeitsbereiche und Tätigkeiten – besondere und zusätzliche Schutzmaßnahmen“ auf. Beigefügt ist Anhang 8 „Abfallschlüssel für Einrichtungen zur Pflege und Behandlung von Menschen und Tieren entsprechend der LAGA-Vollzugshilfe“. Folge 7 führt weitere Abschnitte des Kapitels 5 „Spezifische Arbeitsbereiche und Tätigkeiten – besondere und zusätzliche Schutzmaßnahmen auf mit Fokus auf die ambulante Pflege und Aufbereitung von Medizinprodukten“ auf. Das Kapitel 6 „Verhalten bei Unfällen“ ist ebenfalls Gegenstand dieser Folge. Folge 8 behandelt Kapitel 7 „Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten“, Kapitel 8 „Erlaubnis-, Anzeige-, Aufzeichnungs- und Unterrichtungspflichten“ und Kapitel 9 „Zusammenarbeit Beschäftigter verschiedener Arbeitgeber – Beauftragung von Fremdfirmen“ sowie das Kapitel 10 „Arbeitsmedizinische Vorsorge“. Dem beigefügt ist Anhang 9 „Beispiel einer Betriebsanweisung nach § 14 Biostoffverordnung“ sowie Anhang 10 „Vorschriften und Regeln“.

TRBA 250: Biologische Arbeits-stoffe im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege

Die Technischen Regeln für Biologische Ar-beitsstoffe (TRBA) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen wieder.

Sie werden vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.

Die TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Biostoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die ent-sprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten er-reichen.

Die vorliegende Technische Regel schreibt die Technische Regel 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ (Stand April 2012) fort und wurde unter Federführung des Fachbereichs „Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege“ (FB WoGes) der Deutschen Gesetz-lichen Unfallversicherung (DGUV) in Anwendung des Kooperationsmodells (vgl. Leitlinienpapier zur Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks im Arbeitsschutz vom 31. August 2011) erarbeitet.

1 Anwendungsbereich

1.1 Diese TRBA findet Anwendung auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Bereichen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege, in denen

  • Menschen medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden,
  • Tiere medizinisch untersucht, behandelt oder stationär versorgt werden.

Im Anwendungsbereich eingeschlossen sind Tätigkeiten, die der Ver- und Entsorgung oder der Aufrechterhaltung des Betriebes der oben genannten Bereiche dienen.

Zu den Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen im Anwendungsbereich dieser Regel zählt die berufliche Arbeit mit Menschen, Tieren, Produkten, Gegenständen oder Materialien, wenn aufgrund dieser Arbeiten Biostoffe auftreten oder freigesetzt werden und Beschäftigte damit in Kontakt kommen können.

Hinweis: Dies kann z. B. durch das Einatmen von Bioaerosolen, Haut- und Schleimhautkontakte oder Schnitt- und Stichverletzungen geschehen.

Dies sind nicht gezielte Tätigkeiten nach § 2 Absatz 8 Biostoffverordnung (BioStoffV).

1.2 Sie findet keine Anwendung auf die in der TRBA 230 „Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft und bei vergleichbaren Tätigkeiten“ geregelte veterinärmedizinische Versorgung von Nutz- und Zootieren sowie auf Tätigkeiten gemäß der TRBA 120 „Versuchstierhaltung“.

1.3 Diese TRBA findet keine Anwendung auf Laboratorien, die in den Anwendungsbereich der TRBA 100 „Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien“ fallen. Hierzu gehören beispielsweise Einrichtungen und Praxen der Labormedizin, Medizinischen Mikrobiologie bzw. Hygiene und Umweltmedizin sowie Laboratorien der Transfusions-medizin.

Für Labortätigkeiten in Arztpraxen, z. B. der Dermatologie, der Urologie und der inneren Medizin oder in Apotheken und zahntechnischen Einrichtungen, ist es nicht zwingend erforderlich, die TRBA 100 heranzuziehen, sofern diese in Art und Umfang geringfügig sind, da diese Tätigkeiten von der TRBA 250 abgedeckt werden. Derartige Labortätigkeiten sind z. B.:

  • Tätigkeiten der Präanalytik wie die Pro-benvorbereitung und Aufarbeitung für die Analyse (z. B. Zugabe von Reagenzien, wie EDTA, Zentrifugieren zur Plasma-gewinnung oder für das Urin-Sediment),
  • die Anwendung einfacher Laborschnelltests und mikroskopischer Nachweismethoden,
  • die Anwendung orientierender diagnostischer Kultivierungsverfahren in geschlossenen Systemen wie z. B. Eintauchnährboden ohne weiterführende Diagnostik,
  • die Probenlagerung und Probenverpackung zum Transport.

Finden darüber hinaus weitergehende dia-gnostische Arbeiten (insbesondere Kultivie-rungen) statt, so unterliegen diese den Anforderungen der TRBA 100. Dies kann z. B. auch diagnostische Untersuchungen in vete-rinärmedizinischen Praxen betreffen.

Im Einzelfall ist im Rahmen der Gefähr-dungsbeurteilung zu ermitteln, welche TRBA anzuwenden ist.

1.4 Die in Nummer 1.1 genannten Tätigkeiten können z. B. in folgenden Arbeitsbereichen und Einrichtungen stattfinden:

  • Krankenhäuser/Kliniken, Arzt- und Zahnarztpraxen,
  • Tierkliniken und Kleintierpraxen,
  • Rettungsdienste, Krankentransport und sanitätsdienstliche Versorgung,
  • Reha-Einrichtungen und Heime,
  • Arbeitsbereiche der stationären und ambulanten Alten- und Krankenpflege, Hospize,
  • human- und veterinärmedizinische Lehr- und Forschungsbereiche,
  • Blut- und Plasmaspende-Einrichtungen,
  • Anatomie, Pathologie und Rechtsmedizin,
  • Praxen von Heilpraktikern,
  • Arbeitsbereiche der Medizinischen Kos-metik,
  • Arbeitsbereiche, in denen zahntechnische Werkstücke angenommen oder des-infiziert werden

sowie in anderen Arbeitsbereichen, in denen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen von Angehörigen der Fachberufe im Gesundheitswesen ausgeübt werden.

1.5 Im Einzelfall ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zu prüfen, ob spezielle Tätigkeiten in den in Nummer 1.1 genannten Bereichen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege unter die BioStoffV fallen. Ist dies der Fall, so sind die hier beschriebenen Regelungen anzuwenden.

1.6 Wird bei der Gefährdungsbeurteilung festgestellt, dass in Arbeitsbereichen außerhalb des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege vergleichbare Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt werden, sollten die hier beschriebenen Regelungen analoge Anwendung finden.

Derartige Tätigkeiten sind z. B.:

  • das Untersuchen von Exkrementen bei der Detektion von Körperschmuggelware in der Zollverwaltung,
  • die richterlich angeordnete Blutentnah-me als Maßnahme der Strafprozessordnung (sog. „polizeiliche Blutproben“),
  • die Durchführung von Leibesvisitationen, bei denen Kontakt mit Körpersekreten oder zu kontaminierten Gegenständen wahrscheinlich ist,
  • die Rücknahme verliehener Pflegehilfsmittel, das Anpassen von Körperersatzstücken und die Stomapflege in Sanitäts-häusern, wenn dabei Kontakt mit potenziell infektiösem Material auftreten kann und
  • Krankenfahrten / Patientenfahrdienste einschließlich aller damit verbundenen Tätigkeiten am Patienten, bei denen unvorhergesehener Kontakt mit Körpersekreten, Blut oder infektiösen Aerosolen auftreten kann.

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Biologische Arbeitsstoffe (Biostoffe) sind in der Biostoffverordnung abschließend definiert.

Gemäß § 3 Biostoffverordnung (BioStoffV) werden biologische Arbeitsstoffe nach ihrem Infektionsrisiko in vier Risikogruppen eingeordnet.

Bei bestimmten biologischen Arbeitsstoffen, die in der Richtlinie 2000/54/EG in Risikogruppe 3 eingestuft und mit zwei Sternchen (**) versehen wurden, ist das Infektionsrisiko für Arbeitnehmer begrenzt, da eine Übertragung über den Luftweg norma-lerweise nicht erfolgen kann. Diese werden zur Vereinfachung im Folgenden als biologische Arbeitsstoffe der „Risikogruppe 3(**)“ bezeichnet.

Da im Anwendungsbereich dieser TRBA in der Regel nur biologische Arbeitsstoffe mit infektiösen Eigenschaften eine Rolle spie-len, werden im Folgenden auch die Begriffe „Infektionserreger“, „Krankheitserreger“ oder „Erreger“ verwendet.

2.2 Untersuchen und Behandeln umfasst alle Tätigkeiten, mit denen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen und Tieren festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird.

2.3 Pflege umfasst alle Hilfeleistungen am Patienten bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei denen Kontakte zu Krankheitserregern bestehen können.

2.4 Arbeitskleidung ist eine Kleidung, die anstelle oder in Ergänzung der Privatkleidung bei der Arbeit getragen wird. Zur Arbeitskleidung zählt auch Berufs- bzw. Bereichskleidung. Sie ist eine berufsspezifische Kleidung, die auch als Standes- oder Dienstkleidung, z. B. Uniform, getragen wer-den kann. Arbeitskleidung ist eine Kleidung ohne spezielle Schutzfunktion.

Kontaminierte Arbeitskleidung ist Arbeitskleidung, die bei Tätigkeiten gemäß dieser Regel mit Körperflüssigkeiten, Körperausscheidungen oder Körpergewebe in Kontakt gekommen ist. Dabei ist eine Kontamination nicht immer bereits mit bloßem Auge erkennbar.

2.5 Schutzkleidung ist jede Kleidung, die dazu bestimmt ist, Beschäftigte vor schädigenden Einwirkungen bei der Arbeit zu schützen oder die Kontamination der Arbeits- oder Privatkleidung durch biologische Arbeitsstoffe zu vermeiden.

2.6 Potenziell infektiöses Material ist Material, das Krankheitserreger enthalten und bei entsprechender Exposition zu einer Infektion führen kann. Dabei handelt es sich erfahrungsgemäß um

  • Körperflüssigkeiten, z. B. Blut, Speichel,
  • Körperausscheidungen, z. B. Stuhl oder
  • Körpergewebe.

2.7 Arbeitsbereiche sind Bereiche, in denen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt werden. Zum Arbeitsbereich können auch häusliche Bereiche zählen, z. B. Tätigkeitsbereiche von Pflegediensten in Pri-vatwohnungen und beim betreuten Wohnen.

2.8 Nadelstichverletzung (NSV) im Sinne dieser TRBA ist jede Stich-, Schnitt- und Kratzverletzung der Haut durch stechende oder schneidende Instrumente, die durch Patientenmaterial verunreinigt sind – unabhängig davon, ob die Wunde blutet oder nicht. NSV können durch alle benutzten medizinischen Instrumente, die die Haut penetrieren können, wie Nadeln, Lanzetten, Kanülen, Skalpelle, chirurgische Drähte verursacht werden.

2.9 Patienten sind Personen, die gemäß dieser Regel medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden. Der Begriff umfasst auch die in verschiedenen Einrichtungen unterschiedlich bezeichneten Personen wie Bewohner, Pflegekunden, Betreute.

Als Patienten werden auch kranke oder krankheitsverdächtige Tiere, die veterinärmedizinisch untersucht, behandelt und versorgt werden, bezeichnet.

2.10 Fachlich geeignet sind Personen, die aufgrund ihrer abgeschlossenen Ausbildung und Erfahrung Infektionsgefahren erkennen und Maßnahmen zu ihrer Abwehr treffen können, z. B. Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Gesundheits- und Krankenpfleger, medizinisch-technische Assistenten, Hebammen, Desinfektoren, medizinische, zahnmedizinische oder tiermedizinische Fachangestellte, Rettungssanitäter und -assistenten und Al-tenpfleger.

2.11 Hinweise sind nähere Erläuterungen bzw. Verweise auf angrenzende Rechtsgebie-te; sie entfalten keine Vermutungswirkung im Sinne des § 8 Absatz 5 Satz 3 BioStoffV.

3 Beurteilung der Arbeits-bedingungen

3.1 Gefährdungsbeurteilung

3.1.1 Vor Beginn der Tätigkeiten mit Biostof-fen hat der Arbeitgeber gemäß § 4 BioStoffV eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und die Ergebnisse zu dokumentieren.

Die Gefährdungsbeurteilung ist die Basis für die Feststellung,

  • wie Expositionen vermieden oder wenn das nicht möglich ist, vermindert werden können,
  • welche sicheren Arbeitsverfahren dazu anzuwenden sind und
  • welche Maßnahmen zur Beherrschung nicht vermeidbarer Expositionen zu tref-fen sind.

Tätigkeiten im Anwendungsbereich dieser TRBA sind nicht gezielte Tätigkeiten nach § 2 Absatz 8 BioStoffV. Aufgrund der Art der Tätigkeit und der Übertragungswege der erfahrungsgemäß auftretenden bzw. dia-gnostizierten biologischen Arbeitsstoffe ist zu prüfen, welcher Gefährdung die Beschäftigten ausgesetzt sein können. Zu berücksichtigen sind dabei auch die Dauer der Tätigkeit und die Häufigkeit, in der sie ausgeübt wird. Arbeitsplatzaspekte, die Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten haben können, sind in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen. Hierzu gehören insbesondere Fragen der Arbeitsorganisation, z. B. Qualifikation der Ausführenden, psychische Belastungen und bestehender Zeitdruck. In diesem Zusammenhang sind die Personalausstattung, die Arbeitszeiten und die Pausengestaltung zu berücksichtigen.

3.1.2 Die Gefährdungsbeurteilung ist mindestens jedes zweite Jahr zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren.

Eine Aktualisierung ist weiterhin immer dann durchzuführen, wenn Veränderungen, die die Sicherheit der Beschäftigten beeinträchtigen können, oder neue Informationen über Gefährdungen dies erfordern.

Hierzu gehören z. B.:

  • Erkenntnisse, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht angemessen sind,
  • der geplante Einsatz neuer Arbeitsgeräte, Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe,
  • das Auftreten neuer/veränderter Gefähr-dungen durch Infektionserkrankungen, z. B. Ausbrüche, neue Erreger, die besondere Schutzmaßnahmen erforderlich machen,
  • Erkenntnisse aus Unfällen, aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder aus aufgetretenen Erkrankungen bei den Be-schäftigten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der verrichteten Tätig-keit stehen.

3.1.3 Die Gefährdungsbeurteilung muss fachkundig durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Anforderungen an die Fachkunde werden in der TRBA 200 „Anforderungen an die Fachkunde nach Bio-stoffverordnung“ präzisiert.

3.1.4 Entsprechend der für die durchzuführenden Tätigkeiten ermittelten spezifischen Gefährdungen sind arbeitsmedizinische Aspekte in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen und fachkundig zu beurteilen. Vorrangig ist hierbei der bestellte Betriebsarzt zu beteiligen, welcher über die spezifischen Kenntnisse zu den Gefährdungen an den entsprechenden Arbeitsplätzen verfügt.

Arbeitsmedizinischer Sachverstand ist insbesondere hinzuzuziehen bei

  1.  a) Tätigkeiten mit Infektionsgefahren, bei denen
  • eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge gemäß der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) zu veranlassen oder
    • eine Angebotsvorsorge gemäß ArbMedVV anzubieten ist,
  1.  b) Tätigkeiten, bei denen
  • Hygienemaßnahmen oder spezielle Desinfektionsmaßnahmen erforderlich sind,
    • die Organisation spezieller Erste-Hilfe-Maßnahmen oder einer postexpositionellen Prophylaxe notwendig ist,
    • persönliche Schutzausrüstung zu tragen ist (z. B. Schutzhandschuhe, Atemschutz) und
    • Belastungen der Haut auftreten kön-nen, die Maßnahmen zum Hautschutz erforderlich machen.

3.2 Informationsbeschaffung

3.2.1 Die Gefährdung der Beschäftigten ergibt sich aus den durchgeführten Tätigkeiten und den biologischen Arbeitsstoffen, die dabei auftreten können.

Der Arbeitgeber hat deshalb zu ermitteln, welche Tätigkeiten ausgeübt werden und welche biologischen Arbeitsstoffe dabei erfahrungsgemäß vorkommen können.

Bei Tätigkeiten, bei denen Kontakte zu

  • Körperflüssigkeiten, z. B. Blut, Speichel,
  • Körperausscheidungen, z. B. Stuhl oder
  • Körpergeweben

stattfinden, muss mit der Möglichkeit des Vorhandenseins relevanter Krankheitserreger (s. Abschnitt 3.3.2) gerechnet werden, soweit keine anderen Erkenntnisse vorliegen.

Dies gilt grundsätzlich auch für entsprechende Tätigkeiten in der Veterinärmedizin.

3.2.2 Die verbindlichen Einstufungen von biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen sind den TRBA 460 für Pilze, 462 für Viren, 464 für Parasiten und 466 für Bakterien zu entnehmen. Maßgeblich für die Einstufung sind die infektiösen Eigenschaften des biologischen Arbeitsstoffes; sensibilisierende und toxische Wirkungen beeinflussen die Zuordnung zu einer Risikogruppe nicht und sind gesondert ausgewiesen.

3.2.3 Spezifische Informationen zu Erregern von Infektionserkrankungen geben auf nationaler Ebene

  • das Robert Koch-Institut (RKI) und
  • das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI).
  • Hilfestellungen zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung geben
  • die entsprechenden Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) und die Beschlüsse des ABAS sowie
  • Branchenregeln und Informationsschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.

Von Bedeutung sind weiterhin die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO), die sich im Wesentlichen auf den Patientenschutz beziehen, aber auch Aspekte des Beschäftigtenschutzes enthalten.

Hinweis: Eine Zusammenstellung von Veröffentlichungen ist im Anhang 10 enthalten.

3.2.4 Zur Abschätzung der Relevanz einzelner Erreger ist die epidemiologische Situation im Einzugsbereich zu betrachten. Zur Informationsbeschaffung ist daher in medizinischen Einrichtungen eine enge Ko-operation mit dem Hygienefachpersonal ge-mäß § 23 Absatz 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) notwendig. Ansonsten können die Gesundheitsämter bzw. die Veterinärämter einschlägig informieren. Aktuelle Informationen zur epidemiologischen Situation einzelner Erreger werden auch im Internet bereitgestellt, insbesondere auf den Seiten des Robert Koch-Instituts und des Friedrich-Loeffler-Instituts.

3.2.5 Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass bei der Verlegung, Überweisung oder Entlassung von Patienten, die an einer In-fektionskrankheit leiden oder mit infektio-logisch relevanten Erregern kolonisiert sind, Informationen über notwendige Schutz-maßnahmen, die zur Verhütung von Infek-tionen erforderlich sind, an die aufnehmen-den oder die weiterbehandelnden Einrichtungen gegeben werden. Dabei sind die länderspezifischen Hygieneverordnungen auf Grundlage des § 23 Absatz 8 IfSG zu berücksichtigen. Der Schutz personenbezogener Daten ist zu beachten.

3.3 Übertragungswege und tätigkeitsbezogene Gefährdungen

3.3.1 Je nach Übertragungsweg unterscheidet man

  • Kontaktinfektionen durch das Eindringen von Krankheitserregern über nicht intakte Haut sowie Schleimhäute:
    • direkte Kontakte: Übertragung von Krankheitserregern von einem kolonisierten/infizierten Menschen (oder Tier) durch direkten Körperkontakt (Berührung) oder durch direkten Kontakt zu infektiösen Körperflüs-sigkeiten, z. B. Spritzer ins Auge, oder
    • indirekte Kontakte: Übertragung durch kontaminierte Gegenstände. Infektionen, z. B. durch Nahrungsaufnahme bei mangelnder Händehygiene.
  • Luftübertragene Infektionen durch das Einatmen erregerhaltigen Materials in die Lunge bzw. nach Auftreffen der luft-getragenen Erreger auf die Schleimhäute des oberen Atemtraktes in Form von:
    • Tröpfchen (Anhusten, Anniesen) bzw. Tröpfchenkernen oder
    • sonstigen Aerosolen, z. B. durch Nutzung rotierender Instrumente, in der Hochfrequenz-, Laserchirurgie oder bei Druckluft- bzw. Dampfdruck-verfahren.
  • Verletzungsbedingte Infektionen durch Eindringen von Krankheitserregern in den Körper (parenteral) durch:
    • Stich- und Schnittverletzungen oder
    • Bisse und Kratzer von Menschen und Tieren, Insektenstiche.

3.3.2 Bei der Beurteilung tätigkeitsbezogener Gefährdungen sind insbesondere die mit der Tätigkeit verknüpften Expositionsmöglichkeiten in Verbindung mit den spezifischen Übertragungswegen möglicherweise vorhandener Krankheitserreger zu bewerten. So besteht für Beschäftigte, die Personen mit blutübertragbaren Infektions-erkrankungen untersuchen, behandeln oder pflegen, ein erhöhtes Infektionsrisiko bei Tätigkeiten mit Kontakten zu Blut, insbe-sondere wenn diese verletzungsbedingt, z. B. durch Nadelstichverletzungen, auftreten können. Dagegen ist eine Gefährdung durch luftübertragene Krankheitserreger, z. B. bei Manipulationen in Mund, Nase, Rachenbereich oder Gesicht, von entsprechend infektiösen Patienten gegeben.

Gegebenenfalls können auch mehrere Übertragungswege in Betracht kommen. Manche Krankheitserreger sind aufgrund ihrer niedrigen Infektionsdosis oder hohen Virulenz sehr leicht übertragbar, z. B. Noro-viren.

In der  Tabelle 1 sind beispielhaft Vorkommen und Übertragungswege einiger Infektionserreger mit Tätigkeitsbeispielen aufgelistet.

Im Internetauftritt des Robert Koch-Instituts finden sich in der Rubrik „Infektionskrankheiten A-Z“ nähere Informationen zu einzelnen Erregern von Infektionskrankheiten sowie in dem erregerspezifischen „RKI-Ratgeber für Ärzte“ auch Fachinformationen zu tätigkeitsbezogenen Gefährdungen (s. „Weitere Infos“). 

Fußnoten

1  http://www.gda-portal.de/de/VorschriftenRegeln/VorschriftenRegeln.html

    Aufbereitet von

    Dr. med. A. E. Schoeller

    Bereichsleiterin im Dezernat 5 – Versorgung und Kooperation mit Gesundheitsfachberufen

    Bundesärztekammer, Berlin

    Herbert-Lewin-Platz 1 – 10623 Berlin

    annegret.schoeller@baek.de

    Weitere Infos

    Robert Koch-Institut: Infektionskrankheiten A-Z

    https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/InfAZ_marginal_node.html

    Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber für Ärzte

    https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/merkblaetter_node.html

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen