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Ebola — wie kann das medizinische Personal geschützt werden?

Einleitung

Der aktuelle Ebolaausbruch ist mit Abstand der größte aller Zeiten ( Tabelle 1). Mit zunehmender Dauer und Größe der Ebolaepidemie ist eine Vorstellung „ungeplanter“ Ebolafälle im deutschen Gesundheitswesen prinzipiell möglich, wenn auch insgesamt unwahrscheinlich. Von 100 Flugreisenden aus Westafrika hat nur etwa ein Reisender Deutschland als Ziel. In den vergangenen Monaten haben nur drei Personen mit einer Ebolaviruserkrankung (EVD), die nicht im Rahmen einer medizinischen Repatriierung ausgeflogen wurden, die betroffenen westafrikanischen Länder mit dem Flugzeug ver-lassen (RKI 2014).

Etwaige Ebolainfektionen könnten innerhalb von Europa allerdings nur relevant werden, wenn eine schnelle Einreise eines Ebolainfizierten auf dem Luftweg erfolgen konnte, während eine Infektionseinschleppung auf dem Land- und Seeweg aufgrund zahlreicher Faktoren (u. a. Dauer der Reise, EVD-Inkubationszeit und Schwere der Erkrankung) nahezu ausgeschlossen ist.

Aktuell führen jedoch Fehlalarme weltweit zu Verunsicherung. Medienberichten zu Folge kommt es allein in den USA täglich zu über 800 falschen Alarmierungen. Aufgrund der raschen Isolierung Erkrankter und eventueller Kontaktpersonen und der Tatsache, dass das Ebolavirus nur über engen Kontakt mit Körperflüssigkeiten er-krankter Menschen, Tiere und Leichen über-tragen werden kann, ist eine Ausbreitung von Ebola in der Allgemeinbevölkerung in Deutschland extrem unwahrscheinlich.

Übertragung – Symptomatik

Das Ebolavirus wird durch Kontakt mit Blut, Urin, Stuhl, Erbrochenem, Tränenflüssigkeit oder Speichel, Sperma und ggf. auch durch Schweiß von erkrankten Menschen, Tieren oder Leichen übertragen. Eine Luftübertragung ist nicht möglich. Die Inkubationszeit beträgt 2–21 Tage, meist aber 8–10 Tage. Ein Ebolainfizierter ist erst ansteckend, wenn er bereits symptomatisch ist. Häufige klinische Symptome sind (hohes) Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Schwäche, Durchfall sowie Erbrechen (bei etwa 2/3 aller Patienten). Optional können auch eine Bindehautentzündung, Hautausschlag, Husten, Atemnot, Halsschmerzen, innere und äußere Blutungen hinzukommen. Häufig wird eine rasche Verschlechterung des Allgemeinzustands beobachtet (RKI 2014).

Namen und Erreger

Die Erstbeschreibung des Virus erfolgte im Jahr 1976, der Erreger der EVD ist nach einem Seitenfluss des Kongos benannt. Das Virus gehört zur Familie der Filoviridae, hierbei handelt es sich um einzelsträngige RNA-Viren von fadenförmiger Gestalt. Es gibt insgesamt fünf verschiedene Spezies inner-halb der Gattung Ebolavirus, die sich sowohl serologisch als auch molekularbiologisch und prognostisch unterscheiden lassen. Bei dem jetzigen Ausbruch handelt es sich um das Zaire-Ebolavirus.

Erregerreservoir

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gilt das Erregerreservoir als noch nicht „eindeutig gesichert“ (RKI 2014). Die Herkunft des Virus ist noch ungeklärt, man geht davon aus, dass Tiere, vor allem Flughunde, als Virusreservoir dienen. Belege für eine Übertragung durch Insektenstiche oder im Umgang mit Haustieren existieren nicht.

Infektionsweg

Bei der EVD handelt es sich um eine Zoonose, d. h. eine Übertragung vom Tier auf den Menschen. Eine Infektion kann durch den Kontakt bei der Jagd in den betroffenen Gebieten, bei der Zubereitung oder dem Ver-zehr infizierter Tiere („bush meat“) erfolgen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich. Für eine Ansteckung über die Luft in Form von Aerosolen gibt es bislang keine Hinweise, die Infektion erfolgt i. d. R. über Körperflüssigkeiten, wobei Blut, Stuhl und Erbrochenes die höchste Infektiosi-tät zeigen. Ebolaviren können außerhalb des Körpers unter experimentellen Bedingungen unterschiedlich lang infektionsfähig bleiben: So verliert an- bzw. eingetrocknetes Virus auf Plastik- oder Glasoberflächen bei Raumtemperatur seine Infektiosität nach spätestens 2 Tagen, während die Infektiosi-tät bei +4 °C zwar deutlich (um 3–4 log10/ml) abfällt, aber auch nach 14 Tagen noch infektiöses Restvirus nachgewiesen werden konnte (Piercy et al. 2010). Eine Ansteckung über kontaminierte Gegenstände ist somit möglich. Bemerkenswert ist die Stabilität von Ebolaviren bei +4 °C in (proteinhaltigen) Flüssigkeiten. So konnten nach 46 Tagen noch große Mengen infektiöses Virus detektiert werden (Piercy et al. 2010). Auf der anderen Seite gehören Ebolaviren zu den so genannten „behüllten Viren“, die aufgrund ihrer Hülle empfindlicher sind gegenüber chemischen und physikalischen Noxen. Daher genügt zur Desinfektion von Ebola die Verwendung von Desinfektionsmitteln mit dem Wirkspektrum „begrenzt viruzid“, natürlich sind auch „viruzide“ Des-infektionsmittel – also solche, die auch gegen stabilere Viren wirksam sind – verwendbar (siehe auch Liste vom Robert Koch-Institut 2014). Unabhängig von der leichten Inaktivierbarkeit des Virus, ist das Infek-tionsrisiko stark von der persönlichen Exposition abhängig (Parzeller et al. 2014).

Diagnostik

Während der Verdacht auf eine EVD in der Regel klinisch gestellt wird, erfolgt der Nachweis einer Ebolavirusinfektion labordiagnostisch meist mittels molekularbiologischer PCR-Verfahren. Inzwischen sind zahlreiche kommerzielle PCR-Test auf dem Markt, während die z. Z. verfügbaren Ebola-Antigen-Nachweistests eine (noch) unzureichende Sensitivität aufweisen und somit nicht zum sicheren EVD-Ausschluss nutzbar sind. Für die Detektion Ebola-spezifischer IgM- und IgG-Antikörper stehen noch keine kommerziellen Tests zur Verfügung, so dass diese Testung nur in Speziallaboratorien durchgeführt werden kann. In Deutsch-land sind das Institut für Virologie der Universität Marburg als Konsiliarlabor für Filoviren und das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg als Nationales Referenzzentrum für tropische Infektionserreger erste Ansprechpartner (RKI 2014).

Medizinisches Personal

Der Beginn des aktuellen Ausbruchs wird auf den Dezember 2013 datiert und betrifft mit Stand Dezember 2014 vorwiegend westafrikanische Länder (Guinea, Liberia, Sierra Leone; WHO 2014). Es handelt sich um den größten bekannten Ebolaausbruch, bei dem sowohl dessen rasante Verbreitung als auch die hohe Anzahl infizierter und verstorbener medizinischer Mitarbeiter Besorgnis auslöst. Nach Daten der WHO vom 17. Dezember 2014 haben sich im aktuellen Ausbruch mindestens 647 medizinische Beschäftigte mit Ebola infiziert, wovon 363 mittlerweile verstorben sind ( Tabelle 2). Die wahrscheinlichen Gründe dafür, dass sich medizinisches Personal in Westafrika in so großem Umfang mit Ebola infiziert hat, sind u. a. die schlechte Ausrüstung, unzureichende oder fehlende Ausbildung, mangelhafte Schutzmaßnahmen, das Fehlen von Isolierstationen mit Schleusen und wohl auch unerkannte Ebolainfizierte auf Normalstationen.

Sowohl die WHO als auch Ärzte ohne Grenzen gehen jedoch auch davon aus, dass sich das einheimische Personal oftmals gar nicht bei der Tätigkeit in den medizinischen Einrichtungen infiziert hat, sondern im privaten Umfeld (Chertow et al. 2014). Letztendlich wird sich die genaue Anzahl der arbeitsbedingten EVD in dem aktuellen Aus-bruch niemals ganz genau ermitteln lassen.

Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre wissen wir jedoch, dass Patienten mit Ebolainfektionen sicher behandelt werden können. Infektionsübertragungen in Ländern mit funktionierenden Gesundheitssystemen und angemessenen Arbeitsschutzmaßnahmen ereignen sich nur durch die Nichteinhaltung der Schutzmaßnahmen. Man geht davon aus, dass sich das medizinische Personal in den USA und in Spanien beim Ausziehen der Schutzkleidung infiziert hat (z. B. Griff mit dem kontaminierten Handschuh in das Gesicht). Das konsequente Einhalten der Schutzmaßnahmen, die obligate Hilfe einer zweiten Person insbesondere bei dem Ausziehen der Schutzkleidung und das regelmäßige Training des medizinischen Personals ist somit die unabdingbare Voraussetzung, um sowohl den Patienten- als auch den Mitarbeiterschutz zu gewährleisten.

Ebola in Deutschland

Deutschland ist auf Ebola insgesamt gut vorbereitet. Die Koordination in Deutschland übernimmt der STAKOB, der „Ständige Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für hochansteckende und lebensbedrohliche Erkrankungen“ am Robert Koch-Institut (RKI).

Die Untersuchung, Behandlung und Pflege von Patienten, die mit Krankheitserregern der Risikogruppe 4 – wie beispielsweise Ebola – infiziert sind, entsprechen Tätigkeiten der Schutzstufe 4. Diese müssen grundsätzlich in einem Behandlungszentrum (Sonderisolierstation) der Schutzstufe 4 erfolgen (TRBA 250). Es stehen der-zeit in Deutschland sieben Behandlungszentren mit Sonderisoliereinheiten und einer räumlichen Kapazität von insgesamt etwa 50 Betten bereit, die Ebolapatienten aufgrund spezieller struktureller, materieller, logistischer und personeller Ressourcen behandeln können:

  • Berlin (Charité)
  • Düsseldorf (Universitätsklinikum),
  • Frankfurt/Main (Universitätsklinikum)
  • Hamburg (Bernhard-Nocht-Klinik für Tropenmedizin, Universitätsklinikum)
  • Leipzig (Klinikum St. Georg)
  • München (Städtisches Klinikum München-Schwabing)
  • Stuttgart (Robert-Bosch-Krankenhaus)

Ein STAKOB-Trainingszentrum für medizinisches Personal gibt es in Würzburg in der Missionsärztlichen Klinik.

In deutschen Behandlungszentren wer-den flüssigkeitsdichte Ganzkörperschutzanzüge der höchsten Sicherheitsstufe (z. B. Vollschutz mit integrierter Filtergebläse-einheit) verwendet. Das Einkleide- und Dekontaminationsprozedere wird durch Hilfe eines zweiten speziell geschulten Mitarbeiters durchgeführt („Buddy-Prinzip“). Die Vorgänge wurden in den letzten Jahren mehrfach mit dem nationalen Expertengremium STAKOB abgestimmt.

Eine Ansteckung eines medizinischen Beschäftigten in den deutschen Behandlungszentren könnte deswegen fast ausschließlich durch eine Nadelstichverletzung (NSV) erfolgen. Deswegen werden invasive Tätigkeiten in diesen Zentren nur von langjährig erfahrenen, geübten Mitarbeitern durchgeführt. Sollte es zum „worst case“ einer NSV kommen, könnten in Deutschland u. U. experimentelle Medikamente nach Rücksprache mit dem STAKOB angewandt werden (Günther et al. 2011).

Eine etwaige Kontamination beim Ausziehen der Schutzkleidung – die wohl ursächlich für die Infektion der Pflegehelferin in Spanien gewesen ist – wird in Deutschland durch aufwändige Dekontaminationsmaßnahmen (Scheuerwischdesinfektion, Absprühen des Mitarbeiters) beim Ausziehen des Schutzanzugs vermieden. Am Ende der Dekontaminationsmaßnahmen wird z. B. in Frankfurt am Main der Schutzanzug von hinten am Halsausschnitt beginnend von einem zweiten Mitarbeiter aufgeschnitten und in einer autoklavierbaren Tonne ent-sorgt.

Verdachtsfälle in Deutschland

Jede Klinik in Deutschland hat die gesetzliche Pflicht, eine Erstversorgung eines Patienten vorzunehmen (von Knoblauch zu Hatzbach et al. 2014). Der Ebola-Verdacht wird auf der Grundlage expliziter Kriterien ausgesprochen (s. hierzu Flussschema des RKI „Erstverdacht auf Ebolafieber“, RKI 2014).

Zur ersten anamnestischen Abklärung eines EVD-Verdachts reicht es aus > 1 m Abstand zum Patienten einzuhalten. Bei weitergehenden Untersuchungen ist das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung wie Handschuhe, Schutzbrille, flüssigkeitsdichter Einmal-Schutzkittel sowie FFP3-Maske erforderlich (RKI 2014). Da keine invasiven therapeutischen Maßnahmen durchgeführt werden, reicht diese Schutzausrüstung durchaus völlig aus! Begründete Verdachtsfälle müssen an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden.

Detaillierte Hinweise zum An- und Aus-ziehen der Schutzkleidung finden sich z. B. auf der Homepage des RKI (RKI 2014).

Derzeit befinden sich Hunderte von Hilfs-kräften aus Europa in Westafrika im Einsatz. Bei ihrer Rückkehr könnten sie – sofern sie ungeschützten Kontakt gehabt hätten – das Virus u. U. importieren. Der STAKOB und das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) haben Empfehlungen zum Umgang mit Kontaktpersonen im Gesundheitswesen in Westafrika herausgegeben. Sie sehen für alle Einreisenden ohne direkten Kontakt mit Patienten oder deren Körperflüssigkeiten ein passives Monitoring vor, bei dem die Kontaktpersonen selbst auf Symptome achten. Treten innerhalb der Inkubationszeit von 21 Tagen nach dem letzten möglichen Kontakt Symptome auf, die mit Ebolafieber vereinbar sind, sollte die betroffene Person sofort Kontakte mit anderen Personen vermeiden (Selbstisolierung vor Ort) und sich umgehend telefonisch unter Hinweis auf eine mögliche Ebolavirusinfektion bei ihrem Gesundheitsamt melden, um das weitere Vorgehen festzulegen (RKI 2014; ECDC 2014).

Interessenkonflikt: Die vertretenen Positionen entsprechen der persönlichen Einstellung der Autoren und repräsentieren nicht zwangsläufig die Position der medizinischen Organisationen oder Institutionen denen wir angehören. Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen. 

Literatur

Günther S, Feldmann H, Geisbert TW et al.: Manage-ment of accidental exposure to Ebola virus in a bio-safety level 4 laboratory Hamburg, Germany. J Infect Dis 2011; 204 (Suppl 3): 785–790.

Parzeller M, Wicker S, Rabenau HF, Zehner R, Kettner M, Verhoff MA: Leichenschau und Leichenöffnung in den Zeiten von Ebola – Medizinische und rechtliche Aspekte. Rechtsmedizin (in press)

Piercy TJ, Smither, Steward JA, Eastaugh L, Lever MS: The survival of filoviruses in liquids, on solid sub-strates and in a dynamic aerosol J Applied Microbiol 2010; 109: 1531–1539.

Robert Koch-Institut (RKI): Ebolafieber – Zur Situa-tion in Deutschland. Epidemiologisches Bulletin 2014; 45: 441–443.

Von Knoblauch zu Hatzbach G, Wirtz A, Becker S, et al.: Verdacht auf Ebola und Erstversorgung von Patienten. Dtsch Arztebl 2014; 44: C1545–1546.

    Für die Autoren

    Prof. Dr. med. Sabine Wicker

    Betriebsärztlicher Dienst

    Universitätsklinikum Frankfurt,

    Theodor-Stern-Kai 7

    60590 Frankfurt am Main

    sabine.wicker@kgu.de

    Weitere Infos

    European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC): Public health management of persons having had contact with Ebola virus disease cases in the EU

    http://ecdc.europa.eu/en/publications/Publications/ebola-public-health-contact-management-update-10-November.pdf

    Robert Koch-Institut (RKI): Übersicht Ebolafieber

    http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/E/Ebola/Uebersicht.html

    Robert Koch-Institut (RKI): Empfohlene Maßnahmen für medizinisches und anderes Personal, das in der Patientenversorgung oder Ausbruchsbekämpfung im Rahmen des Ebolafieberausbruchs 2014 tätig war

    https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/E/Ebola/rueckkehrende_Hilfskraefte.pdf?__blob=publicationFile

    Robert Koch-Institut (RKI): An- und Ablegen ausgewählter PSA-Komponenten

    http://www.rki.de/ABiG/DE/Content/Informationen/Videos/PSA/PSA_node.html

    TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege.

    https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/TRBA-250.html

    World Health Organization (WHO): Ebola response road-map situation report update

    https://apps.who.int/ebola/ebola-situation-reports

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