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Betriebsärzte spielen zentrale Rolle beim Risikomanagement

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erleiden

Umfassende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Nach § 618 BGB haben Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass ihre Mitarbeiter so weit wie möglich „gegen Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt“ sind – auch auf einer Auslandsdienstreise oder bei einem Auslandsaufenthalt. Geschieht dies nicht, ist der Arbeitgeber zu Schadensersatz verpflichtet. Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten detailliert geregelt. Wer gegen diese Regeln verstößt, dem drohen Geld- und sogar Gefängnisstrafen (§ 25 ArbSchG).

Die Fürsorgepflicht beginnt bereits bei einem ausreichenden Versicherungsschutz. Der Arbeitgeber sollte für eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung sorgen, aber auch prüfen, ob die bestehende Unfallversicherung die Gefahren im Ausland abdeckt. Die gesetzliche Unfallversicherung gilt ledig-lich für in Deutschland bestehende Arbeitsverhältnisse, bei denen der Auslandsaufenthalt von vornherein zeitlich befristet ist. Kombiniert der Arbeitnehmer jedoch seine Reise mit privaten Aktivitäten (wie z. B. mit Wochenendausflügen und Besichtigungen), ist sein Aufenthalt unbefristet oder wurde er nur für diesen speziellen Einsatz eingestellt und hat vorher weder in Deutschland gewohnt noch gearbeitet, muss er eine spe-zielle Auslandsunfallversicherung abschließen. Private Versicherungen der Mitarbeiter entlassen den Arbeitgeber nicht aus seiner Pflicht. Er trägt das Haftungsrisiko.

Der Arbeitgeber ist zudem dafür verantwortlich, die Reise und den Aufenthalt am Reiseort sachdienlich vorzubereiten, den Mitarbeiter über Risiken zu informieren und für den Fall, dass diese eintreten, schnell zu reagieren. Der Umfang der jeweils zu treffenden Maßnahmen hängt dabei vom Reiseort und der Reisedauer ab.

Für jedes Unternehmen, das Mitarbeiter häufiger auf Reisen schickt – ganz gleich wohin und für welchen Zeitraum – sollte daher ein professionelles Reise- und Risikomanagement Pflicht sein. Nicht nur im Interesse der reisen-den Mitarbeiter, sondern auch im wohlverstandenen Eigeninteresse. Dabei kommt neben dem Personal-bereich dem Betriebsarzt eine besondere Rolle zu.

Grundsatz für Arbeitsaufenthalt im Ausland

Bei einem Aufenthalt in Ländern mit exponierten klimatischen oder epidemiologischen Bedingungen sind die Arbeitnehmer besonders gefährdet. Zu diesen Ländern zählen nicht nur die Staaten in den Tropen und Subtropen (Staaten zwischen 30 Grad nördlicher und 30 Grad südlicher Breite), sondern alle Länder mit besonderen klimatischen Belastungen und Infektionsgefähr-dungen, z. B. aufgrund unzureichender hygienischer Bedingungen oder einer schlechten medizinischen Versorgung.

Vor mehr als 35 Jahren haben die Berufs-genossenschaften daher einen Grundsatz (G 35) „Arbeitsaufenthalt im Ausland unter besonderen klimatischen und gesundheitlichen Belastungen“ erlassen, der die Vor-aussetzungen einer Tätigkeit im Ausland verpflichtend regelt. In der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMed-VV) sind dort vorgesehene Maßnahmen als Pflichtvorsorge definiert worden.

Der berufsgenossenschaftliche Grundsatz sieht vor:

  • eine Information aller Reisenden über mögliche Gefährdungen am Einsatzort, notwendige Schutzimpfungen und andere Prophylaxemaßnahmen,
  • eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung (BGV A1 § 15) aller Arbeitnehmer, die im Rahmen eines sog. Langzeit-aufenthalts (länger als drei Monate) in das Einsatzland reisen oder bei denen die Summe mehrerer Kurzzeitaufenthalte (bis zu drei Monate) mehr als drei Monate pro Jahr beträgt,
  • Zwischenuntersuchungen alle 24–36 Mo-nate nach der Erstuntersuchung bzw. bei Verdacht auf eine im Ausland erworbene Erkrankung,
  • eine Nachuntersuchung bei Rückkehr aus dem Ausland.

Im Kontext des arbeitsmedizinischen Schut-zes von Mitarbeitern versteht sich die reise-medizinische Prophylaxe nach G 35 als eine weiterführende Schutzmaßnahme für den Arbeitnehmer. Sie soll dazu beitragen, die für einen Arbeitsaufenthalt im Ausland vor-gesehenen Personen zu beraten und gleichzeitig festzustellen, ob ggf. gesundheitliche Bedenken gegen einen Arbeitsaufenthalt in diesen Gebieten bestehen. In welchem Umfang sie erfolgt, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Eine Beratung muss vor jedem Arbeitsaufenthalt im Ausland durchgeführt und dokumentiert werden, sofern das bereiste Land unter die G 35-Kriterien fällt. Die Beratung schließt die Unterbringungs- und Arbeitsbedingungen sowie die medizinische Versorgung am Einsatz-ort ein. Die Beratung bezieht sich immer nur auf einen einzelnen Auslandsaufent-halt.
  • Verbringt der Arbeitnehmer insgesamt mehr als drei Monate pro Jahr im Ausland, muss in jedem Fall vor der ersten Ausreise eine Erstuntersuchung erfol-gen, die dann für die Dauer eines Jahres Gültigkeit hat.
  • Unabhängig davon, ob der Auslandsaufenthalt drei Tage oder zwei Monate dauert, ist zusätzlich zur Beratung eine ärztliche Untersuchung erforderlich, so-fern der Einsatzort eine schlechte Versorgung bietet, hohe Infektionsgefahr birgt, der Arbeitnehmer den Einsatzort wechselt oder einer besonderen beruflichen Belastung, wie beispielsweise dem Heben und Tragen schwerer Gegenstände auf einer Baustelle, ausgesetzt wird.
  • Die Untersuchung umfasst neben der Erhebung der Vorgeschichte und einer Impfberatung auch eine orientierende körperliche Untersuchung und Überprüfung folgender Parameter: Blutsenkungsgeschwindigkeit, Blutbild, Leberwerte, Zucker, Nierenwerte (aus dem Blut), Urinüberprüfung, Ruhe-EKG. Bei unklaren Fällen kann auch die zusätzliche Beurteilung eines Tropenmediziners erforderlich werden.
  • Vor einem erneuten Arbeitsaufenthalt im Ausland ist eine Erstuntersuchung nicht notwendig, wenn die Nachuntersuchung nicht länger als ein Jahr zurückliegt. Eine ärztliche Beratung jedoch ist weiterhin erforderlich.
  • Verbringt der Arbeitnehmer mehr als ein Jahr im Ausland, erfolgt die Nachuntersuchung vorzeitig, spätestens acht Wochen nach seiner Rückkehr. Die Verpflichtung zu einer vorzeitigen Nachuntersuchung greift auch nach einer mehrwöchigen Erkrankung, die Anlass zu Bedenken gegen die Fortsetzung der Tätigkeit geben könnte, auf Wunsch des Beschäftigten, der einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und seiner Tätigkeit am Arbeitsplatz vermutet, oder nach ärztlichem Ermessen.

Entsprechendes Informationsmaterial sollte der Arbeitgeber über das Intranet, Broschüren, ein Krisenhandbuch oder einen Krisenleitfaden zugänglich machen.

Untersuchende Mediziner benötigen besondere Kenntnisse

Beratung, Erst- und Nachuntersuchung müssen von Arbeits- oder Betriebsmedizinern mit besonderen Kenntnissen aus-geführt werden. Nur dann ist die Bescheinigung nach G 35 rechtskräftig. Bis Ende 2008 benötigten die untersuchenden Ärzte eine spezielle Ermächtigung durch die Landes-verbände der gewerblichen Berufsgenossen-schaften, heute reicht die Teilnahme an einem in der Regel einwöchigen zertifizierten Kurs, um die in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge verlangten „erforderlichen Fachkenntnisse“ nachzuweisen. Damit soll gewährleistet werden, dass für Beratung und Untersuchung von im Ausland tätigen Arbeitnehmern ausreichende Kenntnisse über die Arbeitsbedingungen und Gefährdungen in tropischen Ländern vorhanden sind.

Beratung und Vorsorgeuntersuchung sollen jedoch nicht nur vor Gefährdungen warnen, sondern vor allem auch die Tauglichkeit des Reisenden für die Tätigkeit am Einsatzort feststellen. Sie wird außer durch die klimatischen in erster Linie durch die dort oftmals sehr problematischen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten beeinflusst. Dauernde gesundheitliche Bedenken sind deshalb nach G 35 geltend zu machen „bei Personen, die infolge einer Grunderkrankung einer ständigen ärztlichen Betreuung bedürfen oder bei denen unter den Belastungen des Aufenthaltes im Ausland mit einer Verschlimmerung der Erkrankung zu rechnen ist“. Dennoch: Lautet das Unter-suchungsergebnis genau so (beispielsweise bei Diabetes oder Allergien), schließt dies den Auslandseinsatz nicht per se aus, sofern der Grad der Erkrankung dies zulässt und Behandlungsmöglichkeiten am Tätigkeitsort garantiert sind. Bestehen hingegen gesundheitliche Bedenken, die auch durch zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht ausgeräumt werden können, muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten eine andere Tätigkeit zuweisen, bei der diese Bedenken nicht bestehen.

Dieses Beispiel zeigt auch, wie wichtig die Beratung durch den Betriebsarzt oder einen anderen entsprechend qualifizierten Arbeitsmediziner vor jeder Form von Auslandreise ist: Nur ein fundiertes Wissen um mögliche Gefährdungen, Infektions- bzw. Expositionswege und daraus abzuleitende Präventionsstrategien kann helfen, Gesund-heitsschäden so weit wie möglich zu vermeiden.

Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass die Beratung überhaupt in Anspruch genommen wird. Die Erfahrung lehrt leider, dass besonders die so genannten Kurzzeit-reisenden dies relativ selten aus eigener Initiative als notwendig erachten oder gar keine Kenntnisse von diesem Angebot haben. Hier ist der Betriebsarzt gefordert,

  • die Reisenden durch eine kontinuierliche innerbetriebliche Kommunikation und persönliche Gespräche davon zu über-zeugen, dass ein adäquates Verhalten dabei hilft, gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden und
  • dem entsendenden Arbeitgeber abzufor-dern, durch organisatorische Maßnahmen dieses Verhalten zu unterstützen.

So können beispielsweise alle Reisen über eine interne Reisestelle oder ein Reisebüro gebucht werden. Ist das Ziel ein Land mit Gesundheitsrisiko, muss dem Betriebsarzt die Reise gemeldet werden und der Mitarbeiter wird aufgefordert, ihn wegen der Reiseimpfberatung aufzusuchen. Der Arbeitgeber oder die Krankenversicherungsträger übernehmen hierzu die Kosten. Auch die Einbindung eines reisemedizinischen Infoservices wie z. B. https://www.fit-for-travel.de/ in das Intranet hat sich in vielen Fällen be-währt. Da kann sich der Mitarbeiter über die Gesundheitsrisiken in seinem Zielland informieren. Mit diesen Informationen kommt er dann zum Betriebsarzt und wird individuell beraten.

Ziel und Inhalte der reise-medizinischen Beratung

Allein die Beratung nach G 35 kann bereits wesentlich dazu beitragen, dass Beschäftigte bei Auslandsaufenthalten gesund blei-ben. Die häufigsten Erkrankungen gehen da-rauf zurück, dass die Betroffenen nicht oder nur unzureichend informiert sind oder sich fahrlässig verhalten. Der Betriebsarzt sollte daher nicht nur über mögliche klimatische Bedingungen und Infektionsrisiken im Ausland, sondern auch über die sozialen Gegebenheiten und Hygieneverhältnisse sowie die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten am Einsatzort und die Versorgungspläne für Verkehrs- und Arbeitsunfälle Bescheid wissen.

Neben dem Klima, der höheren Sonnen-einstrahlung und den besonderen Bedingungen eines Aufenthalts in großen Höhen (> 2500 m) sind es insbesondere Hygiene, Umwelt und Versorgungssysteme, die als Risikofaktoren eingeschätzt werden müssen: Viele Länder der Dritten Welt zeichnen sich durch gravierende Mängel in Bezug auf Trinkwasserqualität, Abfall- und Abwasserbeseitigung und die in den Industrielädern geltenden Vorschriften der Nahrungsmittel-hygiene und Emissionsschutzbestimmungen aus. Auch die Gefahr von Verkehrsunfällen, bedingt durch einen oft extrem schlechten Zustand der Straßen sowie der Verkehrsmittel, ist deutlich höher als in Deutschland.

Ausreisende Mitarbeiter mit chronischen Erkrankungen müssen besonders intensiv beraten werden. Bei der Tauglichkeitsbeurteilung sind dabei vor allem die klimatischen Belastungen im Einsatzland und die häufig ungenügende medizinische Versorgung am Einsatzort zu bedenken. So müssen Mitarbeiter mit Dauermedikation unbedingt eine vom Arzt zu erstellende Liste aller benötig-ten Medikamente mit Angabe der Inhaltsstoffe und der verordneten Dosierung sowie einen kurzen Arztbericht in der Amtssprache des Landes oder in Englisch mit sich führen. Darauf sollte der Betriebsarzt den Mitarbeiter unbedingt aufmerksam machen. Zudem empfiehlt es sich, die Medikamente in ausreichender Menge wenigstens für einige Wochen mitzunehmen, da nicht sicher vorausgesetzt werden kann, dass diese im Einsatzland flächendeckend sofort zur Verfügung stehen.

Medizinische Versorgung im Ausland

Auch die Beurteilung der medizinischen Ver-sorgung im Ausland, deren Sicherstellung und eine Einschätzung der für den Arbeit-nehmer daraus erwachsenden Risiken gehört zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, wenn ein Auslandsaufenthalt vorbereitet wird. Das Unternehmen wird diese Aufgabe, wenn es sie denn zumindest aus Haftungsgründen ernst nimmt, an den Betriebsarzt oder ggf. auch einen externen Dienstleister delegieren.

Die Deutsche Verbindungsstelle Unfallversicherung – Ausland (DVUA) empfiehlt in ihrem Merkblatt „Gesetzliche Unfallversicherung bei Entsendung ins Ausland“, dass entsendende Unternehmen „einen Lei-ter bestellen, der für die Durchführung der Unfallverhütungsmaßnahmen, der Ersten Hilfe und für die Einleitung einer Heilbehandlung am Auslandsstandort verantwortlich ist“. Die DVUA fordert ausdrücklich dazu auf, den Betriebsarzt einzubinden, wenn die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten und die medizinischen Risiken am Einsatzort beurteilt werden sollen. Und sie rät, dass vor Beginn der Arbeitsaufnahme im Ausland, möglichst schon vor der Abreise dorthin, der verantwortliche Leiter sich über in der Nähe der Arbeitsstelle befindliche deutsche Ärzte, über ausländische Ärzte und Fachärzte, die bei Unfällen zur Behandlung herangezogen werden können, sowie über die nächstgelegenen Krankenhäuser und die Verbindungen zu ihnen unterrichten soll.

Gerade in Entwicklungsländern fehlen außerhalb der Hauptstädte zumeist alle Vor-aussetzungen für eine modernere Diagnostik und Therapie und insbesondere jegliche Möglichkeiten einer intensivmedizinischen Betreuung. Hier ist die Betreuung der Mitarbeiter, vor allem wenn das Unternehmen Baustellen oder Niederlassungen in abgelegenen Regionen betreibt, sowohl eine medizinische wie eine logistische Herausforderung. Bei ernsteren medizinischen Problemen muss daher in der Regel ein Rück-transport der Patienten nach Deutschland in Erwägung gezogen werden. Der Betriebs-arzt muss hier in der Lage sein, im Bedarfsfall kompetent und ausreichend informiert über eine Rückholung zu entscheiden. Denn nach Ansicht der gewerblichen Berufsgenos-senschaften gehört auch dies mit zu den betriebsärztlichen Aufgaben. Aus medizinischer und fachlicher Sicht ist dies sinnvoll, Betriebsärzten kann nur geraten werden, diesen Auftrag ernst zu nehmen.

Dies kann im Einzelfall aus unterschied-lichen Gründen für den Betriebsarzt sehr schwierig sein. Gerade wenn eine Betriebsstätte oder Baustelle in weit entfernten Ge-genden Afrikas oder Asien liegt, ist eine derartige Beurteilung allen modernen Kom-munikationsmittel zum Trotz von Deutschland aus nicht möglich. In diesen Fällen kann eine Begehung vor Ort, ein sog. Site Health Review, erforderlich sein. Dabei sollen die folgenden Themen beurteilt werden:

  • Welche Gesundheitsrisiken gibt es vor Ort (Risikoeinschätzung)?
  • Welche medizinischen Versorgungsein-richtungen bestehen?
  • Welche Rettungsdienste bestehen?
  • Welche Versorgungseinrichtungen und Rettungsdienste können davon genutzt werden?
  • Gibt es einen Emergency Response Plan (ERP), der die lokale Rettungskette vom Unfall- oder Erkrankungsort bis zur lo-kalen medizinischen Versorgung darstellt (Ersthelfer vor Ort, Erste-Hilfe-Station vor Ort, Rettungsgerät und Erste-Hilfe-Ausrüstung, Rettungsfahrzeuge, Erste ärztliche Versorgungsmöglichkeiten)?
  • Gibt es einen Medical Evacuation Response Plan (MERP), der die regionale und internationale Rettungskette vom erstversorgenden Krankenhaus bis zum Heimatland oder dem „Center of Medical Excellence“ abbildet (vorrangig anzufahrende Krankenhäuser, verantwortliche Alarmzentrale, Transportmög-lichkeiten, verfügbare Flughäfen, behördliche Bestimmungen zu Ambulanzflügen)?

Betreuung während der Auslandsreise

Auch wenn die ins Ausland reisenden Mitarbeiter ausreichend über die Gesundheitsrisiken vor Ort aufgeklärt sind und insbesondere wissen, wie sie reduziert werden können, werden medizinische Probleme am Einsatzort nicht auszuschließen sein.

Um deren Folgen so gering wie möglich zu halten, sollte zunächst einmal eine 24-stündige Erreichbarkeit eines medizinischen Dienstes in Deutschland, ob unter-nehmensintern oder ausgegliedert an externe professionelle medizinische Anbieter, selbstverständlich sein. Darüber hinaus be-nötigen die Mitarbeiter während der Auslandsreise eine reisemedizinische Assistance, die über eine besondere Versicherung garantiert werden sollte. Die Leistungen der Assistancemedizin umfassen in der Regel neben Information und Beratung die medi-zinische und psychologische Betreuung erkrankter oder verletzter Menschen im Ausland sowie deren Krankenrücktransport, den Versand von Medikamenten und die Überführung im Todesfall.

Die Inanspruchnahme dieser Leistungen wird von speziellen Dienstleistern über so genannte Alarmzentralen organisiert, die an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden pro Tag erreichbar und in ein weltweites Netzwerk evaluierter medizinischer Dienstanbieter eingebunden sind. Das dort tätige qualifizierte, auch ärztliche Personal kontaktiert die behandelnden Ärzte am Notfallort, macht sich so ein Bild über die Situation vor Ort und informiert dann seinerseits den Patienten oder dessen Angehörige über das Ergeb-nis dieses Arztgesprächs. Vom einfachen therapeutischen Rat über Impfungen bis zur Rückholung mit einem Ambulanzflugzeug werden so alle erforderlichen Maßnahmen getroffen, bis keine weitere Hilfe mehr erforderlich ist oder der Patient an die Ärzte seines Heimatkrankenhauses übergeben worden ist.

Organisation eines umfassenden Auslandsreise-Managements

Wie immer bei komplexeren Fragestellungen ist eine gründliche Vorbereitung mehr als die halbe Miete. Sie beginnt am besten mit einem Workshop, an dem mindestens die Personen/Bereiche teilnehmen sollten, die im Unternehmen für folgende Themen zuständig sind: Personal, Versicherungen, Sicherheit, Reisemanagement und Gesundheit. Allerdings nur, wenn sie zuvor einige Grundinformationen zusammengetragen haben:

  • Seitens des Personalbereichs sollte geklärt sein, wie viele Reisende mit welchen Hauptreisezielen es im Vorjahr gegeben hat, und ob ihnen vor Reiseantritt Informationen zum Thema Sicherheit und medizinische Versorgung auf Reisen oder ein medizinisches und Sicherheits-Risikoprofil des Zielgebiets mitgegeben wurden (Broschüre oder Intranet).
  • Der Versicherungsexperte sollte den Na-men und Sitz der (Auslands-) Krankenversicherung(en) für Reisende und Expatriats, den Namen des Betreuers bei der Kasse, die Zahl der Versicherungsfälle im Vorjahr und die Probleme der letzten drei Jahre mit Versicherern, Versicherten oder Kassen beisteuern.
  • Vom Security-Bereich müssen Informationen darüber eingeholt werden, ob eine 7/24-Notrufnummer für alle Reisenden existiert, ob es ein Krisenhandbuch oder einen Krisenleitfaden gibt, ob und welche Verträge mit (externen) Sicherheits- oder medizinischen Assistance-Unternehmen bestehen, wie viele Sicherheitsfälle welcher Art im Vorjahr gemeldet wurden und ob ein externer Dienstleister bei der Lösung der Probleme involviert war.
  • Das Reisemanagement ist aufgefordert, den Namen und Sitz des oder der Reise-büros sowie die eventuelle Kooperation mit einem Hotel-Buchungsportal aufzulisten. Auch die vorhandenen (einheitlichen) Reiserichtlinien sind beizu-bringen.
  • Der Betriebsarzt schließlich sollte über die Anwendungen und Einhaltung der Impfvorschriften für die jeweiligen Zieldestinationen, über die Durchführung der G 35 Untersuchungen sowie über eventuelle Evakuierungs- beziehungsweise Repatriierungsfälle informieren.

Aufgabe eines solchen Workshops könnte es nach einer Bestandsaufnahme sein, das Delta an nicht vorhandenen Maßnahmen anzugehen, wie z. B.die Einführung einer Risiko-Länderkategorisierung (Einschätzung des medizinischen und Sicherheits-risikos in den Zielländern), die Anpassung der Reiserichtlinien (Einschränkung der Reisetätigkeit in Risiko-Zielgebiete, Impfungen), die Optimierung von Reisebuchun-gen und Visabeantragungen und den Abschluss von (Zusatz-)Versicherungsverträgen für Reisende. Fehlende Bausteine, die intern abgebildet werden können, sollten sofort in Angriff genommen, alle weiteren Maßnahmen extern ausgeschrieben oder mit vorhandenen Partnern zusätzlich vereinbart werden.

Zusammenfassung

  • Bei den Reiserisiken sind neben Infektionskrankheiten auch Verkehrs- und Arbeitsunfälle zu beachten. Nicht vernachlässigt werden dürfen psychische Probleme durch den Auslandsaufenthalt. Ein Risiko kann aber auch die schlechte medizinische Infrastruktur im Einsatzland darstellen. Neben der Absicherung durch die Berufsgenossenschaften ist eine private Auslandskrankenversicherung zu empfehlen.
  • Eine 24-stündige Erreichbarkeit für me-dizinische Probleme der Mitarbeiter ist wichtig, hier können externe medizinische Dienstleister helfen.
  • Bei länger dauernden, großen Projekten oder Einsatzorten in verschiedenen Län-dern sollte ein umfassendes Auslandsreise-Management aufgebaut werden. Auch hier müssen mittlere und kleine Unternehmen wahrscheinlich in vielen Fällen auf externe Anbieter zurückgrei-fen.
  • Der Betriebsarzt sollte in Zusammenarbeit mit der Unternehmensführung eine wesentliche Rolle bei der Sicherstellung der medizinischen Versorgung für Mitarbeiter auf Auslandseinsätzen spielen. 

    Weitere Infos

    Beispiel für einen reise-medizinischen Infoservice

    https://www.fit-for-travel.de/

    Autor

    Jürgen Heidenreich

    Techniker Krankenkasse

    Hauptverwaltung

    Bramfelder Straße 140

    22305 Hamburg

    Kontakt: GLC Glücksburg Consulting AG

    l.schlingmann@glc-group.com

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