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Möglichkeiten zur Prävention arbeitsbezogener chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD) in einem Großbetrieb der Entsorgungsbranche

Möglichkeiten zur Prävention arbeitsbezogener chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD) in einem Großbetrieb der Entsorgungsbranche

Ziel: Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung und auch berufliche Noxen können geeignet sein, eine COPD hervorzurufen, z. B. Feinstaub, Schweißrauche oder chemisch-toxische Substanzen. Allergene oder einatembare irritative Stoffe und organische Stäube (Bioaerosole), wie sie in der Abfallentsorgung vorkommen, werden ebenfalls als auslösende Ursachen diskutiert. Untersucht wurde, ob und mit welchen Instrumenten sich in einem Großbetrieb der Entsorgungsbranche Hinweise für eine COPD finden lassen. Zusätzlich wurde überprüft, ob sich aus präventiver Sicht auch Risikopatienten in unterschiedlichen Arbeitsbereichen identifizieren lassen.

Kollektiv und Methode: Retrospektive arbeitsbereichsbezogene Auswertung der Anamnese sowie von Fragebogen- und Lungenfunktionsdaten von 645 Teilnehmern an einer innerbetrieblichen Präventionskampagne zur Früherkennung der COPD.

Ergebnisse: Zwischen den COPD-Fragebogendaten und den Lungefunktions-messungen bestand ein negativer signifikanter Zusammenhang. Damit eignet sich der verwendete Fragebogen sehr gut als Screeninginstrument und ist für die arbeitsmedizinische Anwendung ausreichend sensitiv, wobei Selbst-angaben im Fragebogen jedoch im Einzelfall nachzuprüfen sind. 68 Teilnehmer (63 Raucher) wurden als „COPD-verdächtig“ eingestuft; bei allen anderen Teilnehmern gab es keine diesbezüglichen Hinweise. Ein statistischer Zusammenhang zwischen der COPD-Erkrankungswahrscheinlichkeit bei Beschäftigung in der Straßenreinigung, der Müllabfuhr, im Fuhrparkmanagement sowie in der Hauptverwaltung konnte zwar nachgewiesen werden, aufgrund des hohen Raucheranteils, z. B. in der Hauptverwaltung, sowie der nachgewiesenen Zusammenhänge zwischen COPD-Erkrankungswahrscheinlichkeit, Alter und Geschlecht ist es jedoch wenig wahrscheinlich, dass dies ursächlich auf arbeitsplatzbezogenen inhalativen Belastungen beruht.

Schlussfolgerungen: Eindeutige Hinweise auf besondere betriebliche oder berufliche Belastungen oder eine Häufung von COPD-Erkrankten in Arbeits-bereichen mit inhalativen Staubexpositionen wurden nicht gefunden. Ein COPD-Screening mit Fragebogen und ergänzenden Spirometrien kann Risiko-personen in arbeitsmedizinischen Settings frühzeitig identifizieren und als Grundlage für präventive Maßnahmen dienen.

Schlüsselwörter: COPD – Lungenfunktion – Prävention – Screening – Entsorgungsbranche

Feasability of prevention of work-related chronic obstructive pulmonary disease (COPD) in a large waste management firm

Aim: Chronic obstructive pulmonary disease (COPD) is one of the most common chronic diseases in the general population and occupational toxicants such as fine dust, welding fumes or toxic chemical substances may be likely to cause COPD. Respirable allergens or irritants as well as organic dusts (bio-aerosoles) that typically occur in the waste management industry are also discussed as trigger causes. It was investigated whether and with which instruments indicators of COPD can be found in a large firm of the waste management industry. With respect to prevention, it was also checked whether it is possible to identify employees with a high risk for COPD in different work areas.

Collective and Method: Retrospective analysis of medical anamnesis, work-area-related questionnaire and lung function data of 645 participants in an in-house campaign to prevent COPD.

Results: We found a significant negative relationship between the COPD questionnaire data and individual lung function measurements. Thus, the used questionnaire proved well-suited as a screening tool and is sufficiently sensitive to the occupational medical application. However, self-reported questionnaire data have to be verified individually. 68 participants (63 smokers) were classified as “COPD suspect”; for all other participants, there was no such evidence. A statistical relationship between the COPD disease probability and employment in street cleaning, refuse collection, fleet management and admnistrstion could be detected, but due to the high proportion of smokers, for example in the administration, as well as the proven links between COPD probability, age and sex, it is unlikely that this is caused by substances inhaled at the workplace.

Conclusions: We found no clear evidence of specific commercial or occupational stress or an accumulation of COPD patients in areas of inhaled dust exposure at the company examined. A COPD screening questionnaire and additional spirometry can help identify persons at risk in occupational health settings early and serve as a basis for preventive measures.

Keywords: COPD – lung function – prevention – screening – waste management

S. Seele1

D. Groneberg2

M. Spallek3

(eingegangen am 12. 08. 2013, angenommen am 07. 01. 2014)

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2014; 49: 603–611

Einleitung

Die COPD ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen und gehört zu den so genannten "Volkskrankheiten”. Weltweit sind annähernd 600 Millionen Menschen erkrankt, mehr als drei Millionen Menschen sind im Jahr 2005 an COPD verstorben. Annähernd 5 % der Todesursachen werden weltweit der COPD zugeordnet (WHO 2011). Bei einer Fortsetzung bisheriger Tendenzen wird ein weiterer Anstieg der obstruktiven Atemwegserkrankungen vorhergesagt; die WHO prognostiziert bis zum Jahr 2030 einen Anstieg der COPD zur dritthäufigsten Todesursache weltweit (WHO 2011).

Internationale Schätzungen zur Prävalenz bewegen sich zwischen 3 und 11 % bei erwachsenen Nie-Rauchern (GOLD 2013). Es muss in der Allgemeinbevölkerung von einer hohen Dunkelziffer nicht diagnostizierter, nicht behandelter und nicht hospitalisierter Patienten ausgegangen werden (Halbert et al. 2003; De Marco et al. 2004, 2007; Geldmacher et al. 2008; GOLD 2011).

Für Deutschland werden in der BOLD-Studie ("Burden of Obstructive Lung Disease") folgende Angaben gemacht (Geldmacher et al. 2008):

  • Drei bis fünf Millionen Deutsche leiden an COPD, womit die Erkrankung häufiger vorkommt als bisher angenommen.
  • Die Prävalenz niedriger COPD-Schweregrade (GOLD I bzw. GOLD II) liegt bei 13,2 %, sie sind wesentlich häufiger als fortgeschrittene Formen (GOLD III und GOLD IV [0,8 %]).
  • Die COPD wird in Frühstadien häufig nicht erkannt, da erst bei Schweregrad GOLD III über Einschränkungen der Leistungsfähigkeit berichtet wird.
  • Die Prävalenz nimmt in Abhängigkeit vom Lebensalter und der Dauer des Zigarettenrauchens zu, es können aber auch Nichtraucher von COPD betroffen sein.
  • Etwa die Hälfte aller spirometrisch aufälligen Patienten haben bis zur Diagnosestellung keine subjektiven Beschwerden.

Von der COPD zu unterscheiden ist die chronische Bronchitis, die nach der WHO-Definition durch dauerhaften Husten mit Auswurf über einen Zeitraum von wenigstens drei Monaten in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren gekennzeichnet ist, jedoch keine obstruktive Komponente hat (WHO 1961). Das inhalative Rauchen stellt für beide Erkrankungen den größten Risikofaktor dar.

Auch berufliche Noxen können geeignet sein, eine COPD hervorzurufen. Im bundesdeutschen Berufskrankheitenrecht sind mehrere Erkrankungen gelistet, die entweder dosisabhängig (BK 4111: Feinstaubbelastung bei Untertage-Bergleuten) oder substanzspezi-fisch (BK 4301/02: Allergisierende, chemisch-toxische oder irritative Stoffeinwirkungen) obstruktive Atemwegserkrankungen hervorrufen können, wobei in den letztgenannten Fällen für eine Anerken-nung der Unterlassungtatbestand Voraussetzung ist. Es kann jedoch auch ohne berufskrankheitenrelevante Arbeitsplatzexpositionen an den unterschiedlichsten Arbeitsplätzen vermehrt zu Bronchitiden kommen, insbesondere unter ungünstigen lüftungstechnischen Verhältnissen sowie bei Überschreitung gültiger Grenzwerte für Luftschadstoffe (Nowak 2006; Baur et al. 2011). Arbeitsplatzgefährdun-gen z. B. durch Feinstaub, Schweißrauche, Allergene, einatembare irritative oder chemisch-toxische Substanzen spielen dabei eine wichtige Rolle (ATS/ERS 2004; Celli u. MacNee 2004; Bischoff et al. 2006; Baur et al. 2011). Dabei sind vor allem allergene oder irritative Atemwegsbelastungen sowie Bioaerosole auch in der Entsorgungsbranche von Bedeutung (Van Kampen et al. 2012). Für die COPD werden Überhäufigkeiten insbesondere im Baugewerbe, im Stein-kohlen-, Uran- und Erzbergbau, bei Getreidesiloarbeitern, Land-wirten, Schweißern, und Feuerwehrleuten beobachtet. Ungefähr 15 % dieser Erkrankungen sollen dabei auf berufliche Belastungen zurückzuführen sein (Baur et al. 2011). Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM) hat umfassend die beruflichen Expositonssituationen wie auch die notwendigen Vorsorgemaßnahmen in ihrer AWMF-Leitlinie zur Prävention arbeitsbedingter obstruktiver Atemwegserkankungen beschrieben (AWMF 2011), so dass hier aus Platzgründen nicht weiter darauf eingegangen wird.

Arbeits- und sozialmedizinisch ist die Früherkennung einer chro-nisch obstruktiven Lungenerkrankung von besonderer Bedeutung, da sich eine COPD durch ihren chronischen Verlauf in fortgeschrittenen Stadien negativ auf das berufliche Leistungsvermögen, bis hin zur Gefährung der Erwerbsfähigkeit, auswirken kann (Horn et al. 2010; Abholz et al. 2012). Je früher eine COPD festgestellt wird, desto besser sind die therapeutischen Möglichkeiten für eine optimale Leistungsfähigkeit auch im Hinblick auf die beruflichen Anforderungen (Latza et al. 2002; Baur et al. 2011; Abholz et al. 2012).

Betriebliche Fragestellung und Ziele der Untersuchung

In einer Fehlzeitenanalyse nach Branchen und Berufen werden für die Bereiche Abfallsammlung, Abfallbeseitigung und Recycling (nach-folgend Entsorgungsbranche genannt) die auftretenden Arbeitsunfähigkeitstage von Muskel-Skelett-Erkrankungen, Erkrankungen des Atmungssystems sowie Verletzungen und Vergiftungen dominiert (BKK Gesundheitsreport 2012). Die erfassten chronischen Atemwegserkrankungen werden dabei zumeist durch inhalative Substanzen hervorgerufen, die ihren Ursprung überwiegend im individuellen Gesundheitsverhalten haben, z. B. Zigarettenrauchen. Es liegen allerdings auch inhalative Belastungen an den jeweiligen Arbeitsplätzen vor, die in der Entsorgungsbranche insbesondere bei der Straßenreinigung aufgrund einer Belastung durch Feinstäube, bei der Haus- bzw. Biomüllabfuhr und Abfallverwertung mit Exposition gegenüber Sporen, Pilze oder organischen Stäuben eine Rolle spielen (Latza et al. 2002; ATS/ERS 2004; Van Kampen et al. 2012).

Bei unserer Untersuchung war daher von besonderem Interesse, ob sich, bezogen auf die Arbeitsbereiche im Betrieb der Berliner Stadt-reinigung (BSR), Hinweise für ein gehäuftes Auftreten einer COPD finden lassen. Die seitens der BSR angebotene Vorsorgeuntersuchung nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz 23 "Obstruktive Atemwegserkrankungen" – als Angebotsuntersuchung mit Freiwilligkeit der Teilnahme – wird wenig akzeptiert, so dass aus einer Auswertung der diesbezüglichen Vorsorgedaten bei der BSR keine verwertbaren Hinweise zu erhalten sind. In den betroffenen Arbeitsbereichen nehmen weniger als 2 % der Beschäftigten dieses Angebot zur arbeitsmedizinischen Vorsorge in Anspruch. Andererseits stellen Erkrankungen der Atmungsorgane mit etwa 14 % am gesamten betrieblichen Krankheitsgeschehen bei der BSR die zweitgrößte Krankheitsgruppe nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen dar. Diese Arbeitsunfähigkeitsdaten erfassen jedoch nicht alle Ar-beitsunfähigkeitstage, sondern lediglich die an die Krankenkassen gemeldeten Tage mit einer Krankschreibung von 3 Tagen. Daher ist mit einer höheren Anzahl an (Kurzzeit-)Ausfalltagen und betrieblichen Kosten aufgrund von Exazerbationen von chronischer Atemwegserkrankungen zu rechnen.

In Abstimmung mit dem Unternehmen wurde daher im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung allen Mitarbeitern eine Präventionskampagne mit dem Schwer-punkt Früherkennung der COPD angeboten. Auftrag und Rahmen solcher gesundheitsbezogener Interventionen in Betrieben inklusive der Erhebung und Auswertung von medizinischen Daten ist in Deutschland durch Gesetze und Verordnungen verbindlich festgelegt (ASiG, ArbSchG, SGB V, SGB VII).

Aufgrund der hohen Beteiligung und da-durch umfangreichen Teilnehmerdaten zum Screeningfragebogen und den zugehörigen individuellen Lungenfunktionsparametern aus den verschiedenen Bereichen des Unter-nehmens konnten mehrere Fragestellungen untersucht werden, die retrospektiv sowohl unter arbeitsmedizinisch-präventiven Ge-sichtspunkten als auch für betriebliche Kon-sequenzen relevant sind.

Fragestellung 1

Wie zuverlässig sind die Fragebogendaten im Hinblick auf die Lungenfunktionsprüfungen, d. h., korrelieren die individuellen Angaben im Fragebogen mit den medizinischen Daten der Lungenfunktion? Dazu wurde die Sensitivität des Fragebogens über-prüft, inwieweit die erreichte Fragebogenpunktzahl auch mit Lungenfunktionsdaten korreliert.

Fragestellung 2

Unter präventiven Gesichtspunkten ist zu-dem wichtig, ob die Handhabung eines all-gemein verfügbaren und empfohlenen Frage-bogens als Screeninginstrument für COPD in einem arbeitsmedi-zinischen Setting ausreicht. Gelingt es mit dieser Methodik ausrei-chend zuverlässig, auch Risikoprobanden identifizieren zu können, oder eignet sich der Fragebogen nur unter bestimmten Rahmenbedingungen?

Fragestellung 3

Gibt es in Abhängigkeit vom Arbeitsbereich Unterschiede hinsichtlich einer COPD, die arbeitsgestalterische, personalplanerische oder präventive Schlussfolgerungen ermöglichen oder notwendig machen? Dazu wurden die Teilnehmerdaten anhand der maßgeblichen Arbeitsaufgabe in fünf Organisaitionseinheiten des Unternehmens eingeteilt. Die Einflüsse durch betriebliche oder berufliche Belastungen wurden dazu mit überwiegend individuellen Merkmalen und Verhaltensmustern wie Zigarettenrauchen, Lebensalter oder Ge-schlecht verglichen.

Die Kombination dieser drei Fragestellungen ermöglicht sowohl die direkte Ableitung präventiver und arbeitsmedizinischer Konsequenzen für Durchführung und Gestaltung zukünftiger Gesundheitsaktionen für COPD als auch die Ermittlung konkreter Handlungshilfen für die betriebliche Organisation für Vermeidung arbeitsbezogener chronischer Atemwegserkrankungen.

Methodik der Datenerfassung

Während der Sommermonate Mai bis August wurde den BSR-Beschäftigten an zwölf Terminen in unterschiedlichen betrieblichen Standorten ein Präventionsangebot zur Früherkennung der COPD gemacht. Die Teilnahme war grundsätzlich freiwillig im Sinne eines Angebotes: Damit betrifft die hier dargestellte retrospektive Analyse nur eine Stichprobe und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Andererseits war aber die Resonanz der Mitarbeiter auf die-ses Vorsorgeangebot um ein Vielfaches besser als die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen nach G 23. Zudem wurden mit dieser Präventionskampagne auch Mitarbeitergruppen angesprochen, die von einer Vorsorgeuntersuchung nach G 23 gemäß der Gefährdungsanalyse nicht erfasst werden, wie beispielsweise Verwaltung und Büro.

Im ersten Schritt der Untersuchung füllten die Teilnehmer einen anonymisierten Frage-bogen ( Abb. 1 und 2) selbstständig und ohne weitere Unterstützung oder Erläuterungen aus. Dieser Fragebogen war zuvor bereits vom Berufsverband der Pulmonologen als Screeninginstrument – unabhängig von einer Spirometrie – zur Früherkennung einer COPD validiert und eingesetzt worden (Hiller 2010).

Den Antworten der Fragen war jeweils eine Punktzahl zugeordnet (vgl. Angaben auf dem Fragebogen in Klammern). Mit der aufaddierten Gesamtpunktzahl konnte hier-aus die persönliche Wahrscheinlichkeit zum Vorliegen einer COPD ermittelt werden. Im Anschluss hatte zudem jeder Teilnehmer die Möglichkeit, mit Hilfe einer ergänzenden Lungenfunktionsprüfung (Spirometer „Easy OneTM“, Firma ndd Medizintechnik AG), seine aktuelle Lungenfunktion bestimmen lassen.

Die in dem Fragebogen erzielte Gesamt-punktzahl war hinweisgebend auf die Wahr-scheinlichkeit des Vorliegens einer COPD, wobei bei weniger als 43 Punkte höchstwahrscheinlich keine COPD vorliegt, zwi-schen 43 und 64 Punkten die Wahrscheinlichkeit für eine COPD bis auf 50 % steigt und bei mehr als 65 Punkten die Wahrschein-lichkeit einer Erkrankung sehr hoch ist (vgl. Abb. 2).

Bei der Spirometrie wurde der erste ak-zeptable Versuch gewertet; bei mehreren Messungen ging das jeweils beste Ergebnis in die Auswertung ein. Für die Interpretation des Ergebnisses verwendet das Spirometer "EasyOneTM" bei der FEV1 und VK jeweils 80 % des Sollwerts, bei Verhältniswerten (z. B. FEV1/VK) 90 % des EGKS-Sollwerts. Die Standards zur Durchführung und Akzeptabilität von Lungenfunktionsprüfungen (Criée et al. 2006) galten auch bei der Gesundheitsaktion.

Die Ergebnisse zur COPD-Wahrscheinlichkeit nach der Auswer-tung des Fragebogens und unter Berücksichtigung der Spirometrie-befunde wurde anschließend mit einem der anwesenden Ärzte be-sprochen. Alle Teilnehmer wurden individuell und befundangepasst beraten und je nach Ergebnis wurde entweder eine Wiederholungs-untersuchung im betriebsärztlichen Untersuchungszentrum verein-bart oder eine weiterführende Untersuchung bei einem Haus- oder Facharzt empfohlen.

Zur Überprüfung unserer Fragestellungen wurden ohne Berücksichtigung des Goldstandards anhand der Punktzahl aus dem Frage-bogen die anonymisierten Daten der Stichprobe zur weiteren Aus-wertung anschließend in zwei Gruppen aufgeteilt: Gruppe A, Punkt-zahl 42, die mit hoher Sicherheit kein erhöhtes COPD-Risiko hatten, oder COPD Gruppe B, Punktzahl 43, bei denen ein erhöhtes Risiko nicht ausgeschlossen werden konnte.

Ein weiteres Ziel dieser Einteilung war die Überprüfung des Fragebogens in Verbindung mit den Lungenfunktionswerten hinsichtlich seiner Sensitivität als Screeninginstrument auch für die arbeitsmedizinische Praxis. Zusätzlich wurde überprüft, ob mit die-sem Instrument auch Risikopatienten in unterschiedlichen Arbeitsbereichen identifiziert werden können.

Dazu wurden die Teilnehmer anhand der maßgeblichen Arbeitsaufgabe folgenden fünf Organisationseinheiten (OE) zugeteilt:

  • RF (Flächenreinigung): Straßenreinigung, Laubsammlung sowie Sicherstellung der Verkehrssicherheit (Winterdienst).
  • AL (Abfallsammlung und Logistik): Die gewerbliche Abfuhr des Haus-, Sperr- und Biomülls sowie die Annahme von Abfällen und Schadstoffen auf den Recyclinghöfen.
  • HV (Hauptverwaltung): In dieser OE sind alle Beschäftigten der Personalverwaltung, des BSR-Servicecenters, sowie weitere Beschäftigte mit überwiegender Bürotätigkeit; inkl. Auszubildende.
  • PF (Fuhrparkmanagement): Instandhaltung und Bereitstellung des über 2000 Fahrzeuge umfassenden Fuhrparks, mitsamt der Hauptwerkstatt und diversen Betriebshofwerkstätten.
  • AV (Abfallverwertung/Abfallbeseitigung): Abfallverwertung und Abfallbeseitigung in der unternehmenseigenen Müllverbrennungsanlage. Zu der OE gehören auch eine Umladestation und mehrere Deponien.

Die Datenauswertung erfolgte in einem deskriptiven und einem statistischen Teil, wobei die deskriptiven Daten in Excel-Tabel-len zusammengefasst und geordnet, Diagramme erstellt und Kenngrößen berechnet wurden. Anschließend wurden mit Hilfe der mathematischen Statistik die Ergebnisse statistisch abgesichert. Die Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS® 18 für Windows.

Der statistische Vergleich der metrischen Daten (z. B. Merkmalsausprägungen wie Alter, Punktzahl aus dem Fragebogen, FEV1, VK und FEV1/VK in % vom Sollwert) wurde mit dem Korrelationskoeffizienten nach Pearson berechnet. Als Signifikanzniveau wurde = 0,05 festgelegt.

Das Ergebnis des statistischen Tests galt dann als signifikant, wenn im durchgeführten Signifikanztest der p-Wert einen Wert entsprechend der vorgegebenen Irrtumswahrscheinlichkeit 0,05 annahm (Victor et al. 2010).

Mit dem Chi2-Test wurde auf Unabhängigkeit in der Kreuz-tabelle getestet. Wenn die Voraussetzung des Chi2-Tests verletzt wurde, wonach nicht mehr als 20 % der Zellen eine erwartete Häufigkeit kleiner fünf haben dürfen, wurde zur Überprüfung Nominal- bzgl. Nominalmaß berechnet.

Fischers exakter Test wurde als Alternative zum Chi2-Test eingesetzt, wenn mindestens ein zellenspezifischer Erwartungswert kleiner fünf war.

Mit dem Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest wurde die Stich-probe auf Normalverteilung überprüft und mit Hilfe von 2×2 Kreuztabellen wurden Häufigkeiten von mehreren Merkmalen und deren Verknüpfung dargestellt.

Aufgrund der Fragestellungen wurden auch die Zusammenhänge zwischen Alter, Geschlecht, Tätigkeit bzw. Zugehörigkeit zu einer OE sowie Punktzahl aus dem Fragebogen und Ergebnis der Spirometrie überprüft.

Ergebnisse

Eine durchgängige Darstellung bezogen auf beide Geschlechter war nicht möglich, da Frauen als Teilnehmerinnen insgesamt und in einzelnen Organisationseinheiten unterrepräsentiert waren. Die Ergebnisse werden daher zusammengefasst für beide Geschlechter dargestellt.

Die Teilnehmergruppe ist hinsichtlich der Variable Alter nicht normalverteilt (p < 0,05). Es besteht in den Altersgruppen 31–40 und 41–50 eine Verdichtung, wohingegen die Altersgruppen bei den unter 20-, 21- bis 30- und über 60-Jährigen unterrepräsentiert sind. Diese Rechtsverschiebung spiegelt die aktuelle demografische Verteilung im Betrieb wider ( Abb. 3).

Raucherstatus

367/645 (56,9 %) der Teilnehmer rauchten nicht bzw. nicht mehr zum Zeitpunkt der Aktion, 278/645 (43,1 %) sind aktive Raucher.

Fragebogenangaben

Der Fragebogen enthielt insgesamt neun Fragen, um mit der auf-addierten Punktzahl das individuelle Risiko zum Bestehen einer COPD zu ermitteln. Sieben Fragen konnten ausschließlich mit ja oder nein beantwortet werden. Zwei Fragen mit der Möglichkeit einer Mehrfachauswahl richteten sich an das Rauchverhalten sowie das Alter. Bei der Abschlussbesprechung wurde der Fragebogen auf Vollständigkeit hin überprüft ( Tabelle 1).

Keiner der 645 Teilnehmer hat die Frage nach Auswurf mit „Ja“ beantwortet. 64 Teilnehmer haben die Frage nach Husten inner-halb der letzten drei Monate positiv beantwortet ( Tabelle 2).

Einteilung in COPD-Gruppe A und B

Der COPD-Gruppe A (Punktzahl aus dem Fragebogen 42) konnten 577 TN zugeordnet werden. 36,1 % dieser Gruppe waren Raucher und 63,9 % waren Nicht- bzw. Exraucher. Der COPD-Gruppe B (Punkt-zahl 43) konnten 68 TN zugeordnet werden. 92,7 % dieser Gruppe waren Raucher und 7,3 % waren Nicht- bzw. Exraucher ( Tabelle 3).

Es existiert zwar ein Zusammenhang zwischen den COPD-Gruppen A und B und den OE, allerdings unterscheidet sich der geschlechtsbezogene Rauchstatus in den OEs signifikant voneinander ( Abb. 4). Ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Merkmalen Rauchstatus "derzeit Raucher", Zugehörigkeit zur COPD-Gruppe und Geschlecht fand sich bei beiden Geschlechtern nur bei den OE Straßenreinigung und Hauptverwaltung. Bei den OE Müllabfuhr und Fuhrparkmangment war ein Zusam-menhang nur bei den männlichen Teilnehmern nachweisbar und bei der OE Abfallverwertung war auch bei den männlichen Teilnehmern kein Zusammenhang nachweisbar. Weibliche Beschäftigte hatten bei allen OE, außer bei der OE Abfallverwertung teilgenommen ( Tabelle 4).

Diskussion

Während der Präventionsaktion waren im Durchschnitt 5625 Personen bei der BSR beschäftigt. 654 Beschäftigte (11,6 %) haben an der „Aktion gesunde Lunge“ teilgenommen und die Daten von 645 Beschäftigten (11,5 %) konnten analysiert werden. Damit ist die Teilnahmequote von über 11 % höher als die vergangener Gesundheitsaktionen bei der BSR.

Die Altersverteilung der Stichprobe entsprach nicht einer Normalverteilung, spiegelt aber die aktuelle demografische Altersverteilung im Betrieb wider. Es besteht in den Altersgruppen 31–40 und 41–50 Jahren eine Verdichtung, die Altersgruppen bei den unter 20-, 21- bis 30- und über 60-Jährigen sind hingegen unterrepräsentiert.

Der gebräuchlichste Parameter zur Einschätzung des Schweregrades einer COPD ist die FEV1. Da es sich bei der COPD um eine anerkannte Systemerkrankung handelt, die alle Organsysteme betrifft, bildet dieser Wert jedoch weder die Komplexität des Krankheitsbildes ab (Celli et al. 2004; Vogelmeier et al. 2007; Watz et al. 2008; GOLD 2013), noch ermöglicht eine alleinige Bestimmung der FEV1 die Feststellung eines möglicherweise erhöhten COPD-Erkrankungsrisikos. Die FEV1-Bestimmung allein stellt auch keine praktikable Maßzahl für die betriebsärztliche Praxis dar, wenn die körperliche Belastbarkeit, die berufliche Einsatzfähigkeit oder die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit der Patienten beurteilt werden soll. Allerdings ist die FEV1 ein welt-weit bekannter und anerkannter Parameter, der weiterhin zur Bestimmung des Schwere-grads der COPD zur Anwendung kommt und dessen Bestimmung gut zur Verlaufskontrolle geeignet ist.

Die non-parametrische Rangkorrelation zur ersten Fragestellung zeigt, dass zwischen den Ergebnissen des eingesetzten systematischen COPD-Fragebogens, der vom Teilnehmer selbständig ausgefüllt wird, und den Ergebnissen der FEV1, VK sowie der FEV1/VK ein negativer signifikanter Zusammenhang besteht. Das bedeutet, je höher die Punktzahl aus dem Fragebogen ist, desto niedriger ist die anschließend festgestellte FEV1, VK oder das Verhältnis FEV1/VK. Damit eignet sich der Fragebogen sehr gut als Screeninginstrument und ist auch für die Anwendung in der arbeitsmedizinischen Praxis ausreichend sensitiv.

Der Fragebogen liegt mittlerweile in einer gekürzten, überarbei-teten und validierten 6-Fragen-Version vor (Hiller 2011), ist frei zugänglich und kann kostenlos im Internet heruntergeladen werden ( http://www.lungentag.de ). Durch die Kürzung kann Zeit beim Aus-füllen und bei der Reflektion der Antworten eingespart werden. Darüber hinaus sollen durch die Überarbeitung aus dem Frage-bogenergebnis genauere Rückschlüsse auf den Schweregrad der COPD gezogen werden können, nach wie vor wird jedoch durch das Ergebnis aus dem Fragebogen allein keine COPD-Diagnose gestellt. Dazu sind weiterführende technische Untersuchungen erforderlich, wie z. B. die Bodyplethysmographie.

Die überwiegend verneinenden Selbstantworten auf die Frage nach Husten oder Auswurf ergeben für die zweite Fragestellung, dass solche Antworten bei Befragungen zusätzlich durch Nachfragen ggf. auf Plausibilität überprüft werden müssen. Ohne individualisiertes Nachfragen besteht die Gefahr, dass die Antworten eher sozial erwünscht erfolgen und der Proband somit eher zu seinem gesundheitlichen Vorteil antwortet. Möglicherweise wird auch das regelmäßige Husten bei Rauchern als Krankheitssymptom negiert oder zum Normalzustand "umdefiniert", bzw. der normale Gesundheitszustand ohne Husten wird von Rauchern möglicherweise gar nicht mehr erinnert.

Retrospektiv betrachtet bedeutet dies, dass bei einer Korrektur der Antworten zu Husten und Auswurf bei der Gruppe der aktiven Raucher vermutlich mehr Teilnehmer eine höhere Gesamtpunktzahl gehabt hätten und demzufolge mehr Teilnehmer der COPD-Gruppe B zugeordnet worden wären. Damit könnte eine nachträglich nicht mehr zu bestimmende Anzahl möglicherweise falsch-niedriger Fragebogenergebnisse in die Analyse eingegangen sein und die Prävalenzangabe der leichtgradigen COPD (Schweregrad I) in der Stichprobe damit zu niedrig liegen.

Aufgrund bei der BSR vorliegender anderweitiger anamnestischer Daten aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen ist zu vermuten, dass anteilig mehr als 43 % Raucher im Betrieb beschäftigt sind. Dies sind in Relation deutlich mehr aktive Raucher als in der deutschen Gesamtbevölkerung; hier wird von etwa 30 % aktiven Rauchern ausgegangen (Andreas et al. 2009; Statistisches Bundesamt 2010).

Die Aufteilung der Stichprobe in zwei Gruppen erfolgte unabhängig von der COPD-Schwergradeinteilung nach GOLD insbesondere unter präventiven Gesichtspunkten, und zwar um die Sensitivität des Fragebogens zu prüfen hinsichtlich "möglicherweise Erkrankte richtig erkennen", um damit Mitarbeiter mit einem möglichen Risiko für das Entstehen einer COPD zuverlässig und unabhängig von der Schwere einer möglichen Erkrankung identifizieren zu können. Ab einer Punktzahl von 43 Punkten aus dem Frage-bogen ist von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit zum Vorliegen einer COPD auszugehen. Von den 645 Teilnehmern konnten 577 der COPD-Gruppe A und 68 der COPD-Gruppe B zugeordnet werden. Immerhin 63 von 68 Teilnehmern (92,6 %) aus der COPD-Gruppe B waren aktive Raucher. Für die gesamte Stichprobe von 645 Teilnehmern errechnet sich aus diesen Daten eine COPD-Prävalenz von 10,5 %, für die Gruppe der aktiven Raucher eine Prävalenz von 22,7 %. Die Daten entsprechen den Literaturdaten mit einer 20 %igen COPD-Prävalenz bei Rauchern und 10–15 % COPD-Prävalenz in der Normal-bevölkerung (Halbert et al. 2003; ELF 2004; Kujath 2005; Vogelmeier et al. 2007; Geldmacher et al. 2008; GOLD 2011). Würde die COPD-Prävalenz aus der BOLD-Studie von über 13 % für Deutschland (Geldmacher et al. 2008) auf eine Gesamtbeschäftigtenzahl von 5600 bei der BSR übertragen, wären insgesamt über 700 Beschäftigte betroffen.

Unter arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten konnte hinsichtlich der dritten Fragestellung außerdem ein statistischer Zusammen-hang zwischen der COPD-Erkrankungswahrscheinlichkeit in der OE Straßenreinigung, bei männlichen Beschäftigten der OE Müllabfuhr und in der OE Fuhrparkmanagement sowie der OE Hauptverwaltung nachgewiesen werden. Aufgrund des hohen Raucheranteils in den untersuchten Kollektiven, den unauffälligen Daten zur Feinstaubbelastung an den Arbeitsplätzen sowie der in der Be-völkerung im Vordergrund stehenden Zusammenhänge zwischen COPD-Erkrankungswahrscheinlichkeit, Alter und Geschlecht ist es jedoch fraglich, dass der Zusammenhang auf arbeitsplatzbezogenen inhalativen Belastungen beruht.

Die Ergebnisse zeigten zudem für die OE "HV" mit Beschäftig-ten aus der Verwaltung und mit überwiegender Bürotätigkeit absolut und prozentual die meisten Betroffenen mit COPD. In dieser OE hatten 31 der 154 TN eine erhöhte COPD-Erkrankungswahrscheinlichkeit. Damit hatten 20,13 % der TN aus dieser OE ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Das Phänomen, wonach bei den Angestellten wesentlich mehr COPD-Betroffene als bei den gewerblich Beschäftigten zu finden sind, könnte zwar von einem "Healthy Worker Effect" herrühren, wonach Personen mit einer fortgeschrittenen pulmonalen Einschränkung nicht oder nicht mehr an Arbeits-plätzen mit hoher Anforderung an die körperliche Fitness tätig sind. Andererseits ist es aber auch denkbar, dass eine nicht genau zu be-ziffernde Anzahl Beschäftigter, die beispielsweise organisatorisch zur OE "AL" gehören, aber primär mit Verwaltungstätigkeiten betraut sind, ebenfalls zur OE "AL" zugeordnet wurden, obwohl sie nach den Fragestellungen dieser Untersuchungen zur OE "HV" zuzuordnen gewesen wären. Dies würde zu einer Überschätzung der COPD-Häufigkeiten in der Abteilung HV führen. Darüber hinaus greifen die bereits thematisierten Besonderheiten dieser Stichprobe, wie beispielsweise die Freiwilligkeit der Teilnahme und dass Angestellte einen flexibleren Zugang zu der Gesundheitsaktion haben als die gewerblich Beschäftigten, die in der Straßenreinigung und Müllabfuhr den ganzen Tag in ihren Reinigungs- bzw. Ladegebieten der Stadt tätig sind.

Schlussfolgerungen

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse gibt es keine eindeutigen Hinweise auf besondere betriebliche oder berufliche Belastungen oder eine Häufung von COPD-Erkrankten in Arbeitsbereichen mit inhalativen Staubexpositionen beim untersuchten Kollektiv. Es stehen wie in der Allgemeinbevölkerung eher individuelle Merkmale wie aktiver Rauchstatus, Geschlecht und Alter im Vordergrund. Diese Aussage wird durch die Häufung von aktiven Rauchern in der gesam-ten Stichprobe (42 %) und 92,7 % aktiven Rauchern in der COPD-Gruppe B und dem Anteil von 30,63 % Rauchern in der OE "HV" gestützt.

Der signifikante Zusammenhang zwischen Alter, Geschlecht (teil-weise) und Zugehörigkeit zu der jeweiligen COPD-Gruppe unterstreicht dennoch die Forderung nach einem frühzeitigen und syste-matisierten COPD-Screening. Elliehausen et al. forderten bereits 2007, dass Personen mit erhöhter Disposition häufigere Lungenfunktionsprüfungen empfohlen werden sollten als dies bisher in den Empfehlungen für die G-Sätze beschrieben ist (DGUV 2010). Durch systematisierte COPD-Screenings im Betrieb mithilfe eines Fragebogens und ggf. ergänzenden Spirometrien können Risikopersonen frühzeitig identifiziert und einer Therapie oder Präventionsmaßnahmen zugeführt werden. Unsere Untersuchung zeigt weiterhin, dass dazu problemlos unter Zuhilfenahme des vorgestellten Fragebogens auch Untersuchungs- und Beratungsanlässe in der arbeitsmedizinischen Praxis genutzt werden könnten, wie z. B. Untersuchungen nach Fahrerlaubnisverordnung, Vorsorgeuntersuchungen nach dem DGUV-Grundsatz G 20 "Lärm" oder auch arbeitsplatzbezogene Wunschuntersuchungen oder sonstige Beratungsanlässe.

Literatur

Abholz HH, Gillissen A, Magnussen H et al.: Nationale VersorgungsLeitlinie COPD Langfassung. 2012; Version 1.9.

American Thoracic Society and European Respiratory Society. Standards for the Diagnosis and Management of Patients with COPD; 2004. [pdf-Dokument online]. http://www.thoracic.org/clinical/copd-guidelines/resources/copddoc.pdf [letzter Zugriff: 10.07.2013].

Andreas S, Hering T, Mühlig S et al.: Tabakentwöhnung bei chronisch obstruk-tiver Lungenerkrankung. Eine effektive und sinnvolle medizinische Intervention. Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 276–282.

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Für die Verfasser

Dr. med. Stefanie Seele

Betriebsärztlicher Dienst Berliner Stadtreinigungsbetriebe BSR

Ringbahnstraße 96

12103 Berlin

stefanie.seele@BSR.de

Fußnoten

1 Betriebsärztlicher Dienst Berliner Stadtreinigungsbetriebe BSR

2 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Goethe-Universität, Frankfurt am Main (Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. David Groneberg)

3 Institut für Arbeitsmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin (komm. Leiterin: Prof. Dr. med. Adelheid Kuhlmey)