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Leserbrief

Zu: P. Frosch: „Hautschutz – Möglichkeiten und Grenzen“ (ASU 2013; 48: 754–759)

Der Artikel scheint eine aktuelle Zusammenfassung zu sein, ist inhaltlich jedoch an wichtigen Stellen nicht nachvollziehbar bzw. m. E. nicht mitzutragen. Die Ausführungen des Sachgebietes „Hautschutz“ im Fachbereich PSA der DGUV sollen dies exemplarisch anhand von drei Teilen des Artikels verdeutlichen.

Zum Abschnitt „Berufliche Einwirkungen“: Die Gleichsetzung von Arbeiten im feuchten Milieu mit dem Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen erinnert mehr an die TRGS 531 (1996) als an die zitierte nachfolgende TRGS 401 (2008) die dies relativiert,(„wenn keine Maßnahme zur Regeneration getroffen wurde“).

Es werden lediglich „die alten“ R-Sätze angesprochen, die H-Sätze nicht erwähnt, obwohl die CLP-Verordnung (classification, labelling and packaging) seit dem 20. Januar 2009 in Kraft ist. Die Frist für die Stoffeinstu-fung nach den neuen Regeln war der 1. Dezember 2010, selbst für Gemische endet die Übergangsfrist zum 1. Juni 2015.

Die völlig unterschiedliche Inzidenz irri-tativer Kontaktekzeme von Bäckern und Kon-ditoren sollte nicht in einen Topf geworfen werden.

Zum Abschnitt „Berufliche Hautmittel“: Der vorher geprägte zusammenfassende Begriff „Hautmittel“ diente dazu, Hautreinigungs-, Schutz- und Pflegemitteln im Sprachgebrauch des Arbeitsalltags „abkürzen“ zu können. Es besteht kein Anlass dabei, wie hier beschrieben, Reinigungsprodukte mit Reibe-körpern auszugrenzen. Dies gibt auch die im Artikel direkt im Anschluss angesprochene Leitlinie „Berufliche Hautmittel“ (vom Mai 2008) nicht her, abgesehen davon, dass diese Leitlinie bei Veröffentlichung des Artikels (seit Juni 2011) außer Kraft ist. Hautmittel unterliegen nicht mehr – wie im Artikel (und in der Leitlinie) angesprochen – der Kosmetik-Richtlinie der EU (76/768/EWG). Letztere wurde von der EG-Kosmetik-Verordnung er-setzt. (Amtsblatt der EU 1223/2009).

Zur Hautmitteltabelle: Zu Recht werden im Text Auslobungen wie „Universalhautschutz-mittel“ und „Schutz gegen organische Löse-mittel“ kritisiert. Die Aufteilung in der Tabelle in wassermischbare Arbeitsstoffe und nichtwassermischbare Arbeitsstoffe entsprechend den Werbeaussagen der Hersteller sind aller-dings kaum besser. Nicht umsonst wird im staatlichen Recht (TRGS 401, 6.4.4 Hautschutzmittel) darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber für die Auswahl konkrete Angaben zum Anwendungsgebiet der Produkte und Angaben zur nachgewiesenen Wirksam-keit braucht. Beim Beispiel „Lösungsmittel“ unter „nichtwassermischbaren Arbeitsstoffen“ kollidiert die Tabelle mit dem Text. Eine Auslobung „Schutz gegen Lösungsmittel“ sollte auf keinen Fall mehr unterstützt werden, auch nicht in einer Tabelle. An erster Stelle sind Hautschutzmittel unter dem Aspekt der Schutzwirkung auszuwählen. Das macht natürlich nur Sinn, wenn nicht – wie hier geschehen – zu umfassende Expositionsbegriffe zugrunde gelegt werden. In der Tabelle „wurden besonders Produkte aufgeführt, die frei von Duftstoffen und Konservierungsmitteln sind, die relativ häufig Kontaktsensibilisierungen auslösen (z. B. frei von Isothiazolinonen)“. Wenn man sich an Titel von Veröffentlichungen erinnert wie „Methylisothiazolinon, Ursache einer aktuel-len Kontaktallergie-Epidemie in Deutschland“(Allergologie, 12/2013), dann ist so etwas wohl keine allzu mutige Einschränkung. Die Tabelle beschränkt sich nicht auf Produkte, die alle frei von Duft- und Konser-vierungsstoffen sind. Eine wirkliche Übersicht nach so einem Kriterium wäre für den einen oder anderen vielleicht hilfreich gewesen. Bei den Reinigungsmitteln werden sogar nur Produkte von einem Hersteller in der Tabelle aufgeführt. In der Tabelle sind weder die Firmenbezeichnungen noch Produktnennungen durchgängig aktuell.

Es bleibt nur zu hoffen, dass der Leser der ASU nicht alle Teile des Artikels für „bare Münze nimmt.“

Dr. med. P. Kleesz Leiter des Sachgebietes Hautschutz (Fachbereich Persönliche Schutz-ausrüstungen der DGUV)

Stellungnahme des Autors

Der Chefredakteur der Zeitschrift ASU hatte mich gebeten, den aktuellen Stand zum o. g. Thema in möglichst knapper Form (ca. 4–6 Druckseiten) darzustellen. Dies erklärt in Teilen die komprimierte Abfassung (z. B. Tabelle 1).

Zu den angesprochenen Punkten nehme ich wie folgt Stellung:

Das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen über einen längeren Zeitraum ist ohne Zweifel ein Risikofaktor für Barriereschädigung und Entstehung einer irritativen Kontaktdermatitis. In der TRGS 401 (2008, zuletzt berichtigt GMBl 2011) wird das Tra-gen von Schutzhandschuhen mit Okklusionseffekt über mehr als 2 Stunden der Feuchtarbeit gleichgesetzt (Abschnitt 3.3.4, 3. Punkt). In Bezug auf die angesprochenen Maßnahmen zur Regeneration heißt es dort: „Zeiten der Arbeit im feuchten Milieu und Zeiten des Tragens von flüssigkeitsdichten Handschuhen sind zu addieren, wenn nicht wirksame Maßnahmen zur Regeneration der Haut getroffen worden sind.“ Diese Relativierung bedeutet also nicht, dass generell keine Gefährdung der Haut durch flüssigkeitsdichte Handschuhe entstehe. Hinzu kommt, dass „die Maßnahmen zur Regeneration der Haut“ nicht weiter spezifiziert werden und dafür wissenschaftlich nur eine schmale Basis besteht wie in der Publikation ausgeführt wird.

Die R-Sätze werden zunehmend durch die H-Sätze nach der CLP-Verordnung ersetzt, finden sich aber nach wie vor in aktuellen TRGS, Sicherheitsdatenblättern und anderen Informationsquellen zu Arbeits-stoffen.

Die irritative Kontaktdermatitis bei Kondi-toren ist mit 16,9/10000 Beschäftigten gering-fügig niedriger als bei Bäckern (23,5/10000) und dreimal höher als bei Köchen (Dickel et al., Br J Dermatol 2001; 145: 453–462). In einer aktuellen Studie der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe zur Proteinkontaktdermatitis war die Häufigkeit am höchsten bei Back- und Konditorwarenherstellern im Vergleich zu anderen Nahrungsmittelberei-chen. Die irritative Kontaktdermatitis wird wegen der ausgeprägten Barriereschädigung als Wegbereiter für die Proteinkontaktdermatitis angesehen (Mahler et al., Dermatol Beruf Umwelt 2013; 61: 97–104).

Berufliche Hautmittel: Die Gültigkeitsdauer der erwähnten Leitlinie ist zwar überschritten (wie bei etlichen anderen Leitlinien), die Kernaussagen sind nach wie vor gültig. In meinem Text werden Reinigungsmittel mit Reibekörpern nicht generell ausgegrenzt – es wird auf das zweifellos erhöhte Irritations-potenzial von Reinigungsprodukten mit ab-rasiven Partikeln hingewiesen. Die erhöhte kumulative Irritation eines reibemittelhalti-gen Reinigungsprodukts wurde kürzlich in einer Multicenter-Studie mit Modellschmutz und verschiedenen hautphysiologischen Pa-rametern belegt (Schliemann et al., Dermatol Beruf Umwelt 2014; 62: 3.34). Neue Produkte enthalten kleine Hartwachsperlen oder an-dere weniger irritierende Materialien. In Ta-belle 1 wird ein Produkt genannt, das feinkörniges Walnuss-Schalenmehl enthält.

Im Kommentar zur Tabelle 1 wird deutlich hervorgehoben, dass die Auslobungen der Hersteller teilweise nicht ausreichend experimentell belegt sind (Lösemittel, Kunst-harze u. a.); darauf wird auch in der Tabelle hingewiesen. Die Einsatzgebiete für die ver-schiedenen Produktkategorien wurden zusammengefasst nach Herstellerangaben. Es wäre sehr verdienstvoll, wenn der Fachbereich PSA der DGUV die Werbeaussagen der Hersteller kritisch anhand der vorliegen-den Daten überprüfen und die Verbreitung nicht ausreichend belegter Behauptungen verhindern würde.

Die Auswahl der in Tabelle 1 genannten Produkte erfolgte primär nach allergologi-schen Gesichtspunkten hinsichtlich der Si-cherheit bei Langzeitanwendung. Daher sind die immer noch auf dem Markt befindlichen Isothiazolinon-haltigen Produkte nicht aufgenommen worden. Nur duftstofffreie Produkte zu nennen, würde die Produktpalette sehr einengen und ist aus allergologischer Sicht auch nicht notwendig. Mehrere Hersteller bieten das gleiche Produkt mit und ohne Duftstoffe an – auch dies wurde in der Tabelle vermerkt. Im sehr dynamischen Markt der Hautmittel wechseln aus Marketinggründen die Produktnamen (und Hersteller) teilweise häufig. Dies erfolgte in der 2. Hälfte des Jahres 2013 bei einem führenden Hersteller (Stockhausen, jetzt Stoko® Professional Skincare Evonik Ind.). In dieser Zeit befand sich die im Mai 2013 eingereichte Publikation im Review-Verfahren und anschließend ohne Änderungswünsche im Druck. Die „alten Namen“ sind aber ohne Ausnahme im Internet verfügbar unter Hin-weisen auf Aktualisierungen. Wegen der von der Redaktion gebotenen Kürze konnte die – ohnehin schon sehr umfangreiche – Tabelle nicht noch mehr Produkte aufnehmen. Es war nicht meine Absicht, einen Hersteller zu bevorzugen und andere zu benachteiligen.

Das Thema Hautschutz wird wesentlich ausführlicher in einer noch in diesem Jahr er-scheinenden Monographie dargestellt.

Prof. Dr. med. P. Frosch, Dortmund

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