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Rezension

J. Stork, Ingolstadt

Die Arbeitsmedizin befasst sich in Wissen-schaft und Praxis zunehmend mit den psychosozialen Aspekten von Arbeit und Gesundheit. Vor dem Hintergrund der Komple-xität der Erkenntnisse hierzu – aber auch der hohen öffentlichen Aufmerksamkeit für die-ses Thema – ist seine Berücksichtigung in der Praxis des betrieblichen Gesundheitsmanagements ebenso schwierig wie unverzichtbar.

Das neue Praxisbuch „Psychosoziales Ge-sundheitsmanagement im Betrieb“ bietet jetzt sowohl Betriebsärzten als auch ihren Partnern im betrieblichen Gesundheitsmanagement hierzu ein solides Grundwissen und konkrete Empfehlungen für ihre Arbeit. Dem interdiszi-plinären Autorenteam um Wolfgang Schneider (Rostock) ist es gelungen, in seiner Darstellung die Perspektiven der Psychiatrie/Psychotherapie, der Arbeits- und Organisationspsycho-logie, der Psychosomatischen Medizin und der Arbeitsmedizin zu integrieren.

Der erste Teil des Buches – „Theorie des psychosozialen Gesundheitsmanagements“ – widmet sich zunächst den Rahmenbedingungen für die psychische Gesundheit von Beschäftigten und erläutert wichtige, wissenschaftlich gut belegte Modelle zum Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und psychischer Gesundheit. Im Unterschied z. B. zu physischen Belastungen oder physikalischen und chemischen Einwirkungen ist das „Belastungs-/Beanspruchungskonzept“ nur eingeschränkt auf die Beziehung zwischen Arbeitsbedingungen und psychischer Gesundheit anwendbar: Menschen sind eben auf psychischer Ebene keine simplen „Reiz – Reaktions – Maschinen“, sondern differenzierte Persönlichkeiten. Ihre Möglichkeiten, Grenzen und „individuellen Gefährdungen“ hängen u. a. von biologischen Voraussetzungen, frühkindlicher psychosozialer Entwicklung, sozialen und kognitiven Lernprozessen und sozialen Rahmenbedingungen ab. Aufgrund der unterschiedlichen Bedeutung des Begriffs „Belastung“ in der Umgangs- und der Fachsprache wird empfohlen, diesen in der betrieblichen Kommunikation zu vermeiden und mehr die Arbeitsanforderungen in den Mittelpunkt zu stellen. Überhaupt zeich-net dieses Buch und seine Autoren aus, dass immer wieder die Versuchungen trivialer Erklärungs- und Lösungsansätze kritisch reflektiert und einschlägige Fehlentwicklungen aufgezeigt werden, z. B. das Konstrukt „Burn-out“ und seine inflationäre Verwendung, die niedrige Schwelle für die Etablierung neuer Krankheitsdefinitionen und die Medikalisierung sozialer Prozesse.

Entsprechend differenziert ist das empfohlene Spektrum der „organisationsbezoge-nen Handlungsansätze des psychosozialen Gesundheitsmanagements“, wobei als Schwerpunkt Maßnahmen zur Stärkung organisationaler wie individueller Ressourcen“ – z. B. die arbeitsmedizinische Beratung von Führungskräften und Qualifizierungsmaß-nahmen zu Führung und Gesundheit dargestellt werden. Arbeitsmediziner/-innen werden ermutigt, sich auf dem Gebiet der psychoso-zialen Gesundheit zusätzlich zu qualifizieren, ihren Beitrag zum Schutz der psychischen Gesundheit von Beschäftigten professionell einzubringen und die Entwicklung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements mit breiter Ausrichtung und Beteiligung voranzutreiben.

Der zweite Teil des Buchs – „Arbeitsmaterialien“ – vermittelt in kompakter Darstellung relevantes Grundwissen über die Entstehung häufiger psychischer Erkrankun-gen und Störungen, ihre Diagnostik und wich-tige Therapieansätze. Auch hier fällt eine souveräne Darstellung auf, die sowohl psychoanalytische und psychodynamische, als auch verhaltenstherapeutische Methoden und ihre jeweiligen Stärken und Grenzen umfasst. Solch abgeklärte Methoden-Koexistenz bei differenzierter Indikation ist wohltuend.

Die Lektüre dieses wirklich im besten Sinne „notwendigen“ Buchs wird an Grundsatzfragen und Konzepten interessierte Arbeitsmediziner/-innen ebenso bereichern, wie umsetzungsorientierte „Gesundheitsmanager“. Durch seine verständliche, trotzdem präzise Darstellung verdient es auch das Interesse unserer Partner im betrieblichen Gesundheitsmanagement, z. B. von Mitgliedern des Managements und Betriebs-/Personalrats.

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