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Inhalationsallergien am Arbeitsplatz: Bedeutung, Diagnostik und Prävention

Inhalationsallergien am Arbeitsplatz: Bedeutung, Diagnostik und Prävention

Zahlreiche Substanzen am Arbeitsplatz sind in der Lage, als Inhalationsallergene zu wirken und können berufsbedingte Atemwegserkrankungen verursachen. Die zugrundeliegenden Pathomechanismen sind dabei noch nicht in jedem Fall eindeutig geklärt. Während einige Berufsallergene, wie zum Beispiel die Allergene aus Naturlatex und Weizenmehl systematisch erforscht wurden, sind atemwegssensibilisierende Wirkungen vieler anderer Arbeitsstoffe zum Teil nur als Einzelfälle dokumentiert. In dieser Übersicht werden berufliche Inhalationsallergene entsprechend ihrer Herkunft eingeordnet und nach ihrem Vorkommen in den verschiedenen Berufsfeldern und Anwendungsgebieten dargestellt. Neuere Aspekte in der Diagnostik von berufsbedingten allergischen Atemwegserkrankungen werden ebenso wie Methoden zur Expositionserfassung und der Prävention aufgezeigt.

Schlüsselwörter: berufliche Inhalationsallergene – Diagnostik – Expositionserfassung

Occupational aero-allergy: impact, diagnosis and prevention

Inhalation of diverse allergens at workplaces induces occupational airway diseases, but the patho-mechanism is not clear in each case. Few allergens were studied in detail and most of the occupational airway sensitizers were documented only as case reports. This review emphasises occupational aero-allergens according to their source (plant, animal, microbial and chemical) and workplace application. New aspects on the diagnosis, allergen exposure assessment and prevention are described.

Keywords: occupational aero-allergens – diagnosis – exposure assessment

M. Raulf

I. Sander

E. Zahradnik

V. Liebers

T. Brüning

(eingegangen am 18. 03. 2014, angenommen am 02. 04. 2014)

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2014; 49: 284–292

Einleitung

Allergien sind chronisch bzw. chronisch-rezidivierend, bringen erhebliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit mit sich und führen zu großen sozioökonomischen Belastungen (Ring et al. 2010). Beruf-lich bedingte Allergien gehören schon seit Jahren zu den häufigsten angezeigten Berufskrankheiten. In der Berufskrankheitenverordnung wird die Berufskrankheit (BK), die „durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkran-kungen (einschließlich Rhinopathie)“ umfasst, unter der Ziffer 4301 (BK 4301) eingeordnet. Sie zählt nach den Berufskrank-heiten „Haut“ (BK 5101), „Lärm“ (BK 2301), „Lendenwirbelsäule“ (BKen 2108, 2110), „Asbestose“ (BK 4103) und „Lungen- und Kehlkopfkrebs, Asbest“ (BK 4104) zu den am häufigsten gemeldeten Berufskrank-heiten (Dokumentation des Berufskrank-heiten-Geschehens in Deutschland, BK-DOK 2012). Weitere Berufskrankheiten, die ebenfalls durch das Einatmen von Antigenen verursacht werden können, sind die exogen-allergische Alveolitis (BK Nr. 4201) und die BK 1315 „Isocyanate“. Letztere umfasst alle Isocyanat-bedingten Berufskrankheiten mit Ausnahme von Hautaffektionen. 2012 wurden insgesamt 663 BK 4301-, 69 BK 1315- und 14 BK 4201-Verdachtsfälle bestätigt ( Abb. 1).

Als „atemwegssensibilisierend“ konnten mittlerweile mehr als 250 Arbeitsstoffe beschrieben werden (Raulf-Heimsoth et al. 2012; van Kampen et al. 2000). Die häufigsten Auslöser sind hochmolekulare Stoffe, in der Regel Proteine bzw. Glykoproteine, die in Mehl- und Getreidestäuben, Nutz- und Labortierstäuben, Milben, Futtermittel- und Waschenzymen, Schimmelpilzen, Naturlatex und Holzstäuben enthalten sind. Aber auch niedermolekulare Stoffe wie Iso-cyanate, Säureanhydride, Metalle, Ammoniumpersulfate sowie Dämpfe von Wasch-, Bleich- und Fixiermitteln im Friseurbereich, Desinfektionsmittel und Arzneistoffe können atemwegssensibilisierend wirken. Dem-zufolge wird der überwiegende Teil der BK-4301-Fälle aus den Bereichen Nahrungs- und Genussmittel, Gesundheitswesen, Landwirt-schaft mit Getreideanbau und Tierhaltung, Metall- und Holzverarbeitung, Handel und Verwaltung sowie der Abfall- und Müllverwertung gemeldet.

Es wird gegenwärtig davon ausgegangen, dass etwa 9–15 % der Asthmaerkrankungen bei Erwachsenen auf berufliche (Teil-)Ursachen zurückzuführen ist. Die aktuelle Statistik der Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK [Dokumentation des Berufskrankheiten-Geschehens in Deutschland, BK-DOK 2012]) zeigt, dass sich die Zahl der bestätigten BK-4301-Fälle im Zeitraum von 2010 bis 2012 zwischen 527 (2010) und 663 (2012) bewegt. Allergische Atemwegserkrankungen verursachen insbesondere aufgrund der bei Aufgabe der schädigenden Tätigkeit erforderlichen Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben hohe Kosten.

Die Schädigung des Bronchialsystems oder der oberen Atemwege hängt von den Eigenschaften des Stoffes, z. B. dessen Wasserlöslichkeit, aber auch der individuellen Reaktionsbereitschaft (Suszeptibilität) des Beschäftigten ab. Entscheidend sind aber auch die Konzentrationen des Stoffes (Intensität) und die Dauer der Exposition. Die Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen erfolgt durch Aerosole (Stäube, Nebel, Rauche) oder Gase (Technische Regeln für Gefahrstoffe, TRGS 2008/2011). Dabei weisen die meisten Allergene eine Tendenz auf, an kleine Staubpartikel (< 10 µm) zu binden, so dass sie leicht über die Luft übertragen werden. Diese kleinen Partikel sedimentieren kaum und können bei der Einatmung tief in die Atemwege gelangen.

Arbeitsplatzgrenzwerte für Gefahrstoffe berücksichtigen in der Regel nur die toxischen, nicht aber die sensibilisierenden Eigenschaften. Für biologische Arbeitsstoffe sind derzeit keine Grenzwerte aufgestellt (TRGS 2008/2011). Bisher gibt es auch keine eindeutigen Belege für Schwellenkonzentrationen von atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen, unterhalb derer entsprechende Überempfindlich-keitsreaktionen nicht verzeichnet werden können. Allerdings werden aktuell insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung eines allgemeinen Mehlstaubgrenzwertes Dosis-Wirkungs-Beziehungen zwischen der Mehlstaubexposition bzw. Weizenallergen-belastung mit der Sensibilisierungshäufigkeit diskutiert.

Veränderungen in Arbeitsprozessen, Einführung neuer Technologien und anderer Arbeitsstoffe können darüber hinaus zu immer neuen Allergenbelastungen und damit auch zu weiteren Sensibilisierungen führen (Quirce et al. 2011).

Neben der systematischen Erforschung einzelner Berufsallergene wie z. B. den Allergenen aus Naturlatex und Weizenmehl, werden atemwegssensibilisierende Wirkungen von zahlreichen Arbeitsstoffen nur als Einzelfallberichte dokumentiert. Dementsprechend liegen nur wenige Diagnostika in standardisierter Form vor. Handlungsbedarf bei allergischen Berufserkrankungen besteht daher nicht nur im Bereich der Primärprävention, sondern auch im Bereich der Diagnostik und Behandlung. Die Basis stellen dabei fundierte Erkenntnisse über die allergenen Stoffeigenschaften, sowie über individuelle und berufliche Risikofaktoren dar.

Beispiele für berufliche Allergenquellen

Für die Berufskrankheit „Bäckerasthma“ sind Mehle aus Weizen (Triticum aestivum) und Roggen (Secale cereale) die dominanten Allergenquellen (Houba et al. 1998). Bis zu 100 verschiedene IgE-bindende Proteine konnten mit Hilfe von hochauflösender zweidimensionaler Gelelektrophorese und anschließendem Immunoblot in der wasser-/salzlöslichen Weizenfraktion detektiert werden (Sander et al. 2001). Sowohl die Anzahl als auch die Häufigkeit, mit der einzelne Proteinspots von IgE-Antikörpern aus Seren symptomatischer Bäcker im Immunoblot erkannt werden, ist heterogen und individuell verschieden (Sander et al. 2001). Mittlerweile sind 20 Weizenproteine als Allergene in der Liste der IUIS Allergen Nomenclature ( https://www.allergen.org/; Tri a 12 bis Tri a 37) aufgeführt. Ein individuelles Sensibilisierungsprofil konnte mittels Seren deutscher Bäcker durch den Einsatz 17 rekombinanter Weizeneinzelallergene bestimmt werden. Ein Hauptallergen (mehr als 50 % der Seren müssten spezifisches IgE gegen dieses Allergen aufweisen) ließ sich mit dieser Methodik nicht identifizieren (Sander et al. 2011). Klar ist allerdings, dass bei asthmatischen Bäckern, die ihre Sensibilisierung nach inhalativer Exposition entwickelten, andere Allergene von Bedeutung sind als bei Personen mit einer weizeninduzierten Nahrungsmittelunverträglichkeit. Es besteht eine weitreichende Kreuzreaktivität zwischen den Antigenen im Weizen- und Roggenmehl sowie anderen Getreidearten (Gerste, Hafer).

Auch sog. Backmittelenzyme, die zur Verbesserung der Teigverarbeitungseigenschaften, Volumenausbeute, Bräunung und Frischhaltung der Backwaren eingesetzt werden, können sensibilisierend wirken [Übersicht s. Green et al. 2011]. Die meisten Enzyme mit beruflicher Relevanz stammen aus Aspergillus und umfassen -Amylase, Xylanasen und Cellulasen. Das am häufigsten beschriebene Backmittelenzym war seit den 80er Jahren die -Amylase aus Aspergillus oryzae, mit einer Sensibilisierungsprävalenz je nach untersuchtem Kollektiv und Testverfahren zwischen 24 und 40 %. Da -Amylase in der Regel als reine Substanz eingesetzt wird, konnte sie in einigen Studien als Modellsubstanz unter anderem für die Klärung der Dosis-Wirkungs-Beziehung von hochmolekularen sensibilisierenden Arbeitsstoffen genutzt werden (Green et al. 2011).

Mit der Einführung neuer, zum Teil alternativer Rohstoffe und der Erweiterung der Backwarenpalette kam es in den letzten Jahren jedoch auch zur Vergrößerung des Allergenspektrums für exponierte Bäcker (Übersicht Raulf-Heimsoth et al. 2012). Wie Fallberichte zeigen, können Amaranth, Buchweizen sowie auch Lupinen- (Cartier 2010) und Sojamehle (Quirce et al. 2000) bei entsprechender Exposition als Allergene im Bereich der Teig- und Backwarenherstellung wirken. Während bei einer beruflichen Sojamehl-Sensibilisierung bei Bäckern Allergene mit höherem Molekulargewicht (Quirce et al. 2000) relevant sind, konnte als epidemischer Asthmaauslöser in sojahaltigem Staub (bei Anwohnern des Hafens von Barcelona nach entsprechenden Umschlagarbeiten) ein aus der Sojahülle stammendes Glykoprotein mit einem Molekulargewicht < 14,4 kDa als Majorallergen identifiziert werden.

IgE-vermittelte allergische Atemwegskrankheiten durch Holzstäube sind selten (Kespohl et al. 2010) und werden häufig als Einzelbeobachtungen und ohne genaue botanische Angabe der Holzart beschrieben. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand sind die Hölzer Rotzeder, Abachi, Limba und Eiche eindeutig als atemwegssensibilisierend einzustufen (TRGS 2008/2011). Als beruflich relevantes Allergen wurde bislang die Klasse-I-Chitinase aus dem tropischen Abachiholz (Triplochiton scleroxylon Trip s 1) identifiziert (Kespohl et al. 2005). Im Vergleich zu anderen Hölzern hat Abachiholz einen sehr hohen Proteingehalt, der das Holz als effektiven Atemwegssensibilisator für Typ-I-Reaktionen prädestiniert. Auch für das Holz der Robinie (Robinia pseudoacacia), das beispielsweise als Substituent für Teakholz im Außenbereich häufig Verwendung findet, wurde nach beruflicher Exposition eine IgE-vermittelte Sensibilisierung mit klinischer Relevanz beschrieben. Die IgE-bindenden Proteine wurden als 27 und 47 kDa große Moleküle beschrieben (Kespohl et al. 2006). Des Weiteren gelang in letzter Zeit die Aufklärung einer beruflich bedingten Nadelholzallergie einschließlich Spezifizierung und Identifizierung der ursächlichen Nadelholzallergene (Kespohl et al. 2012).

Eine relativ kleine Berufsgruppe, die bislang selten in epidemiologischen Studien berücksichtigt wurde, sind Gärtner, Obstbauern sowie Gewächshausarbeiter (Übersicht s. Raulf-Heimsoth et al. 2012). Da jedoch in den Niederlanden Nutz- und Zierpflanzenzüchtungen vielfach unter intensiven Bedingungen durchgeführt werden, liegen inzwischen auch Querschnittsuntersuchungen an exponierten Beschäftigten vor. Gewächshausarbeiter, die sich um Aufzucht und Ernte von blühenden Blumen sowie Obst und Gemüse kümmern, können betroffen sein (Gerth van Wijk et al. 2011). Dabei stehen Pollen von insektenbestäubten Blumen und Nutzpflanzen (u. a. Blumenkohl- und Brokkolipollen, Tomaten- und Pap-rikapollen) als Allergenquelle im Vordergrund. Mais, eine windbestäubte Pflanzenart mit nur geringer Sensibilisierungsrate in der Allgemeinbevölkerung, führte bei Laborpersonal, das eine manuelle Bestäubung von Maisblüten in Gewächshäusern durchführte, zu einer hohen Sensibilisierungsrate (Oldenburg et al. 2011). Bei der Produktion von Tabletten in der pharmazeutischen Industrie konnte der Fall einer Maisstärke-Sensibilisierung bei einer Auszubildenden aufgeklärt werden, so dass die Autoren (Maniu et al. 2010) Maisstärke als potenzielles Berufsallergen ausweisen. Ebenfalls bei der Tablettenherstellung kam es in einem anderen Fall zu einer Allergie gegen Gummi-arabicum-Staub, die mittels Hauttest, IgE-Test und bronchialem Provokationstest belegt werden konnte (Sander et al. 2006).

Cartier (2010) stellte eine umfangreiche Liste von unterschiedlichen Nahrungsmittelkomponenten und Zusatzstoffen (von Anissamen bis Zimtpulver) zusammen, für die in Einzelfällen bei entsprechender beruflicher Exposition ein allergisches Asthma beschrieben wurde.

Zu den wichtigen beruflichen und gut erforschten Allergenen gehören die Proteine aus dem Milchsaft des Gummibaums Hevea brasiliensis. Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts waren ca. 10 % der Beschäftigten im Gesundheitswesen von einer Latexallergie betroffen, die in überwiegenden Fällen durch gepuderte Latexhandschuhe verursacht war (Raulf-Heimsoth et al. 2004). Mittlerweile konnten 14 Latexeinzelallergene (Hev b 1–14) in die Allergendaten-bank ( https://www.allergen.org/ ) aufgenommen und deutliche Verbesserungen in der Diagnostik der Latexallergie bewirkt werden (Raulf-Heimsoth et al. 2007; Raulf-Heimsoth u. Rihs 2011).

Proteine, enthalten in Haaren, Urin, Speichel und Hautschuppen von Nutz-, Haus- und Labortieren, können zu allergischen Atemwegskrankheiten führen (Übersicht s. Zahradnik u. Raulf 2014). Bei der Labortierallergie handelt es sich um ein weltweit verbreitetes berufliches Gesundheitsproblem. Zu den betroffenen Berufsgruppen gehören vor allem Beschäftigte der Forschungslaboratorien der pharmazeutischen Industrie und Universitäten, aber auch Tierhändler und Veterinäre, die beruflichen Umgang mit Mäusen (Mus musculus), Ratten (Rattus norvegicus) und anderen (Klein-)Tieren (seltener Meerschweinchen, Hamster, Kaninchen, Katzen und Hunde) haben. Man geht davon aus, dass ungefähr ein Drittel der exponierten Personen Symptome einer Labortierallergie entwickelt (Angaben zwischen 11–44 %). Die häufigsten Symptome sind Rhinitis und Konjunktivitis, seltener Kontakturtikaria. Bei ca. 10 % der Fälle tritt Asthma bronchiale auf.

Die als Auslöser für die Labortierallergie entdeckten Major-allergene aus dem Ratten- bzw. und Mäuseurin (Rat n 1 [17 kDa] und Mus m 1 [19 kDa]) gehören zur Proteingruppe der Lipocaline und sind für den Transport von hydrophoben Liganden, wie z. B. Pheromonen verantwortlich.

Gefährdet durch den Umgang mit Nutztieren wie Rindern, Pferden, Schweinen, Schafen und Ziegen sind insbesondere Landwirte, Tierärzte und Tierpfleger. Majorallergene, ebenfalls Lipocaline, wurden bisher aber nur bei Rindern (Bos d 2) und Pferden (Equ c 1) identifiziert.

Auch Milben zählen zu den häufigsten Auslösern von allergischen Erkrankungen insbesondere in Innenräumen. Untersuchungen im landwirtschaftlichen Bereich zeigten, dass vor allem Milben der Familien Glycyphagidae und Acaridae häufiger zu Sensibilisierungen und allergischen Beschwerden führen (Franz et al. 1995). Entsprechend ihrem Vorkommen bei der Lagerung von Nahrungsmitteln, Getreide, Heu und Stroh, werden diese Milben als Vorratsmilben (VRM) bezeichnet. Zu den VRM gehören Arten wie Acarus siro, Lepidoglyphus destructor, Tyrophagus longior, T. palmarum, T. putrescentiae, Glycyphagus domesticus, Blomia tjibodas und andere. Berufsbedingte Sensibilisierungen gegenüber VRM betreffen Landwirte, Beschäftigte in Mühlen und im Getreidehandel und auch in Bäckereien (Blainey et al. 1989; Müsken 2004). Auch wenn eine partielle Kreuzreaktivität zwischen Hausstaubmilben (HSM) und VRM besteht und eine HSM-Sensibilisierung in den meisten Fällen als schicksalhaft gilt, so kann die VRM-Sensibilisierung auf eine über das ubiquitäre Maß hinausgehende VRM-Exposition zurückgeführt werden. Da neben VRM auch HSM berufliche Sensibilisierungen auslösen können, wurden HSM erstmalig in der Neufassung der TRGS 907 (TRGS 2008/2011) aufgenommen.

Verunreinigungen durch Kornkäfer (Sitophilus granarius), Reismehlkäfer (Tribolium confusum), Mehlmotten (Ephestia kuehniella) (Mäkinen-Kiljunen et al. 2001) und Küchenschaben (Blatella germanica) können neben Vorratsmilben auch als Allergene im Backgewerbe und bei der Lagerung von Getreide bzw. Mehlen auftreten und Sensibilisierungen verursachen.

Ebenfalls in die Neufassung der TRGS 907 als Allergenquelle wurden Fische, Schalen- und Krustentiere aufgenommen. Zu den exponierten Berufsgruppen gehören nicht nur Fischer und Züchter, sondern auch Verkäufer, Lagerarbeiter, Transporteure, Beschäftigte in der Fischverarbeitung, Gastronomiepersonal (Köche, Kellner) sowie teilweise auch Wissenschaftler und Laborangestellte. Darüber hinaus können auch Muschelschleifer und Juweliere betroffen sein (Jeebhay et al. 2010).

Die strukturell, immunologisch und klinisch sehr genau untersuchten Hämoglobine der Zuckmückenlarven (Chironomus thummi) sind als potente inhalative Berufsallergene bekannt (Liebers et al. 1993). Da sie als Trockenfutter in der Fischzucht in Deutschland häufig verwendet werden, sind Fischfutterfabrikarbeiter, Zoohändler und (Hobby-)Aquarianer exponiert und können von Sensibilisierungen betroffen sein.

Luftgetragene Schimmelpilze und ihre Sporen spielen auch durch ihr sensibilisierendes Potenzial hinsichtlich gesundheitlicher Risiken eine Rolle. An Arbeitsplätzen, an denen gemäß § 2 der BioStoffVerordnung „nicht gezielte Arbeiten“ mit biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt werden, können eine Vielzahl von biologischen Agenzien, unter anderem auch Schimmelpilze, mit potenziell adversen Wirkungen vorkommen. Zu den Arbeitsplätzen mit derartiger Belastung gehören unter anderem Landwirtschaft und Gartenbau, Abfallentsorgung (Müllverwertung und -sortierung, Kompostierung), Abwasserwirtschaft (Hantieren mit Klärschlamm), Recycling, Nahrungsmittelherstellung und -verarbeitung, Verarbeitung von Naturfasern (pflanzlichen und tierischen Ursprungs), Getreidelagerung, Baugewerbe (unter anderem Bauschädensanierung, Feuchtraumsanierung), Holz- und Papierverarbeitung, Metallverarbeitung (unter anderem Kühlschmierstoffanwendung), Archive, Bibliotheken und gegebenenfalls auch Büroarbeitsplätze mit raumlufttechnischen Anlagen (Übersicht s. Raulf-Heimsoth et al. 2010b). Während in größeren Querschnittsstudien an Arbeitsplätzen eher selten eindeutige Typ-I-Sensibilisierungen gegen Schimmelpilze beschrieben werden, findet man immer wieder Kasuistiken zu IgE-vermittelten Allergien durch arbeitsbedingte Schimmelpilzexposition (u. a. Merget et al. 2008).

Etwa 140 niedermolekulare Substanzen, die Asthma verursachen können, sind beschrieben (de Vooght et al. 2010). In einigen Fällen kann – wie beim Asthma durch hochmolekulare Stoffe – spezifisches IgE induziert werden. Isocyanate zählen weltweit zu den häufigsten Ursachen des berufsbedingten Asthma bronchiale und anderer Atemwegserkrankungen, wobei nicht immer ein allergischer bzw. immunologischer Pathomechanismus nachweisbar ist. In Deutschland werden unter der BK-Nummer 1315 alle Isocyanat-bedingten Berufskrankheiten mit Ausnahme der Hautaffektionen zusammengefasst. Industriell besonders relevante Isocyanate sind das Monoisocyanat Methyl-Isocyanat (MIC) und die Diisocyanate Hexamethylendiisocyanate (HDI), Toluylendiisocyanate (TDI) und Diphenylmethan-4,4‘-diisocyanate (MDI). Im Vordergrund der Nutzung stehen Oligomere und Präpolymere dieser Verbin-dungen.

Gegenwärtig finden diese Chemikalien an vielen Arbeitsplätzen, u. a. für die Polyurethanschaum- und Elastomerproduktion, für die Herstellung und den Gebrauch von Lacken, Überzugmaterialien, Schaum- und Klebstoffen, Verwendung. Säureanhydride stellen Modellsubstanzen für ein allergisches Berufsasthma durch niedermolekulare Substanzen dar, da hier im Gegensatz zu den Isocyanaten und anderen Chemikalien ein Sensibilisierungsnachweis bei einem hohen Prozentsatz symptomatisch Exponierter gelingt (Übersicht s. de Vooght et al. 2010). Wichtige Säureanhydride sind Phthalsäureanhydrid (PA), Trimellitsäureanhydrid (TMA) und Tetrachlorphthalsäureanhydrid (TPA), jedoch ist die Vielzahl verwendeter Substanzen kaum überschaubar. Säureanhydride sind in vielen Alkyl- und Epoxidharzfarben bzw. Kunststoffen enthalten. Weitere niedermolekulare Substanzen sind unter anderem sekundäre Pflanzenstoffe wie Plikatsäure (aus der Rotzeder) oder Kolophonium, Metalle, wie Platinsalze (Übersicht s. Merget et al. 2012), Persulfate, Aldehyde und Acrylate.

Aspekte in der Diagnostik von berufsbedingten allergischen Atemwegserkrankungen

Bei berufsbedingten allergischen Erkrankungen vom Soforttyp kommt der Differenzialdiagnostik, die aus den vier Schritten Anamnese, Hauttest, In-vitro-Diagnostik und Provokationstest bestehen sollte, eine zentrale Bedeutung zu. Es gilt im Einzelfall, die Beschwerden einem klinischen Krankheitsbild zuzuordnen und den ursächlichen Allergieauslöser (das Allergen) zu ermitteln. Letzterem kommt eine besondere Bedeutung zu, da häufig bereits durch eine Karenz die allergischen Symptome wirksam behandelt werden können (Raulf-Heimsoth 2010a).

Die Diagnostik berufsbedingter allergischer Erkrankungen ist häufig schwierig, da die auslösenden Stoffe sehr unterschiedlich und ihre Wirkungen nicht immer eindeutig geklärt sind (Raulf-Heimsoth 2010a).

Die Basis der Allergiediagnostik ist die sorgfältige ärztliche Anamnese. Sie dient zur Ermittlung von Verdachtsdiagnosen und der Sichtung und Eingrenzung der in Betracht kommenden Allergieauslöser, so dass sich in der Regel die Wahl der weiteren Testungen ergibt. Auch für die krankheitsrelevante Interpretation der durch Hautteste oder In-vitro-Diagnostik erhobenen Befunde sind die anamnestischen Daten von enormer Bedeutung, da falsch-positive Testbefunde bei fehlerhafter Einschätzung erhebliche, ungerechtfertigte Konsequenzen und Folgekosten verursachen können.

Die Bestimmung von spezifischen IgE-Antikörpern im Serum und die Hauttestung sind in der Allergiediagnostik grundsätzlich als gleichwertig zu betrachten (Renz et al. 2010), allerdings ist häufig der Pricktest jedoch zunächst die Methode der Wahl, da die Ergebnisse schnell verfügbar sind und der Test kostengünstig ist. Zu beachten ist, dass eine positive Hauttestreaktion nicht unbedingt mit dem Nachweis spezifischer IgE-Antikörper (bzw. vice versa) korreliert. Sowohl Hauttest als auch spezifische IgE-Bestimmung zeigen nur eine Sensibilisierung an und der kausale Zusammenhang zwischen Exposition und Beschwerden kann in der Regel nur durch einen Provokationstest abgeleitet werden. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass bei stärkeren Sensibilisierungen eine erhöhte allergenspezifische IgE-Konzentration bzw. ein deutlich positives Hauttestergebnis die Diagnose auch ohne Provokationstests wahrscheinlich macht (van Kampen et al. 2008).

Bei der Hauttestung beeinflusst die Qualität der verwendeten Allergenextrakte entscheidend das Testergebnis (van Kampen et al. 2013a), wie auch in einem Positionspapier der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) zusammengefasst wurde (van Kampen et al. 2013b). Die Untersuchungen zeigen, dass Hauttestlösungen mit höherem Proteingehalt in der Regel auch eine höhere Sensitivität und Testeffizienz aufweisen. Ein hoher Proteingehalt ist jedoch nicht immer ein Zeichen eines hohen Allergengehalts, da einige Hersteller u. a. zur Verbesserung der Stabilität von Hauttestlösungen Proteine (z. B. Humanserumalbumin) zusetzen, die keine allergene Bedeutung haben. Für einige Berufsallergene (Weizen- und Roggenmehle) zeigte sich, dass zur Steigerung der Testsensitivität auch kleine Quaddeln berücksichtigt werden sollten, ggf. ist dabei eine Wiederholung der Untersuchung erforderlich und eine Bestätigung mittels In-vitro-Testdiagnostik erforderlich. Empfohlen wird in unklaren Fällen die Verwendung von Hauttestextrakten der gleichen Allergenquelle unterschiedlicher Hersteller. Bei schwach sensibilisierten Personen sind Mehrfach-, mindestens jedoch Doppelbestimmungenen sinnvoll. Die Forderung nach Optimierung und Standardisierung der Hauttestlösungen für Berufsallergene bleibt ebenso bestehen wie die Erhaltung der Palette der zur Verfügung stehenden Produkte.

Die Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern im Serum ist zweifellos die wichtigste und praxistauglichste In-vitro-Untersuchung (Renz 2010). In der Regel ist der sIgE-Nachweis zielführend, allerdings können bei unklaren diagnostischen Vorbefunden weitere In-vitro-Verfahren die Diagnostik ergänzen. Hierzu gehören zelluläre Testsysteme, die auf der allergenspezifischen Basophilenaktivierung beruhen (z. B. FlowCAST oder CAST) ( Abb. 2). Wichtige Hilfsmittel der modernen Allergiediagnostik sind mit wachsender Bedeutung rekombinant hergestellte Allergene, die auch für die Standardisierung von Berufsallergenen hilfreich sein können. So konnte die In-vitro-Diagnostik der Naturlatexallergie durch die Zugabe des rekombinant hergestellten Hauptallergens rHev b 5 zum natürlichen Latexallergenextrakt deutlich verbessert werden (Übersicht Raulf-Heimsoth u. Rihs 2011]. Untersuchungen zur komponentenaufgelösten Diagnostik und der Verwendung von rekombinanten Weizenmehl- und Graspollenallergenen eröffnen neue Wege für eine diagnostische Unterscheidung von Patienten mit Bäckerasthma (Sander et al. 2011), weizeninduzierter Nahrungsmittelallergie und Graspollenallergie. Da Berufsallergene, insbesondere diejenigen pflanzlichen Ursprungs (z. B. Naturlatex, Hölzer [Kespohl et al. 2010]), kreuzreaktive Kohlenhydrat-determinanten (sog. „cross-reactive carbohydrate determinants“, CCD) besitzen können, kann die Spezifität der In-vitro-Diagnostik nachteilig beeinflusst werden. Diese auf CCD basierenden Kreuzreaktivitäten sollten unbedingt durch die Verwendung von entsprechenden CCD-Screening-Tools (z. B. Meerrettichperoxidase, Bromelain, Ascorbatoxidase) Beachtung finden. Darüber hinaus kann eine Inhibitionstestung mit dem verwendeten CCD-Screening-Allergen die Testspezifität deutlich verbessern (Jappe u. Raulf-Heimsoth 2008). Ein spezieller Diagnosealgorithmus unter Berücksichtigung der CCD-Komponenten wurde für die Naturlatexallergie entwickelt ( Abb. 3). Auch können hier rekombinante Einzel-allergene, die in der Regel nicht glykosyliert sind und daher nur proteinogene Epitope enthalten, die Spezifität verbessern.

Für die Diagnostik berufsbedingter allergischer Erkrankungen ist es daher häufig erforderlich, mehrere Verfahren und Tools zu kombinieren und in Einzelfällen auch arbeitsplatzrelevantes Material als Allergen-quelle zu untersuchen, aufzubereiten und geeignetes Testmaterial für die In-vitro-Tes-tung zur etablieren.

Ein sorgfältig durchgeführter spezifischer inhalativer Expositionstest (arbeitsplatzbezogener Inhalationstest, AIT) gilt als Goldstandard-Verfahren für viele Auslöser des Berufsasthmas (DGAUM 2010). Expositionstests können sowohl am Arbeitsplatz als auch im Labor als kontrollierte Simulation der Arbeitsbedingungen erfolgen. Ein negatives Ergebnis des spezifischen inhalativen Provokationstests oder einer Exposition am Arbeitsplatz reicht allerdings nicht aus, die Diagnose arbeitsbedingtes Asthma – eine anderweitig gute Evidenz vorausgesetzt – auszuschließen. Zusätzlich gewinnt der Einsatz von nichtinvasiven Methoden wie die Gewinnung und Analyse von induziertem Sputum und Atemkondensat oder auch exhaliertem Stickstoffmonoxid (eNO) für die Diagnostik berufs-bedingter Atemwegsallergien an Bedeutung (Quirce et al. 2009; Raulf-Heimsoth et al. 2013). Eine Zunahme der Sputum-Eosinophilen um mehr als 3 % nach einem spezifischen Provokationstest kann die Beurteilung des Testes im Sinne eines positiven Ergebnisses stützen, wenn die FEV1-Abnahme weniger als 20 % beträgt (Quirce et al. 2009). In der Reichenhaller Empfehlung werden neben den traditionellen auch die nichtinvasiven Messmethoden beschrieben und für die Diagnostik im BK-Verfahren autorisiert (DGUV 2012). Zusätzlich zum eNO und den eosinophilen Granulozyten im induzierten Sputum handelt sich es dabei um die serielle Metha-cholintestung.

Allergenspezifisches IgG spielt keine Rolle in der Pathogenese allergischer Typ-I-Reaktionen, da die Bildung von IgG-Antikörpern eine physiologische Antwort des Immunsystems auf eine Fremdstoffexposition darstellt und wird daher zur Diagnostik nicht empfohlen (Renz et al. 2010). Der Nachweis von antigenspezifischen IgG-Antikörpern stellt einen Baustein in der Diagnostik einer exogen-allergischen Alveolitis (EAA) dar, allerdings ist er nur eines von sechs Kriterien, die von der Arbeitsgemeinschaft „Exogen-Allergische Alveolitis der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP)“ und der „Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI)“ im Kriterienkatalog zur Diagnose einer EAA gefordert wird (Sennekamp et al. 2007). Einheitliche Beurteilungskriterien wie z. B. Cut-off-Werte für die einzelnen Antigene fehlen bislang.

Allergenexpositionsbestimmung am Arbeitsplatz

Um den Zusammenhang zwischen der Exposition und den berufsbezogenen allergischen Erkrankungen zu klären bzw. um geeignete Maßnahmen zur Reduktion oder Vermeidung der Allergenbelastung einzuführen und diese auch zu überwachen, besteht die Notwendigkeit, die Allergenbelastung messtechnisch zu erfassen. Für die Abschätzung der Expositionsintensität werden in der Literatur unterschiedliche Vorgehensweisen beschrieben. Als Surrogat für eine Expositionsmessung am Arbeitsplatz werden u. a. Schätzungen der Expositionsjahre, Berufsbezeichnungen mit Tätigkeitsprofil und Vergleichsmessungen von ähnlichen Arbeitsplätzen verwendet. Auch gravimetrische Staubmessungen wurden zur Expositionsabschätzung herangezogen, obwohl diese in den meisten Fällen nicht als Ersatz für die Allergenexposition dienen können. Die alleinige Staubbestimmung für eine Allergenexpositionsabschätzung kann zu falschen Befunden führen. Niederländische Untersuchungen in Bäckereien zeigten, dass es bei gleicher Staubexposition zu auffälligen Unterschieden in der Weizenmehlantigenkonzentration an den untersuchten Arbeitsplätzen kommen kann (Houba et al. 1996).

Verfahren zur Bestimmung der Allergenbelastung bestehen aus der Staubprobensammlung am Arbeitsplatz, der Elution des Materials und der danach folgenden Allergenanalyse im Labor. Insbesondere die Sammlung von inhalierbarem Staub mit Hilfe von personengetragenen Pumpen gilt als der „Goldstandard“ für die Expositionsbetrachtung an Arbeitsplätzen, da sie Auskunft über die individuelle Allergenexposition gibt. Für große Studien mit einer Vielzahl von Expositionsuntersuchungen können auch die wesentlich preiswerteren und einfacheren Methoden zur Abschätzung von Allergenbelastungen mittels sedimentiertem Staub z. B. mit Hilfe offener Petrischalen oder mit elektrostatischen Staubtüchern (EDC; Electrostatic dust fall collector; Zahradnik et al. 2011) verwendet werden. Bei Studien im häuslichen Umfeld werden auch Staubreservoir-Sammlungen mittels Staubsauger ein-gesetzt.

Die eigentliche Analyse des Allergenmaterials erfolgt i. Allg. mit Hilfe von sensitiven und spezifischen immunologischen Nachweisverfahren. Dabei werden Antikörper eingesetzt, die direkt gegen das Allergen gerichtet sind.

Multizentrische Projekte wie das MOCALEX-Projekt (u. a. Bogdanovic et al. 2006; Sander et al. 2007) konnten dazu beigetragen, dass sowohl für die Staubsammelverfahren als auch für die Staubextraktion und die nachfolgende Analyse Standardprotokolle erarbeitet und erprobt wurden, die zu einer Vereinheitlichung der Messung und damit zu einer Vergleichbarkeit der Messwerte führen können. Eine Task Force der EAACI hat ein Positionspapier erstellt, in dem die wichtigsten Eckpunkte zur Expositionserfassung sowohl in der Umwelt als auch am Arbeitsplatz zusammengefasst und bewertet werden.

Prävention

Es wird deutlich, dass eine Vielzahl verschiedenster Arbeitsstoffe, Einzelsubstanzen, aber auch Stoffgemische, als potenzielle Auslöser einer beruflichen Atemwegsallergie in Frage kommt (DGUV 2012; Raulf-Heimsoth et al. 2012). Doch unabhängig davon, wie natürlich und harmlos ein Stoff erscheint – die berufliche Tätigkeit mit ihm muss so geregelt sein, dass die Gefahr einer Sensibilisierung vermieden oder auf ein Minimum reduziert wird. Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz sind auf der Grundlage der staatlichen Regelungen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und Belastungen mit allergisierendem Risiko systematisch zu beurteilen (TRGS 2008/2011).

An erster Stelle steht die Ermittlung der Gefährdung und ihre Bewertung, ob und welche Risiken von Arbeitsstoffen ausgehen, und ob weitere Maßnahmen (z. B. Ersatzprodukte, technische und organisatorische Maßnahmen) zur Verminderung eines Risikos erforderlich sind.

Durch die Gefährdungsanalyse kann sichergestellt werden, dass Gefährdungen, Risiken und unnötige Belastungen frühzeitig erkannt und Maßnahmen eingeleitet werden, um die Entstehung von allergischen Atemwegserkrankungen zu verhindern. Berücksichtigt werden muss auch, dass fortbestehende Exposition bei bereits bestehender Symptomatik ein Risiko darstellt. Ebenso zeigen Metaanalysen, dass Expositionskarenz in vielen Fällen der Expositionsreduktion überlegen ist (Vandenplas et al. 2011).

Dass die Einleitung von Präventionsmaßnahmen sich auch als Erfolg in statistischen Daten zur Zahl der Fälle und der Entschädigungsleistungen niederschlägt, dokumentiert das Beispiel der Latexallergie. Die Erkenntnisse über die Bedeutung des Puders als Überträger von Latexallergenen führten zur erfolgreichen Einführung von puderfreien Handschuhen und damit zur Expositionsvermeidung. Bereits ab 1999 war ein Absinken der Verdachtsanzeigen auf latexbedingte Berufserkrankungen mit positivem Trend zu verzeichnen. Auch das Screening in Hochrisikobereichen und branchenspezifische Programme (z. B. modulare Präventionsprogramm „Bäckerasthma“ der BGN; Hölzel et al. 2009), Empfehlungen und Handlungsanweisungen sollten genutzt bzw. umgesetzt werden, um berufliche Atemwegserkrankungen zu vermeiden bzw. – falls bereits Erkrankungen vorliegen – ein optimales Management zu erreichen.

Handlungsbedarf bei allergischen Berufserkrankungen besteht daher nicht nur im Bereich der Primärprävention, sondern auch im Bereich der Diagnostik und Behandlung. Die Basis dafür stellen fundierte Erkenntnisse über die allergenen Stoffeigenschaften und über individuelle und berufliche Risikofaktoren dar. Insgesamt müssen sich Grundlagenforschung, Regulation und Arbeitsschutz zukünftig noch starker vernetzen, um die Herausforderungen der Volkskrankheit „Allergie“ zu lösen.

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Interessenskonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenskonflikt vorliegt.

Anmerkung: Eine Publikation der Autoren zum vergleichbaren Themenkreis (Raulf-Heimsoth M, Kespohl S, van Kampen V, Sander I, Zahradnik E, Brüning T: Inhalationsallergien am Arbeitsplatz. Allergologie 2012; 35: 274-285) diente als Grundlage dieses Beitrags, wurde aber modifiziert und ergänzt.

Für die Verfasser

Prof. Dr. rer. nat. Monika Raulf

Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)

Kompetenz-Zentrum Allergologie/Immunologie

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

raulf@ipa-dguv.de

Fußnoten

Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)

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