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Arbeitsmedizinische Vorsorge gemäß ArbMedVV — Fragen und Antworten

1. Was ist arbeitsmedizinische Vorsorge?

Arbeitsmedizinische Vorsorge ist eine individuelle Arbeitsschutzmaßnahme. Sie darf technische und organisatorische Arbeits-schutzmaßnahmen nicht ersetzen, kann diese aber wirksam ergänzen. Arbeitsmedizinische Vorsorge findet im geschützten Raum und unter dem Siegel der Verschwiegenheit des Betriebsarztes statt. Hier können sich Beschäftigte zu den Wechselwirkungen zwi-schen ihrer Arbeit und ihrer Gesundheit informieren und beraten lassen. Arbeits-medizinische Vorsorge umfasst immer ein ärztliches Beratungsgespräch mit Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese. Hält der Betriebsarzt zur Aufklärung und Beratung körperliche oder klinische Untersuchungen für erforderlich, so bietet er diese an. Untersuchungen dürfen allerdings nicht gegen den Willen des betroffenen Beschäftigten durchgeführt werden. Arbeitsmedizinische Vorsorge darf nicht mit Untersuchungen zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen verwechselt werden (siehe die Antworten zu Frage 7 und 9).

2. Welche Arten arbeitsmedizinischer Vorsorge gibt es?

Es gibt drei Arten arbeitsmedizinischer Vorsorge: Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge und Wunschvorsorge. Während im Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge abschließende Kataloge für Pflicht- und Angebotsvorsorge aufgeführt sind, gibt es für Wunschvorsorge keine abschließende Auflistung.

3. Was ist Pflichtvorsorge?

Pflichtvorsorge ist arbeitsmedizinische Vorsorge, die der Arbeitgeber bei bestimmten besonders gefährdenden Tätigkeiten zu veranlassen hat. Diese Tätigkeiten sind im Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge konkret aufgeführt. Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit nur ausüben lassen, wenn zuvor eine Pflichtvorsorge durchgeführt worden ist. Dies führt dazu, dass Beschäftigte faktisch verpflichtet sind, an dem Vorsorgetermin teilzunehmen. Auch bei der Pflichtvorsorge dürfen körperliche oder klinische Untersuchungen nicht gegen den Willen des oder der Beschäftigten durchgeführt werden. Wird Pflichtvorsorge nicht oder nicht rechtzeitig veranlasst, droht dem Arbeitgeber ein Bußgeld und unter bestimmten Umständen sogar eine Strafe.

4. Was ist Angebotsvorsorge?

Angebotsvorsorge ist arbeitsmedizinische Vorsorge, die der Arbeitgeber den Beschäf-tigten bei bestimmten gefährdenden Tätigkeiten anzubieten hat. Diese Tätigkeiten sind im Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge konkret aufgeführt. Wird Angebotsvorsorge nicht oder nicht rechtzeitig angeboten, droht dem Arbeitgeber ein Bußgeld und unter bestimmten Umständen sogar eine Strafe. Die Anforderungen an das Angebot werden in einer Arbeitsmedizinischen Regel (siehe die Antwort zu Frage 11) konkretisiert.

5. Was ist Wunschvorsorge?

Wunschvorsorge ist arbeitsmedizinische Vorsorge, die der Arbeitgeber dem Beschäftigten über den Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge hinaus bei allen Tätigkeiten zu gewähren hat. Dieser Anspruch besteht nur dann nicht, wenn nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen ist. Im Streitfall muss der Arbeitgeber dies darlegen und beweisen. Wunschvorsorge kommt beispielsweise in Betracht, wenn Beschäftigte einen Zusammenhang zwischen einer psychischen Störung und ihrer Arbeit vermuten. Wird Wunschvorsorge nicht ermöglicht, kann die zuständige Behörde gegenüber dem Arbeitgeber eine vollziehbare Anordnung erlassen und bei Zuwiderhandlung ein Bußgeld verhängen.

6. Gehören zur arbeitsmedizinischen Vorsorge immer körperliche oder klinische Untersuchungen?

Nein. Der Betriebsarzt muss im Einzelfall prüfen, welche körperliche oder klinische Untersuchung aus arbeitsmedizinischer Sicht für eine gute Aufklärung und Beratung des Beschäftigten erforderlich ist. Im Arbeitsschutzrecht gibt es bezüglich körperlicher oder klinischer Untersuchungen keine Duldungspflicht und damit auch keinen Untersuchungszwang. Damit der Beschäftigte eine informierte Entscheidung treffen kann, muss ihn der Betriebsarzt über Inhalt, Zweck und Risiken einer jeden Untersuchung informieren. Das entspricht dem ärztlichen Standesrecht, wurde in der Praxis aber unterschiedlich gehandhabt und deshalb in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) klargestellt. Damit trägt die ArbMedVV insgesamt zu einem vertrauensvollen und zeitgemäßen Arzt-Beschäftigten-Verhältnis bei.

7. Sind Eignungsuntersuchungen jetzt nicht mehr zulässig?

Für Eignungsuntersuchungen hat sich nichts geändert. Eignungsuntersuchungen unterliegen insbesondere arbeitsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Bestimmungen. So darf der Arbeitgeber beispielsweise den Ab-schluss eines Arbeitsvertrages von einer gesundheitlichen Untersuchung abhängig machen, wenn die Untersuchung zur Feststellung erforderlich ist, dass der Bewerber zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme für die vorgesehene Tätigkeit geeignet ist, vergleiche § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Eignungsuntersuchungen vonseiten des Arbeitgebers im bestehenden Beschäftigungsverhältnis verlangt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der fortdauernden Eignung des oder der Beschäftigten begründen.

8. Warum sollen Eignungsuntersuchungen grundsätzlich getrennt von der arbeitsmedizinischen Vorsorge durchgeführt werden?

Wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist wichtig, dass arbeitsmedizinische Vorsorge nicht mit Untersuchungen zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen verwechselt wird. Eignungsuntersuchungen sind gutachtliche Untersuchungen im Auftrag des Arbeitgebers. Bei Eignungsuntersuchungen muss vonseiten des Beschäftigten der Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen erbracht werden (siehe auch die Antwort zu Frage 7). Gelingt das nicht, ist ein Tätigkeitsausschluss die Folge, der regelmäßig dazu führt, dass der Beschäftigte den Arbeitsplatz nicht bekommt oder ihn aufgeben muss (siehe auch die Antwort zu Frage 13). Das ist bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge anders. Hier geht es um die persönliche Aufklärung und Beratung des Beschäftigten über persönliche Gesundheitsrisiken bei der Arbeit. Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge verbietet Eignungsuntersuchungen aber nicht. Arbeitsmedizinische Vorsorge und Eignungsuntersuchungen sollen jedoch grundsätzlich getrennt durchgeführt werden. Ist das aus betrieblichen Gründen nicht möglich, dann müssen die unterschiedlichen Zwecke von Vorsorge und Eignungsuntersuchungen transparent gemacht werden. Dies ist die Aufgabe des Betriebsarztes im Vorsorgetermin.

9. Geht es bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge nicht auch um Eignung?

Arbeitsmedizinische Vorsorge dient unter anderem der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht; insofern können in der ärztlichen Beratung und Aufklärung auch Eignungsaspekte eine Rolle spielen. Entscheidend ist aber, dass dies zunächst nur im Innenverhältnis zwischen Betriebsarzt und Beschäftigtem besprochen wird. Der Beschäftigte muss sich sicher sein können, dass personenbezogene Ergebnisse und Befunde aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge vom Betriebsarzt nicht an den Arbeitgeber weitergegeben werden. Aus diesem Grund und wegen des möglichen Arbeitsplatzverlustes darf der Betriebsarzt dem Arbeitgeber einen Tätigkeitswechsel auch nur vorschlagen, wenn der Beschäftigte ein-gewilligt hat (siehe auch die Antwort zu Frage 13).

10. In welchem Verhältnis stehen die sog. „G-Untersuchungen“ nach den Grundsätzen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) zur arbeitsmedizinischen Vorsorge?

Die Grundsätze der Deutschen Gesetzli-chen Unfallversicherung e.V. (sog. „GGrund-sätze“) sind keine verbindliche Rechtsgrund-lage. Die G-Grundsätze unterscheiden derzeit nicht zwischen arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsuntersuchungen. Sie enthalten regelmäßig ein breites Spektrum an Untersuchungen. Der Betriebsarzt muss deshalb im Einzelfall entscheiden, welche Untersuchungen für eine gute individuelle Aufklärung und Beratung des Beschäftigten angezeigt sind. Die Prüfung umfasst auch die diagnostische Aussagekraft und die Bewertung von Nutzen und Risiken der Untersuchungen. Das gilt besonders für Untersuchungen, die mit erheblichen Eingriffen für die Beschäftigten verbunden sind, wie zum Beispiel Röntgenuntersuchungen.

11. Was ist eine „Arbeitsmedizinische Regel (AMR)“ bzw. eine „Arbeitsmedizinische Empfehlung (AME)“?

Arbeitsmedizinische Regeln (AMR) und Arbeitsmedizinische Empfehlungen (AME) werden vom Ausschuss für Arbeitsmedizin erarbeitet. Sie geben den Stand der Arbeitsmedizin und sonstige gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse wieder. AMR konkretisieren die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und erlangen über die Bekanntgabe im Gemeinsamen Ministerialblatt Vermutungswirkung. Das heißt, Arbeitgeber, die sich an die AMR halten, können davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der ArbMedVV erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen. AME dienen der Information aus arbeitsmedizinischer Sicht zu Themen auch außerhalb der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach ArbMedVV. Die veröffentlichten AMR und AME stehen auf den Internetseiten des Ausschusses für Arbeitsmedizin kostenlos als Download zur Verfügung.

12. Was ändert sich bei Impfungen?

Impfangebote waren bisher nur im Anhang Teil 2 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge bei bestimmten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen aus-drücklich vorgesehen. Eine Impfung kann aber auch im Rahmen einer Angebots- oder Wunschvorsorge und auch bei Tätigkeiten in Tropen etc. als Präventionsmaßnahme in Betracht kommen. Deshalb wurden die Imp-fungen als Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge in den Paragrafenteil verlagert. Beschäftigte müssen allerdings in die Impfung einwilligen. Im Arbeitsschutz kennen wir keine Impfpflicht. Das Impfangebot und damit die Impfung beschränkt sich auf Fälle, in denen das Infektionsrisiko der Beschäftigten tätigkeitsbedingt und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht ist. Das heißt, es bedarf eines unmittelbaren Bezugs zur Tätigkeit des Beschäftigten. Impfungen zum Dritt- oder Bevölkerungsschutz sind keine Aufgabe des Arbeitsschutzes.

13. Was ändert sich bei der Bescheinigung?

Der Arbeitgeber erhält wie der Beschäftigte eine Vorsorgebescheinigung mit den Angaben, dass, wann und aus welchem Anlass ein arbeitsmedizinischer Vorsorgetermin stattgefunden hat und wann eine weitere arbeitsmedizinische Vorsorge angezeigt ist. Seit Inkrafttreten der Änderungsverordnung enthält die Bescheinigung keine Aussagen mehr zur gesundheitlichen Bedenklichkeit oder Unbedenklichkeit der Tätigkeit für die betreffende Person. Befunde und Diagnosen unterliegen nach wie vor der ärztlichen Schweigepflicht. Rückschlüsse oder Speku-lationen über den persönlichen Gesundheits-zustand der betroffenen Person sollen so vermieden werden. Ergeben sich allerdings Anhaltspunkte dafür, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes für die betreffende Person oder andere Beschäftigte nicht ausreichen, so muss dies dem Arbeitgeber mit-geteilt werden. Der Betriebsarzt muss dann zugleich die erforderlichen Schutzmaßnahmen vorschlagen. Der Arbeitgeber hat sie unverzüglich zu treffen. Wenn alle Arbeitsschutzmaßnahmen ausgeschöpft sind, kann aus ärztlicher Sicht als letzte Möglichkeit ggf. ein Tätigkeitswechsel angezeigt sein. Eine Mitteilung darüber an den Arbeitgeber bedarf der Einwilligung der betreffenden Person.

14. Was passiert mit den Ergebnissen und Befunden?

Der Betriebsarzt ist verpflichtet, Ergebnis und Befunde der arbeitsmedizinischen Vorsorge schriftlich festzuhalten und den Beschäftigten darüber zu beraten. Wenn der Beschäftigte möchte, muss der Betriebsarzt dem Beschäftigten das Ergebnis zur Verfügung stellen. Das kann im Falle eines Berufskrankheitenverfahrens nützlich sein. Der Betriebsarzt sollte den Beschäftigten da-rauf hinweisen, dass der Beschäftigte seine Vorsorgebescheinigung und gegebenenfalls Ergebnisse sorgfältig aufbewahrt.

15. Was passiert, wenn der Betriebsarzt aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge Anhaltspunkte gewinnt, dass die Arbeitsschutzmaßnahmen nicht ausreichen?

Die Rechtslage ist hier unverändert. Gewinnt der Betriebsarzt Anhaltspunkte dafür, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes für den an der Vorsorge teilnehmenden Beschäftigten oder andere Beschäftigte nicht ausreichen, muss er dies dem Arbeitgeber mitteilen. Der Betriebsarzt muss dem Arbeit-geber außerdem Schutzmaßnahmen vorschlagen. Der Arbeitgeber ist dann verpflich-tet, die Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen und unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Auf diese Weise trägt arbeitsmedizinische Vorsorge auch zur Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes bei.

16. Wer trägt die Kosten arbeitsmedizinischer Vorsorge?

Regelmäßig trägt der Arbeitgeber die Kosten arbeitsmedizinischer Vorsorge. Die Kosten dürfen nicht den Beschäftigten auferlegt werden. Das gilt auch für Kosten für erforderliche Bestandteile der Vorsorge wie körper-liche und klinische Untersuchungen, Bio-monitoring und Impfungen.

    Internetlink

    Quelle

    Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

    Öffentlichkeitsarbeit und Internet

    Wilhelmstraße 49– 10117 Berlin

    info@bmas.bund.de

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