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Präventiver Outcome

Stürmer hatte den Kurs A "Grundlagen, Aufgaben und Konzepte der Arbeitsmedizin" belegt. Er wollte möglichst schnell die Facharztqualifikation als Arbeitsmediziner erhalten. Heute stand ein Vortrag zum Thema „Arbeitsmedizinische Vorsorge – Effektivität und Effizienz“ auf dem Programm. Referent war der Leiter des Präventionsdienstes einer Berufsgenossenschaft, kein Arzt, wie sich herausstellte, sondern ein Jurist.

Am Ende der Präsentation meldete sich Stürmer. „Sie haben gesagt, dass mit den arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen ein wirkungsvolles Instrument in der Bekämpfung der Berufskrankheiten geschaffen worden sei.“

„Richtig.“

„Nach Peter Drucker ist die Effizienz ein Maß für die Wirtschaftlichkeit und die Effektivität definiert den Zielerreichungsgrad. Obwohl diese zwei Begriffe in Ihrem Vortragsthema stehen, habe ich eine tiefer gehende Auseinandersetzung vermisst. Angenommen, wir machen echte Vorsorge mit den G-Untersuchungen, dann steht die Verhütung von Berufskrankheiten für die Effektivität. Mir scheint aber, dass einzelne G-Untersuchungen mehr Früherkennungsmaßnahmen darstellen. Dann ist die Effektivität mit der Häufigkeit entdeckter Berufskrankheiten identisch.“

„Man sollte das nicht so kompliziert sehen. Bei den G-Untersuchungen handelt es sich um ein Präventionsinstrument, was seit den 1970er Jahren fest etabliert ist.“

„Eben. Da müsste es doch entsprechende Untersuchungen geben, beispielsweise zum G 20 Lärm. Die Lärmschwerhörigkeit ist immerhin mit die häufigste Berufskrankheit, wie Sie sagten.“

„Ja also, da gibt es unterschiedliche Resultate. Die Ergebnisqualität beim G 20 ist nicht schlecht.“

„Dann verstehe ich aber nicht, wieso es immer noch so viele beruflich Lärmgeschädigte gibt. Greifen Ihre präventiven Maßnahmen nicht?“

„Doch natürlich. Unsere Statistik weist aus, dass die Zahl der G 20-Untersuchungen ständig zugenommen hat.“

„Das ist aber doch kein Zeichen für eine gute Ergebnisqualität im Sinne von Effektivität, sondern höchstens für eine gute Prozessqualität. Können Sie sagen, wie viele Fälle von beginnender Lärmschwerhörigkeit durch die G 20-Untersuchung entdeckt worden sind.“

„Nein, nicht genau.“

„Wie wollen Sie dann aber Aussagen zur Wirksamkeit treffen?“

„Unsere Statistiken weisen aus, dass an den meisten lärmgefährdeten Arbeitsplätzen G 20-Untersuchungen durchgeführt werden. Unser Präventionsprogramm beinhaltet umfangreiche Schulungsmaßnahmen in den Betrieben. Lesen Sie unsere Informationsbroschüre 'Damit du mich morgen noch verstehst'.“

„Aber gehen Sie doch mal über eine Baustelle. Da tragen nur wenige Gehörschutz, obwohl der Presslufthammer an ist oder die Flex läuft.“

„Das ist das Baugewerbe, das fällt in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Berufsgenossenschaft.“

„Verzeihen Sie, wenn ich so hartnäckig bin. In meinem Betriebswirtschaftsstudium habe ich gelernt, dass Effizienz und Effektivität die Grundpfeiler wirtschaftlichen Handelns darstellen.“

„Wir befinden uns hier aber nicht in der Wirtschaft, sondern es geht um gesundheitliche Vorsorge. Das bedeutet, dass wir bereits dann tätig werden, wenn nur die Möglichkeit der Verursachung einer Berufskrankheit besteht.“

„Woher wollen Sie denn wissen, dass mit den G-Untersuchungen überhaupt Vorsorge betrieben wird, wenn Sie keine Angaben über den präventiven Outcome machen können?“

„Sie dürfen die Problematik nicht auf das Thema Lärm verengen. Es gibt 46 unterschiedliche G-Untersuchungen. Über 12.000 Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde sowie zahlreiche Ärzte anderer medizinischer Fachgebiete arbeiten heute nach diesen Regeln.“

„Ich habe mal in älteren Publikationen nachgeschaut. Angeblich werden pro Jahr in Deutschland über 5 Millionen G-Untersuchungen durchgeführt. Neuere Zahlen habe ich nicht gefunden.“

„Sehen Sie, unser Gesundheitsschutzsystem funktioniert.“

„Weiterhin habe ich überschlägig berechnet, dass für die Durchführung der Untersuchungen und den dadurch bedingten Arbeitsausfall pro Jahr ca. 2 Milliarden Euro an Kosten entstehen. Wenn ich einen solchen Betrag ausgebe, dann würde ich schon ganz gerne wissen, was ich dafür bekomme, wie effizient die G-Untersuchungen sind.“

„Aber Sie müssen das doch nicht bezahlen. Das zahlen die Arbeit-geber.“

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