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Aktuelle Aspekte zur Toxizität/Inhalationstoxizität von Nanopartikeln

Aktuelle Aspekte zur Toxizität/Inhalationstoxizität von Nanopartikeln – eine Übersicht

Mit dem in den letzten Jahren beobachteten technischen Fortschritt in Entwicklung und industrieller Anwendung von Nanomaterialen konnte die gesundheitliche Bewertung nicht Schritt halten. Die erkennbaren Defizite werden derzeit national und supranational diskutiert. Auf der Grundlage einer Dokumentation der Deutschen Forschungsgemeinschaft und von Diskussionen bei der Europäischen Union ergeben sich einzelne Ansätze, die für Grenzwertsetzungen verfolgt werden können. Generalisierungen erscheinen jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angebracht. Ein besonders innovativer Bereich betrifft die Kohlenstoff-Nanoröhren ("carbon nano-tubes", CNT), für deren gesundheitliche Bewertung der wissenschaftliche Sachstand bislang noch sehr unvollkommen ist. Immerhin zeigen experimentelle Daten nach Inhalation von CNT die Entstehung entzündlicher Lungenveränderungen, mit der Möglichkeit von nachgeschalteten chronischen Prozessen, einschließlich krebserzeugender Wirkung. In präventiver Hinsicht erscheint daher Vorsicht angebracht.

Schlüsselwörter: Nanomaterialien – Toxizität – Kohlenstoff-Nanoröhren – entzündliche Lungenveränderungen

Current aspects on the toxicity/inhalation toxicity of nano-particles – an overview

There is a discrepancy between the rapid scientific progress observed in recent years in development and industrial application of nano-materials and the generation of data concerning possible health effects. However, current discussions of documentation of the German Research Association and discussions of the European Union reveal some points that could be relevant for setting health-based limits of exposure in the future. A particularly innovative sector is the development of carbon nano-tubes (CNT). The few available investigations into biological effects of CNT have revealed inflammatory changes of the lung, with the possibility of subsequent chronic effects, including cancer development. Under preventive aspects, the application of precautionary principles appears to be advisable.

Keywords: nano-materials – toxicity – carbon nano-tubes – inflammatory changes of the lung

H. M. Bolt

(eingegangen am 29. 11. 2013, angenommen am 16. 12. 2013)

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2014; 49: 52–56

Einleitung

In den letzten Jahren beobachten wir eine stürmische Entwicklung in der Entwicklung und Anwendung von Nanomaterialien. Da die Unterschiede zu den klassischen Mikropartikeln fließend sind, wurde für regulatorische Zwecke vorgeschlagen, den Begriff „Nanomaterialien“ für Partikel mit Durchmessern zwischen 1 und 100 nm zu verwenden (Lövestam et al. 2010). Der Vorschlag wurde nachfolgend von der Europäischen Kommission als Empfehlung publiziert (European Commission 2011).

Nanoprodukte gewinnen in Pharmazie, klinisch-chemischer Diagnostik, Oberflächenbehandlung und Elektronik rasch wachsende Bedeutung (Bolt et al. 2013). Die gesundheitliche Bewertung der neuen Produkte konnte demgegenüber nicht Schritt halten (Becker et al. 2011; Foth et al. 2012). Dies hat im abgelaufenen Jahr 2013 die Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) veranlasst, den Sachstand zu umreißen (DFG 2013). Gleichzeitig finden Diskussionen auf verschiedenen Ebenen der Europäischen Union statt.

In der Forschung beschleunigt sich die Entwicklung des Gebiets, unterstützt durch die wachsende Verfügbarkeit von Forschungsgeldern. So hat eine aktuelle Analyse der Fachzeitschrift Archives of Toxicology ergeben, dass sechs ihrer derzeit zehn meist zitierten Artikel Aspekte der Nanotoxikologie behandeln, und dass sich ein solches Verhältnis auch im Spektrum der von der Zeitschrift erhaltenen Manuskripte widerspiegelt (Gebel et al. 2013). In dieser Situa-tion erscheint eine Momentaufnahme hilfreich, die aus gesundheitlicher Sicht einige in die Zukunft weisende Forschungsfelder und regulatorische Überlegungen beleuchtet.

Bewertung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Die Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (MAK-Kommission) berief im Jahre 2009 eine Ad-hoc-Gruppe „Nanopartikel“, die zu diesem Thema den Stand der Diskussion beschreiben sollte. Der nun vorgelegte Bericht (DFG 2013) stellt fest, dass Nano- und Mikropar-tikel quantitativ gleichartige biologische zelluläre Primärreaktionen hervorrufen, nämlich Entzündungserscheinungen und oxidativen Stress. Die Quantität/Intensität dieser Reaktionen ist jedoch unterschiedlich. Unterschiede werden daneben in der Translokation der betreffenden Partikel in verschiedene Organe/Organsysteme ge-sehen (Toxikokinetik). Interessante Diskussionspunkte sind Möglichkeiten des Transports von Nanopartikeln aus dem Nasenraum über den N. olfactorius in das ZNS, die Persistenz von Nanopartikeln in unterschiedlichen Organsystemen und die Möglichkeit kardio-vaskulärer Effekte. Ein offener Punkt ist die Frage der Dosimetrie luft-getragener Nanopartikel. Da bei Nanopartikeln, verglichen mit Partikeln größeren Volumens, die relative Oberfläche sehr viel größer ist und Oberflächenprozesse bei der Interaktion mit biologischen Systemen eine erhebliche Rolle spielen, scheint ein alleiniger Massen-bezug (mg/m3) unzureichend. Alternativ steht die Ermittlung der Par-tikelzahl pro Luftvolumen im Raum. Zurzeit kollidieren auf diesem Feld Postulate von Praktikabilität und wissenschaftlicher Akribie.

Im arbeitsmedizinischen Bereich steht naturgemäß die Exposition über den Atemtrakt im Vordergrund, so dass lokale pulmonale Effekte für die gesundheitliche Betrachtung vorrangig sind. Allerdings zeigen tierexperimentelle Daten, dass bei Verabfolgung von Nanopartikeln in die Lunge auch extrapulmonale Ziele erreicht werden können. Obwohl diese Fraktion klein ist, in der Regel unter 1 %, stellen sich hier viele Fragen, die bislang unbeantwortet sind.

Der Bericht der DFG (2013) schlägt unter biologischen Gesichtspunkten folgende vorläufige Einteilung von Nanopartikeln vor:

  • Nanopartikel, die als Transportsysteme zur Überwindung biologischer Barrieren Verwendung finden. Eigenschaften dieser Art werden im Arzneimittelbereich und im Nahrungsmittelbereich genutzt. Eine gesundheitliche Bewertung sollte hier fallweise erfolgen; für die arbeitsmedizinische Betrachtung erscheint dieser Bereich jedoch eher nachrangig.
  • „Granuläre biopersistente Partikel“ (GBP), die von der stofflichen Zusammensetzung her als inert betrachtet werden. Die biologischen Effekte werden durch die Partikeloberfläche generiert und betreffen Entzündung, oxidativen Stress und dadurch bedingte sekundäre Gentoxizität, bis hin zur Erzeugung lokaler Tumoren.
  • Metallbasierte Nanopartikel, z. B. „quantum dots“, die im Halbleiterbereich Verwendung finden, sowie Metall- und Metalloxid-basierte Partikel. Bei solchen Partikeln ist zu erwarten, dass der Metallgehalt für die Toxizität eine wesentliche Rolle spielt. Das Wissen in diesem Bereich ist bislang sehr fragmentarisch.
  • Faserförmige Nanomaterialien, darunter die wichtigen aus Koh-lenstoff bestehenden Nano-Röhrenstrukturen („carbon nanotubes“; CNT).

Im Folgenden sollen unter Zugrundelegung dieser Einteilung die derzeit augenfälligsten Diskussionspunkte angesprochen werden.

Direkter Hautkontakt

Die Hornschicht der Haut stellt auch bei direktem Hautkontakt mit Nanopartikeln eine wirksame Barriere dar. Eine Schädigung der Haut erleichtert jedoch das Eindringen. Diskussionen der letzten Zeit gelten v. a. Aspekten der Sicherheit bei der Verwendung von Nanopartikeln in Kosmetika, besonders von Partikeln aus Zinkoxid und Titandioxid, die als wirksame UV-Filter in Sonnenschutzmitteln Verwendung finden. Hier scheint ein gesundheitliches Risiko, wenn überhaupt, sehr gering zu sein (Nohynek u. Dufour 2012).

Eine breitere Diskussion gilt der Verwendung von Nanosilber. Hierzu wurde der aktuelle Kenntnisstand im Februar 2012 in einer Konferenz des Bundesinstituts für Risikobewertung zusammengefasst, deren Tagungsbericht nun vorliegt (Schäfer et al. 2013). Silber hat antimikrobielle Wirkung mit einem breiten Spektrum, verhält sich aber im menschlichen Organismus weitgehend inert. Seit den 1970er Jahren sind bei Mikroorganismen genetisch fixierte Silber-Resistenzen bekannt, so bei E. coli, S. typhimurium, E. cloacae. Als Mechanismus der antimikrobiellen Wirkung betrachtet man Interak-tion des Silbers mit Schwefelgruppen essentieller mikrobieller Enzyme. Nanosilber findet Verwendung in Lotionen, Deodoranzien, Schuhsprays, Verpackungsmaterialien und Textilbeschichtungen. Im Medizinbereich findet sich Silber in Wund- und Brandumschlägen, Bandagen sowie der Beschichtung von Kathetern und anderen Medizinprodukten. Eine systematische toxikologische Testung steht erst am Anfang.

In regulatorischer Hinsicht wird der Bereich in der EU durch Bestimmungen für Biozide erfasst.

Granuläre biopersistente Partikel (GbP)

Eine Übersicht von Gebel (2012) über die Bewertung granulärer biopersistenter Partikel im Nanobereich ist Inhalt aktueller Diskussion (Gebel 2013; Morfeld 2013a,b). Partikel dieser Art werden von ihrer chemischen Zusammensetzung her als inert betrachtet. Für die gesundheitliche Bewertung spielen oberflächenvermittelte Eigenschaften eine zentrale Rolle. Die Diskussion konzentriert sich auf die Generierung von oxidativem Stress, der zu Entzündungspro-zessen, sekundärer Gentoxizität und so po-tenziell auch zur Kanzerogenität führen kann (   Abb. 1 ). Dies betrifft sowohl Nano- als auch Mikropartikel, jedoch Nanopartikel infolge ihrer größeren relativen Oberfläche in größerem Ausmaß. Dieser Sachverhalt ist für Grenzwertsetzungen entscheidend, da wegen des Wirkmechanismus über sekundäre Gentoxität auch bei einer krebserzeugenden Wirkung ein gesundheitsbasierter Grenzwert ableitbar wäre. Gebel (2012) ver-glich 36 verschiedene Fälle von Nanomaterialien (1–100 nm) und Mikromaterialien (> 100 nm) bezüglich der Kanzerogenität im chronischen Inhalationsversuch an der Ratte. Er kam dabei zu dem überraschenden Schluss, dass die untersuchten Nanomaterialien nur um einen Faktor von 2 bis 2,5 stärker krebserzeugend waren als entsprechende Mikromaterialien. Es bleibt derzeit abzuwarten, ob diese Schlussfolgerung generalisierbar ist. Ein Ansatz für Grenzwertfindungen könnte hier gegeben sein.

Metallbasierte Nanopartikel

Gegenüber anderen Metall- oder Metalloxid-basierten Nanopartikeln (ZnO, TiO2, Ag, Au) hebt die Dokumentation der DFG (2013) besonders die besondere Toxizität von Kupfer-/Kupferoxid-Nano-partikeln hervor. Bei Inhalation betrifft dies wiederum besonders den Atemtrakt, wobei starke lokal-entzündliche Wirkungen durch freigesetzte Kupferionen ausgelöst werden. Daher wird die Forderung erhoben, die gesundheitliche Wirkung metallbasierter Nanopartikel jeweils fallweise und stoffspezifisch zu betrachten.

Faserförmige Nanomaterialien

In den 1980er Jahren wurden Durchbrüche in der Kohlenstoff-Chemie erreicht, die zur Synthese neuer Strukturen wie der Fulle-rene (kugelförmige Moleküle aus Kohlenstoff) führten. Anfang der 1990er Jahre wurden Kohlenstoff-Röhrenstrukturen entwickelt, so genannte "carbon nanotubes", CNT (Iijima et al. 1992). Diese Nanoröhren bestehen im Prinzip aus einem System miteinander kondensierter Benzolringe, in denen der Kohlenstoff wie im Benzol nach sp2 hybridisiert ist. Fehlerstellen im Molekül beeinflussen jedoch die Gesamtstruktur. Die Röhrenstrukturen können einwandig („single walled", SWCNT) oder mehrwandig („double-walled“ bzw. „multi-walled", MWCNT), gradlinig oder sphärisch gekräuselt sein (   Tabelle 1 ).

Um die Jahrtausendwende wurden Kohlenstoff-Nanoröhren als wichtige neue Werkstoffe des kommenden 21. Jahrhunderts angesprochen (Harris 1999). Nach Industrieangaben liegen derzeit die wichtigsten Anwendungsfelder im Halbleiter-, Elektronik- und Optoelektronikbereich, ferner im Energiesektor, in Feldern rund um das Automobil, in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Biomedizin. Im biomedizinischen Bereich sind medizinische Diagnostik („lab on a chip“), pharmazeutisch-galenische Anwendungen, Kosmetik und Anwendungen zu Filtereinrichtungen für die Wasser- und Nahrungsmittelaufarbeitung zu nennen. Berufliche Exposi-tionen sind bei der Konfektionierung/Abpackung und Anwendung von CNT beschrieben; an einigen in den USA untersuchten Arbeitsplätzen zeigten sich Luftkonzentrationen bis zu 53 µg/m3 (Maynard et al. 2004).

Zur Frage von möglichen gesundheitlichen Langzeitauswirkungen von CNT-Expositionen existieren (noch) keine aussagekräftigen arbeitsmedizinischen Studien, da die industrielle Anwendungsdauer hierfür insgesamt zu kurz ist. Die wenigen verfügbaren tierexperimentellen Studien wurden aktuell für SCOEL (Scientific Committee for Occupational Exposure Limits der EU) zusammengestellt; regulatorisch wesentliche Daten, die unter subchronischer Inhalation (3 Monate an der Ratte) gewonnen wurden, sind in   Tabelle 2 zusammengefasst.

Am Atemtrakt von Nagern wurde nach akuter/subakuter Applikation übereinstim-mend über Entzündungserscheinungen be-richtet, die nach längerer Dauer zur Fibrose führen könnten. Allerdings sind bisher nur subchronische Studien an Ratten bis zu einer Expositionsdauer bis zu 90 Tagen publiziert worden; zur Frage der Krebserzeugung geben diese Studien noch keinen Aufschluss. Aus den momentan verfügbaren subchronischen Studien lässt sich vorläufig eine Wirkungsschwelle (NOAEL/LOAEL) für lokale Entzündungsprozesse um etwa 0,1 mg/m3 ablesen (s. Tabelle 2). Gegenüber am Arbeitsplatz möglichen Luftkonzentrationen (s. oben) wäre eine zu fordernde Sicherheitsspanne offenkundig zu gering, so dass hier die Festlegung eines Grenzwerts empfohlen wurde.

Der gegenwärtige Diskussionsstand für eine gesundheitliche Beurteilung von CNT innerhalb EU kann wie folgt fokussiert werden:

  • Die lokale Toxizität für Haut und Augen erscheint niedrig.
  • Orale Studien sprechen für eine niedrige Toxizität; Langzeiteffekte sind aber bislang nicht untersucht.
  • Effekte auf die Leibesfrucht wurden in Tierexperimenten nur nach i.v.-Injektion beobachtet.
  • CNT wirken nicht selbst sensibilisierend, aber Verstärkungseffekte über Entzündungsprozesse erscheinen möglich.
  • Es existieren international zwar einige Grenzwertvorschläge, diese sind aber ohne eine tragfähige wissenschaftliche Begründung.
  • Ein universeller Luftgrenzwert (OEL) für alle Arten von CNT macht in Anbetracht der Vielfalt der Strukturen wenig Sinn.
  • Relevante experimentelle Daten für eine Bewertung (s. oben) sind bislang nur für eine bestimmte Art von CNT („curled agglomerated" MWCNT) verfügbar (s. Tabelle 2).
  • Langzeiteffekte (krebserzeugende Wirkung?) sind kaum experimentell belegt und bleiben unklar.
  • Es gibt erhebliche Probleme bezüglich Dosimetrie und Messung von CNT (Faserzahl? Gesamtkohlenstoff? Alternativen?). Existierende Methoden sind noch sehr aufwändig. Hier ist Entwicklungsarbeit erforderlich.

In letzter Zeit wird vermehrt dafür plädiert, für die Gesamtbewertung von Nanostrukturen konventionelle Teststrategien zu erweitern (Nel et al. 2013). Ansatzpunkte hierzu könnten sich aus den nachfolgend erwähnten Forschungslinien ergeben.

  •  1. Obwohl Kohlenstoff-Nanoröhren offenkundig nicht per se sensibilisierend wirken, besteht die begründete Möglichkeit, dass sie allergische Prozesse am Atemtrakt über Entzündungsprozesse und die Freisetzung von Cytokinen verstärken. Dies konnte soeben an einem tierexperimentellen Modell für das Asthma bronchiale bestätigt werden (Ronzani et al. 2013). Hier ergeben sich wichtige Ansätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen.
  •  2. Erhebliches Aufsehen gilt derzeit der Frage, ob sich faserförmige mehrwandige Nanoröhren (MWCNT) unter Umständen ähnlich wie Asbest verhalten könnten. Hierbei sind die Faser-Geometrien wesentlich (Borm u. Castranova 2009). Mercer et al. (2010) berichteten über lokale Applikation an Mäuse (pharyngeale Aspiration) von definierten MWNT mit einer Medianlänge von 3,86 µm und einem mittleren Durchmesser von 49 nm, in einmaligen Dosen zwischen 0 (Kontrollen) und 80 µg MWCNT/Maus. Nachbeobachtet wurde bis 56 Tage nach der Applikation, wobei Faserpenetrationen in Alveolar-Makrophagen, Alveolenwand und viszeraler Pleura nachgewiesen wurden (   Abb. 2 ). Solche Befunde mahnen zu großer Vorsicht. Weitere Untersuchungen in diese Richtung erscheinen daher vordringlich.

Schlussfolgerung

Der technologische Fortschritt in der Entwicklung und industriellen Anwendung von Nanopartikeln hat sich seit der Jahrtausendwende stark beschleunigt. Demgegenüber konnte die gesundheitliche Untersuchung und Bewertung nicht Schritt halten. Die Gewinnung entsprechender gesundheitsrelevanter Daten ist daher vordringlich. Bis zu einer wissenschaftlich fundierten Bewertung ist vorbeugende Vorsicht angemessen. Die arbeitsmedizinische Betrachtung fokussiert sich dabei auf Entzündungseffekte am Atemtrakt und mögliche langfristige Folgewirkungen. Die im Raume stehende Frage, ob sich faserförmige mehrwandige Nanoröhren (MWCNT) ähnlich wie Asbest verhalten können, erfordert dringend gezielte weitere Untersuchungen.

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Verfasser:

Prof. em. Dr. med. Dr. rer. nat. Hermann M. Bolt

Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund

Ardeystraße 67

44139 Dortmund

E-Mail: h.m.bolt@me.com

Fußnoten

Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (Direktor: Prof. Dr. med. Jan G. Hengstler)

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