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Was sollte der Betriebsarzt wissen?

Neue STIKO-Empfehlungen zur Impfung gegen Hepatitis B

Neben Personen, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf bei einer Hepatitis-B-Er-krankung zu erwarten ist, zählen auch Personen mit einem erhöhten beruflichen oder nichtberuflichen Expositionsrisiko zu den von der STIKO definierten Indi-kationsgruppen, die einen ausreichenden Impfschutz gegen Hepatitis B aufweisen sollten. Die wichtigsten Punkte der neuen STIKO-Empfehlungen sollen hier zusammengefasst werden, die ausführliche wissenschaftliche Begründung ist im Epidemiologischen Bulletin 36/37 2013 zu finden (s. „Weitere Infos“).

Schutzdauer nach erfolgreicher Grundimmunisierung

Nach einer erfolgreichen Grundimmunisierung (Nachweis eines Anti-HBs-Spiegels von mindestens 100 IE/l 4–8 Wochen nach der 3. Impfstoffdosis) sind im Allgemeinen keine weiteren Auffrischimpfungen oder Anti-HBs-Bestimmungen notwendig. Es gibt gute Evidenz dafür, dass der Impfschutz nach einer erfolgreichen Grundimmunisierung auch im Falle eines späteren Absinkens des Anti-HBs-Spiegels unter 100 IE/l aufgrund des immunologischen Gedächtnisses erhalten bleibt (Bauer u. Jilg 2006).

Eine entsprechende Empfehlung gibt es in den USA bereits seit 1991 sowie in Kanada seit 1992. Nach erfolgreicher Impfung (definiert als Erreichen eines Anti-HBs-Wertes  10 IE/l) werden dort für medizinisches Personal weder routinemäßigen Anti-HBs-Kontrollen noch Auffrischimpfungen empfohlen, das gilt sogar im Falle einer Nadelstichverletzung (Centers for Disease Control and Prevention 2006). Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt nach Grundimmunisierung keine weiteren Auffrischimpfungen oder Anti-HBs-Kontrollen.

Auf Basis der verfügbaren Evidenz ist die STIKO zu einer ähnlichen Auffassung gelangt. Allerdings empfiehlt die STIKO – im Sinne eines konservativen Vorgehens – für Personen mit besonders hohem individuellen Expositionsrisiko sicherheitshalber Anti-HBs-Kontrollen alle 10 Jahre und eine Auffrischimpfung, wenn der Anti-HBs-Spiegel auf Werte

Eine Ausnahme stellen Patienten mit einer humoralen Immundefizienz dar, für die jährliche Anti-HBs-Kontrollen und Auffrischimpfung empfohlen werden, wenn der Anti-HBs-Spiegel unter 100 IE/l sinkt.

Serologische Vor- und Nachtestung

Zur Kontrolle des Impferfolgs sollte 4–8 Wo-chen nach der 3. Impfstoffdosis bei allen Impflingen der Anti-HBs-Spiegel bestimmt werden, wobei ein Spiegel von  100 IE/l als erfolgreiche Impfung angesehen wird. Eine routinemäßige serologische Testung zum Ausschluss einer vorbestehenden Hepatitis-B-Infektion ist aus medizinischer Sicht nicht notwendig, kann aber z. B. bei Personen aus Hepatitis-B-Hochendemiegebieten u. a. aus Kostengründen sinnvoll sein. Bei Non-Respondern (Anti-HBs-Spiegel

Postexpositionelle Hepatitis-B-Immunprophylaxe (PEP)

Ein berufliches Infektionsrisiko besteht bei Stich- und Schnittverletzungen und bei Blutkontakt mit Schleimhaut oder nicht intakter Haut. Jedes Ereignis dieser Art sollte durch den Beschäftigten konsequent als Arbeitsunfall gemeldet werden. Der HBsAg-Status des Indexpatienten und der HBV-Impfstatus des Exponierten sollen ermittelt werden. Sofern der Indexpatient HBsAg-positiv ist oder der HBsAg-Status nicht ermittelbar ist (z. B. Stich durch Kanüle im Müllsack), gelten folgende Empfehlungen (s. auch Tabelle 1 und  Abb. 1):

  •  1. Bei vollständig geimpften Beschäftig-ten, bei denen innerhalb der letzten 10 Jahre ein Anti-HBs-Wert  100 IE/l gemessen wurde, ist von einem bestehenden Schutz auszugehen, das heißt, es sind keine weiteren Maßnahmen in Bezug auf eine Hepatitis-B-PEP erforderlich.
  •  2. Der aktuelle Anti-HBs-Wert soll bestimmt werden, falls der letzte gemessene Anti-HBs-Wert unter 100 IE/l lag, falls in den letzten 10 Jahren keine Anti-HBs-Bestimmung erfolgt ist sowie bei unvollständig geimpften Beschäftigten. Abhängig vom Ergebnis wird die Indikation zur postexpositionellen Impfung und ggf. Gabe von HB-Immunglobulin gemäß  Tabelle 1 gestellt.
  •  3. Bei ungeimpften Beschäftigten und be-kannten Non-Respondern (d.h. dauer-haft Anti-HBs  341–342 (Postexpositionelle Prophylaxe (PEP) für Hepatitis B, s. „Weitere Infos“).

Anti-HBs-Spiegel von  100 IE/l als Impfkriterium für einen ausreichenden Schutz

Während international in der Regel bei einem Anti-HBs-Spiegel von  10 IE/l von einem Impferfolg ausgegangen wird, wird von der STIKO (und von einigen anderen nationalen Impfkommissionen in Europa, z. B. Großbritannien, Irland und Schweiz) ein Spiegel von  100 IE/l als Kriterium für einen ausreichenden Impfschutz definiert. Dies wird von der STIKO mit der mangelhaften Standardisierung der Anti-HBs-Bestimmung begründet: Huzley et al. (2008) hatten in einer Studie insgesamt 9 in Deutschland kommerziell erhältliche Anti-HBs-Assays untersucht und eine erhebliche Streuung der Testergebnisse bei der Analyse identischer Serumproben festgestellt. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass alle untersuchten Anti-HBs-Assays ungeeignet sind, um im Messbereich zwischen 5 und 20 IE/l verlässliche und reproduzierbare Ergebnisse zu generieren, was die Wahl eines Anti-HBs-Wertes von  10 IE/l als Impferfolgskriterium problematisch erscheinen lässt.

Vorgehen bei in der Kindheit gegen HepatitisB geimpftem Personal mit neu aufgetretenem Expositionsrisiko

Bei in der Kindheit geimpftem Personal wurde in der Regel kein Anti-HBs-Spiegel bestimmt. Die Bestimmung eines Anti-HBs-Spiegels mehrere Jahre nach Impfung hat nur eine begrenzte Aussagekraft, da bei einem Spiegel von  B geimpften Personen (ohne Anti-HBs-Bestimmung) mit neu aufgetretenem Hepatitis-B-Risiko (z.B. medizinisches Personal) eine einmalige Hepatitis-B-Impfung und nach 4–8 Wochen eine Anti-HBs-Kontrolle. Personen, bei denen jemals ein Anti-HBs-Spiegel von  100 IE/l festgestellt wurde, gelten als geschützt und das weitere Vorgehen richtet sich nach Punkt 1 oder im Falle einer Nadelstichverletzung bzw. Blutkontakt nach Punkt 3. 

Literatur

Bauer T, Jilg W: Hepatitis B surface antigen-specific T and B cell memory in individuals who had lost protective antibodies after hepatitis B vaccination. Vaccine 2006; 24: 572–577.

Centers for Disease Control and Prevention: A comprehensive immunization strategy to eliminate transmission of Hepatitis B virus infection in the United States. Recommendations of the Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) Part II: Immunization of Adults. MMWR 2006; 55 (RR-16): 1–31.

Huzly D, Schenk T, Jilg W, Neumann-Haefelin D: Comparison of nine commercially available assays for quantification of antibody response to hepatitis B virus surface antigen. J Clin Microbiol 2008; 46: 1298–1306.

    Weitere Infos

    Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 34/2013

    http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2013/Ausgaben/34_13.pdf;jsessionid=DDB4EB91676827989AA0A59035EA608C.2_cid363?__blob=publicationFile

    Wissenschaftliche Begründung für die Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen Hepatitis B. Epidemiologisches Bulletin 36/37/2013

    https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2013/Ausgaben/36_37_13.pdf?__blob=publicationFile

    Centers for Disease Control and Prevention: A Comprehensive Immunization Strategy to Elimi-nate Transmission of Hepatitis B Virus Infection in the United States

    https://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/rr5516a1.htm

    Für die Autoren

    Priv.-Doz. Dr. med. S. Wicker

    Universitätsklinikum Frankfurt

    Betriebsärztlicher Dienst

    Theodor-Stern-Kai 7

    60590 Frankfurt

    sabine.wicker@kgu.de

    Koautoren

    Dr. med. Cornelius Remschmidt

    Dr. Gerhard Falkenhorst, Ph. D.

    Dr. med. Thomas Harder

    Robert Koch-Institut

    Abteilung für Infektionsepidemiologie, FG 33

    Seestraße 10 – 13353 Berlin

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