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28. Mai 2013 Fachtagung der Unfallkasse NRW in Bochum

Aggression und Suizid im Gesundheitswesen

Die Unfallkasse NRW lud Ende Mai zur Fachtagung ins RuhrCongress Centrum nach Bochum ein. 160 Teilnehmer aus Kliniken, Rettungsdiensten und Betriebsärztlichen Praxen wurden über aktuelle Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen informiert. Experten aus Wissenschaft und Praxis zeigten auf, welche Gewalterfahrungen beispielsweise medizinische Rettungskräfte im Einsatz haben, welche Hilfe Betroffene brauchen und wie sich Bewältigungsstrategien in den Einrichtungen des Gesundheitsdienstes etablieren lassen.

Verbale Aggression und Gewalt im Gesundheitswesen

Dirk Richter, Fachhochschule Bern

Verbale Aggressionen sind ein relativ häufig vorkommendes, aber wenig erforschtes Problem im Gesundheitswesen. Eine von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen beauftragte Studie hatte sich zum Ziel gesetzt, Art, Umfang und Konsequenzen eingehender zu untersuchen. Es zeigten sich erhebliche Belastungen der Mitarbeiter gerade durch diese Form der Aggression. Entsprechenden Kommunikations- und Deeskalationstechniken sollte in den bereits etablierten, innerbetrieblichen Trainingsprogrammen ein deutlich größerer Stellenwert zukommen. Weitere Präventionsmaßnahmen sollten sich auf verbesserte Copingstrategien für die Bewältigung belastender Situationen erstrecken und auf klare institutionelle und organisatorische Richtlinien für den Umgang mit verbaler Aggression.

Auswirkungen auf Beschäftigte durch versuchte oder vollzogene Suizide

Carina Armgart, LWL-Universitätsklinikum Bochum

Im Kooperationsprojekt der Universitätsklinik Bochum mit der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen wurden die Belastungen von Beschäftigten in psychiatrischen Kliniken untersucht, die den Suizid eines Patienten miterlebt haben. Auch wenn sich der Großteil der Betroffenen kurz nach dem Ereignis wieder erholt, gibt es dennoch einen Teil von Mitarbeitern, der kurz- oder auch langfristig externe Unterstützung bei der Verarbeitung benötigt. Beschäftigte, die neben sozialer Unterstützung aus ihrem privaten Umfeld auch Unterstützung von Kollegen und besonders von Vorgesetzten erhielten, konnten das Erlebnis am besten und schnellsten verarbeiten.

Gewalterfahrungen medizinischer Rettungskräfte

Thomas Feltes, Julia Schmidt, Ruhr-Universität Bochum

Befragt wurden Beschäftigte von Rettungsdiensten und Berufsfeuerwehren in sechs Städten und Kreisen in NRW. 98 % der Rettungskräfte haben im erfassten Zeitraum von zwölf Monaten verbale Gewalt erlebt. Rund 55 % der Befragten meinten, dass sie durch ihre Ausbildung nicht gut auf mögliche Konfliktsituationen vorbereitet wurden. Von den Referenten wird bezweifelt, dass die vor kurzem verabschiedete Gesetzesverschärfung des § 113 StGB etwas zum Schutz der Rettungskräfte beiträgt. Sie halten die Behauptung, dass Menschen durch höhere Strafandrohungen von Übergriffen auf Rettungspersonal abgehalten würden, für unsinnig. Es handelte sich hierbei eher um einen symbolischen Akt der Politik, der Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Rettungsdienste signalisieren und die Interessenvertreter besänftigen solle.

Warum lohnt sich die kollegiale Nachsorge für die Betroffenen und die Einrichtung?

Wolfgang Heiler, LWL-Institutsambulanz Marsberg

Der anhaltende Ärztemangel und der zunehmende Pflegekräftemangel führen in einigen Unternehmen zu einer Veränderung im Umgang mit den vorhandenen personellen Ressourcen. So wird es inzwischen von Betriebsleitungen und Geschäftsführungen als ökonomisch sinnvoll erachtet, Mitarbeitern nach einem Übergriff praktische und emotionale Unterstützung in Form von frühzeitiger adäquater notfallpsychologischer Hilfe zukommen zu lassen. Das Konzept der kollegialen Nachsorge zielt darauf ab, die Opfer niederschwellig in der Anfangsphase nach Traumatisierung, in der Bewältigung und Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse zu unterstützen. Ziel ist es, die Betroffenen wieder schneller in ihren Alltag und zu ihrer Arbeit zurückzubringen. Der Vortrag liefert für das Konzept kollegialer Nachsorge weitere Argumentationshilfen.

Bewältigungsstrategien nach psychisch belastenden Ereignissen

Franziska Illes, LWL-Universitätsklinikum Bochum

Als psychisch belastende Faktoren im Arbeitskontext wurden im Stressreport 2012 unter anderem Veränderungen im Bereich der Anforderungen, der Einsatz neuer Kommunikationstechnologien, die Subjektivierung von Arbeit sowie die Akzeleration von Prozessen genannt. Verschiedene Studien haben die Bewältigungsstrategien von Menschen nach psychisch belastenden Ereignissen untersucht. Es zeigte sich, dass eine ernst gemeinte soziale Unterstützung für viele Betroffene von großer Relevanz war. Besondere Bedeutung hat die Unterstützung von Führungskräften. Dabei können durch eine entsprechende Betriebskultur bereits präventiv günstige Bedingungen geschaffen werden.

Wie gehen Mitarbeitende mit belastenden Arbeitssituationen um? Ergebnisse der Resilienz-Studie der Unfallkasse NRW

Dirk Richter, Fachhochschule Bern

Der Referent erläutert zehn Resilienzfaktoren: realistischer Optimismus, positiver Umgang mit Ängsten, Besitz eines „moralischen Kompasses“, Spiritualität, soziale Unterstützung, resiliente Vorbilder, körperliche und geistige Fitness, kognitive und mentale Flexibilität, sinnhaftes Leben. Mitarbeiter in der Somatik und Psychiatrie verfügen größtenteils über ähnliche Resilienz-Strategien. Bei der organisatorischen Unterstützung zeigte sich ein deutlicher Vorteil für die Beschäftigten in der Psychiatrie.

Konfliktmanagement – Aufgaben im Betrieb

Theo Blättler, Unfallkasse NRW

Wer gesund zu Arbeit geht, hat das Recht, auch gesund den Heimweg wieder antreten zu können. Der Referent verweist auf die besonderen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers. Prävention, Nachsorge und saubere Dokumentation für spätere Verfahren, aber auch zur Analyse von zusätzlichen Präventionsmaßnahmen sind originäre Aufgaben des Arbeitgebers, der sich dazu Beratung und Unterstützung von den Fachexperten der Unfallversicherungsträger einholen kann. Die Prävention von Übergriffen am Arbeitsplatz umfasst technische, bauliche und organisatorische Schutzmaßnahmen. Das allein reicht aber nicht aus: Das frühzeitige Erkennen und Verhindern von Übergriffen muss gelernt werden. „Training on the job“ ist nicht genug. Personenbezogene Schutzmaßnahmen müssen Teil eines Gesamtkonzeptes sein.

Konfliktmanagement – am Beispiel des Kreiskrankenhauses

Christoph Hebborn, Kreiskrankenhaus Gummersbach

„Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“ – die übliche Herangehensweise des Arbeitsschutzes versagt beim Umgang mit fremd- und eigengefährdenden Patienten. Der Referent beschreibt die beim Klinikum Oberberg GmbH eingeführten Präventionsmaßnahmen. Diese reichen von der Verankerung der Thematik im gelebten Leitbild der Klinik über Öffentlichkeitsarbeit und Schulungen bis hin zur Installation einer geeigneten Notrufanlage sowie Fall- und Teamsupervision.

U. Hein-Rusinek

    Weitere Infos

    http://www.unfallkasse-nrw.de,

    Rubrik: Gesundheitsdienstportal

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