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DGAUM zur Sonnenschein-Richtlinie

ASU: Der ZDB argumentiert, es sei bei Hautschädigungen nicht nachzuweisen, ob diese aufgrund der beruflichen Tätigkeit oder der Freizeitbeschäftigung entstanden sind. Wie sehen Sie das?

Prof. Drexler: Wenn man die Haut eines Menschen im mittleren Alter inspiziert, sieht man auf den ersten Blick dessen Verhaltensweise bei Sonneneinstrahlung. In der Regel kleiden sich Menschen in der Arbeit und Freizeit unterschiedlich. Selbst die wenigen Personen, die mit völlig freiem Oberkörper arbeiten, tragen meist lange Hosen, so dass bei den Hautschäden die Diskrepanz zwischen Oberkörper und Unterkörper ins Auge sticht. Hinzu kommt, dass ein im Freien Beschäftigter in einem Maße der Sonne ausgesetzt ist, das von Menschen, die in Innenräumen arbeiten, in deren Freizeit gar nicht erreicht werden kann. Auch bei Outdoor-Workern mit exzessivem Freizeitverhalten in der Sonne überwiegen bei einer 5-Tages-Arbeitswoche die Stunden mit beruflicher UV-Exposition, solange nicht in Teilzeit gearbeitet wird.

ASU: Was sagen Sie zu den ZDB-Argumenten, dass beruflich hautkrebsgefährdete Beschäftigte Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrnehmen würden und durch ihr Verhalten für eine Hautkrebserkrankung selbst verantwortlich seien?

Prof. Drexler: Zunächst muss einmal darauf hingewiesen werden, dass es eine Pflichtuntersuchung nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) gar nicht gibt. Diese wäre auch rechtswidrig. Es gibt aber eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge, bei der der beruflich Gefährdete sich beraten lassen muss und bei der ein Untersuchungsangebot gemacht wird, sofern die Untersuchung medizinisch begründet werden kann. Bei UV-Exponierten bedeutet dies, dass sie, von Beginn ihrer Tätigkeit an, zum richtigen Verhalten in der Sonne beraten werden. Zu dem Zeitpunkt, an dem ein Hautkrebsscreening indiziert ist, hat bereits eine hohe kumulative UV-Dosis unumkehrbar Schäden an der Haut verursacht. Man würde somit mit der Früherkennung der Erkrankung hinterher laufen, weil die Beratung zu spät käme. Verantwortlich für sein Verhalten kann ein Beschäftigter erst dann gemacht werden, wenn ihm sachkompetent die entsprechenden Informationen vermittelt worden sind. In Bezug auf die Gefährdung durch UV-Strahlung haben oftmals selbst gut gebildete Menschen völlig falsche Vorstellungen, etwa Sonnenschutzcremes würden vor malignen Melanomen schützen. Die DGAUM hat an der S3-Leitlinie „Prävention von Hautkrebs“ mitgearbeitet; diese stellt eine exzellente Basis für eine evidenzbasierte Beratung dar. Das Argument, dass hautkrebsgefährdete Beschäftigte Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrnehmen würden, spricht aus meiner Sicht – sofern diese Argument überhaupt stimmt – doch mehr für als gegen eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge.

ASU: Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe des ZDB, die Vorsorgeuntersuchungen abzulehnen?

Prof. Drexler: Wie gesagt, es geht um Vorsorge und nicht um Vorsorgeuntersuchungen. Schon der Begriff der Vorsorgeuntersuchung ist falsch, denn es handelt sich ja um die Früherkennung eines Hautkrebses. Für die Vorsorge ist es da schon zu spät. Die Ablehnung kann aus meiner Sicht nur pekuniäre Gründe haben.

ASU: Werden vom ZDB letztlich nicht sogar die Fortschritte sowie die Bedeutung der arbeitsmedizinischen Vorsorge für Outdoor-Worker in Frage gestellt?

Prof. Drexler: Ich denke nicht, da bisher ja noch keine stichhaltigen Sachargumente vorgebracht werden konnten.

ASU: Wie hat die DGAUM reagiert?

Prof. Drexler: Wir haben dazu in verschiedenen Medien die hier dargestellte klare Position bezogen und dabei auch eine Risikobetrachtung zugrunde gelegt. Wenn man bei beruflicher Einwirkung von UV-Strahlung auf die Pflichtvorsorge verzichtet, dann kann man die Pflichtvorsorge bei krebserzeugenden Einwirkungen durch Arbeitsstoffe oder ionisierende Strahlung generell in Frage stellen, weil bei keiner anderen beruflichen Exposition ein so hohes Risiko in Deutschland akzeptiert oder toleriert wird. Hinzu kommt, dass der Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung des Menschen ist.

ASU: Welche Aspekte müssen im Fall der Einwirkung von UV-Strahlung berücksichtigt werden, die eine arbeitsmedizinische Vorsorge rechtfertigen?

Prof. Drexler: Im Fall der Einwirkung von UV-Strahlung müssen insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt werden, die eine arbeitsmedizinische Vorsorge rechtfertigen:

  • UV-Strahlung ist hinsichtlich Initiation, Progression und Promotion ein komplettes Humankanzerogen.
  • Das Plattenepithelkarzinom hat eine hohe Erkrankungsprävalenz, und das Risiko zu erkranken ist für Outdoor-Worker deutlich erhöht.
  • Die Vorsorge verfügt über ein gutes präventives Potenzial: technisch, organisatorisch, persönlich (TOP) und beinhaltet gute Möglichkeiten der Früherkennung bei leicht zugänglichem Zielorgan.

ASU: Welches sind die Minimalanforderungen, die die DGAUM an die arbeitsmedizinische Vorsorge bei Beschäftigung im Freien stellt?

Prof. Drexler: Die DGAUM ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft und kann daher nur beraten – beispielsweise den Ausschuss für Gefahrstoffe beim BMAS – und keine Forderungen stellen. Besonders effektiv ist eine arbeitsmedizinische Vorsorge dann, wenn diese nicht nur das Verhalten des Beschäftigten, sondern auch die Verhältnisse beeinflusst. Wenn beispielsweise die Arbeit so organisiert werden kann, dass in den UV-intensiven Stunden, das sind zwei Stunden vor und nach dem Sonnenhöchststand, nur wenig im Freien gearbeitet wird, dann ist dies mit Abstand die effektivste Maßnahme der Prävention. Wenn dadurch Beschäftigte aus der Pflichtvorsorge entlassen werden können, motiviert das auch den Arbeitgeber, über Arbeitsabläufe und Schichtpläne nachzudenken.

ASU: Worauf stützen sich diese Forderungen?

Prof. Drexler: Ich denke, es ist die Aufgabe einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft, die vorhandene wissenschaftliche Evidenz zusammenzustellen und Empfehlungen abzuleiten. So ein Vorgehen ist auch in hohem Maße transparent, da es noch nie so leicht wie jetzt war, an die Informationen zu kommen, so dass die Schlussfolgerungen der Fachgesellschaften nachvollzogen werden können. Ein gutes Beispiel hierfür ist die bereits erwähnte S3-Leitlinie „Prävention von Hautkrebs“.

ASU: Vielen Dank für das Gespräch!

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