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12-Phasen-Burnout-Screening

12-Phasen-Burnout-Screening

Ziel: Ziel der gegenständlichen Untersuchung war es, ein reliables psychosoziales Screening Instrument, basierend auf dem bekannten 12-Phasen-Modell von Herbert Freudenberger und Gail North (1992) zu entwickeln, das im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung und auch online eingesetzt werden kann.

Kollektiv und Methode: Im Sinne einer Facettenanalyse wurden gemäß der Beschreibung der Symptomatik von Burnout jeweils zehn Items pro Phase generiert, wobei dann nach Voranalysen jeweils drei Items ausgewählt wurden. Das so entwickelte Screening-Inventar bestehend aus k = 36 Items wurde im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung am Gesundheits- und Vorsorgezentrum der KFA Wien im Zeitraum von Mai 2013 bis September 2013 vorgegeben und in diesem Zeitraum von n = 1355 berufstätigen KlientInnen (69,3 % Frauen; 30,7 % Männer) ausgefüllt. Die Stichprobe war im Mittel 42,1 ± 10,5 Jahre alt (Md = 44, IQR: 34–50, Min = 18, Max = 65).

Ergebnisse: Das Screening erweist sich als objektiv in Durchführung, Auswertung und Interpretation und intern konsistent (Cronbach- = 0,937). Die Itemtrennschärfen sind bis auf 3 Items gut bis sehr gut (rpb > 0,3). Die Bildung eines Gesamtscores sowie die Zuordnung zu den einzelnen Phasen samt grafischer Rückmeldung erlaubt eine erste Einschätzung im Hinblick auf die Stärke der Stressbelastung beziehungsweise Burnout-Gefährdung. Erste Validierungsergebnisse zeigen substanzielle Korrelationen mit der Hospital Angst und Depressionskala (HADS) und moderate Zusammenhänge mit dem Personal Lifestyle Questionnaire (PLQ), insbesondere mit der Subskala Sozialkontakte/Entspannung. Geringe Zusammenhänge mit Alkohol- und Nikotinkonsum zeigen sich erst ab Phase 3. Die 12-Phasen-Struktur lässt sich ebenfalls in einem LISREL-Modell bestätigen.

Schlussfolgerungen: Das entwickelte Screening erweist sich als reliables, zeitökonomisch geeignetes und anschauliches Tool für die frühzeitige Erfassung potenzieller psychischer Belastungsfaktoren. Für eine revidierte Form wurden die wenig trennscharfen Items sprachlichen Modifikationen unterzogen und anstelle der Überführung des rechtsschiefen Gesamtscores in diagnostische T-Werte die Prozentrangdarstellung gewählt.

Schlüsselwörter: Stress und Burnout – 12-Phasen-Modell nach Herbert Freudenberger und Gail North – testtheoretische Analysen – Depression – Angst

12-phase burnout screening

Aim: The aim of this study was to develop a reliable psychosocial screening instrument based on the 12-phase model of Herbert Freudenberger and Gail North (1992), which can be used during routine preventive medical check-ups and also online.

Method: According to the characterisation of the symptomatology of burnout, ten items were generated for each phase and after primary analyses three items were selected. The developed screening inventory comprising of k = 36 items was provided on voluntarily basis to the subjects during medical check-ups at the health and prevention centre in Vienna (period from May 2013 until September 2013) and was filled out by n = 1355 participants (69.3 % women; 30.7 % men). The mean age of the sample was 42.1 ± 10.5 years (Median = 44, IQR: 34–50, Minimum = 18, Maximum = 65).

Results: The screening proved to be objective in performance, analysis and interpretation of the reports and is internally consistent (Cronbach- = 0.937). The discriminatory power of the items is good to very good except for 3 items (rpb > 0.3). By creation of a total score and the attribution to the individual phases including a graphical feedback, first conclusions with regard to the intensity of stress or the threat of a burnout can be drawn. The first results of validation show substantial correlations with the Hospital Anxiety and Depression Scale and moderate ones with the Personal Lifestyle Questionnaire. A weak correlation with alcohol and nicotine consumption is revealed beginning at phase 3. The 12-phase structure can be confirmed in a LISREL-Model.

Conclusions: The developed screening proves to be a reliable, time-efficient and descriptive tool for the early gathering of potential psychological stress factors. For a revised form a slight modification was carried out for 3 items with low discriminatory power and the presentation of percent ranges was chosen instead of T-values.

Keywords: stress and burnout – stress model by Herbert Freudenberger and Gail North – depression – anxiety

E. Ponocny-Seliger1

R. Winker2

(eingegangen am 10. 03. 2014, angenommen am 11. 09. 2014)

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2014; 49: 927–935

Einleitung und Ziele

Berufliches „Ausgebranntsein“ (Burnout) hat in den letzten Jahren zunehmend an öffentlichem, medialem und betrieblichem Interesse gewonnen. Weimer und Pöll bezeichnen Burnout als „[…] ein gesellschaftliches Phänomen der modernen Leistungsgesellschaft […]“ (Weimer u. Pöll 2012), das zu enormen wirtschaftlichen Kosten führt. Eine einheitliche Diagnose lässt sich nicht finden, sehr wohl aber eine Reihe von Symptomen. Allgemein handelt sich um einen Erschöpfungszustand auf physischer, psychischer, geistiger und sozialer Ebene (Gabriel 2008). Die nahezu inflationäre Verbreitung dieses Begriffs, die manche Autorinnen und Autoren auch von einer „Burnout-Epidemie“ sprechen lässt (Hillert u. Marwitz 2006), hat möglicherweise aber auch mit einem geringeren Stigmatisierungsgrad – im Gegensatz zu Depression und/oder Angststörungen – zu tun (Litzcke et al. 2013).

Der Psychoanalytiker Freudenberger (1927–1999) wird im Allgemeinen als Begründer des Begriffs „Burnout“ genannt. Er beschrieb bereits in seiner ersten Publikation „Staff Burn-Out“ (1974) die heute vielzitierten Symptome wie Gefühl der Verausgabung, Müdigkeit, Infektanfälligkeit, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Schlaflosigkeit, emotionale Labilität, rigides und unflexibles Denken, sozialer Rückzug etc. (Freudenberger 1974).

Maslach (2001) definiert Burnout als „[…] a psychological syndrome that involves a prolonged response to chronic interpersonal stressors on the job” (Maslach 2006) und führt drei Hauptcharakteristika an: totale Erschöpfung, zunehmenden Zynismus und (subjektive) Ineffektivität.

Obwohl sich individuelle Risikofaktoren für Burnout identifizieren lassen, zeigt die Mehrheit der Studien, dass Burnout vor allem in berufsbedingten Faktoren wurzelt, wobei Maslach darauf hinweist, dass immer beides, nämlich persönliche und situative (i.e. berufsbedingte) Faktoren zusammenwirken müssen, um ein Burnout zu bedingen (Maslach 2006). In diesem Zusammenhang wird auch von einem „Match-Mismatch“ zwischen individuellen und organisationalen Faktoren gesprochen (Maslach u. Leiter 1997). Grundlegende Ursache für Burnout ist nach Matthias Burisch (2006) eine verfehlte Zielerreichung und ein Kontrollverlust des Indivi-duums in seiner Interaktion mit der Umwelt.

Diagnostik von Burnout

Die Abgrenzung des Burnout-Syndroms von anderen psychischen Krankheiten ist schwierig, insbesondere die Abgrenzung hin zu Depression und Anpassungsstörungen (Kaschka et al. 2011). Im DSM-IV fehlt eine entsprechende Klassifikation, es kann dort lediglich unter 68.20 „Probleme im Beruf” eingeordnet werden. Bezüglich ICD-10 fällt Burnout in Z 73 „Probleme, verbunden mit Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung” und hier im Speziellen in Z 73.0 „Ausgebranntsein (Burn-out, Zustand der totalen Erschöpfung)” (Bundesministerium für Gesundheit 2013). Im Rahmen der finnischen Health 2000 Study schlägt eine Arbeitsgruppe vor, Burnout gemeinsam mit Depression unter die Oberkategorie „depression spectrum disorders“ zu subsumieren (Ahola et al. 2005). Nil et al. (2010) sprechen sich dafür aus, dass Burnout eher ein arbeitspsychologisches Konzept, nicht aber eine psychiatrische Diagnose darstellt und somit häufig als Ursache für Depressionen fungieren kann (Nil et al. 2010). Zu den häufig eingesetzten Verfahren zählen das Maslach Burnout Inventory (MBI; Maslach et al. 1986) und die Burnout-Skalen (BOSS; Hagemann u. Geuenich 2009). Außerdem finden sich noch der Shirom Melamed Burnout Questionnaire (SMB; Melamed et al. 1992), das Oldenburg Burnout Inventar (OLBI; Demerouti u. Bakker 2007), das Kopenhagener Burn-Out Inventar (CBI; Kristensen et al. 2005) und das School-Burnout-Inventar (SBI; Salmela-Aro et al. 2009). Alle diese Verfahren funktio-nieren über Selbstbeurteilungsitems und fragen die drei Bereiche „emotionale Erschöpfung“, „Depersonalisation“ und „Leistungsunzufriedenheit“ ab.

Intention zur Entwicklung eines Burnout-Screenings basierend auf dem 12-Stufen-Modell von Herbert Freudenberger und Gail North

Der frühzeitigen Diagnostik von Burnout-Gefährdung im Rahmen der beruflichen Gesundheitsvorsorge kommt aufgrund der hohen volkswirtschaftlichen Kosten von späten Diagnosen – Schneider und Dreer (2014) beziffern diese auf € 94 000 bis € 131 000 pro Fall – eine zunehmende Bedeutung zu, insbesondere, wenn im Falle auffälliger Befunde auch ein entsprechendes arbeitspsychologisches/therapeutisches Versorgungsangebot zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei eignet sich das 12-Phasen-Modell von Freudenberger und North sowohl aufgrund seiner großen Bekanntheit, als auch wegen seiner Anschaulichkeit, nicht nur dafür Betroffenen ihre Situation vor Augen zu führen, sondern auch Führungskräfte oder sonstige für Personal Verantwortliche für das Problem zu sensibilisieren und darauf aufbauend konkrete arbeitspsychologische Maßnahmen zu erarbeiten (vgl. Gabriel 2010).

Einschränkend muss aber auch erwähnt werden, dass Phasenbeschreibungen lediglich theoretische Modelle des Burnout-Verlaufes darstellen und diese Phasen nicht notwendigerweise in genau dieser Reihenfolge auftreten müssen, sie beschreiben aber häufige Schritte bis hin zum Burnout-Syndrom ( Abb. 1) und regen so berufstätige Klientinnen und Klienten zur Selbstreflexion an. Insbesondere die Frage, ob Burnout nicht die Vorstufe von Depression darstellt und damit die letzte Stufe des Prozesses abbildet, wird vielfach diskutiert (vgl. Ahola et al. 2005; Bakker et al. 2000; Iacovides et al. 2003). Die 12 Phasen stellen jedoch für Klientinnen und Klienten ein sehr anschauliches Modell dar, um eine erste persönliche Standortbestimmung vorzunehmen, wobei insbesondere die letzten drei Phasen innere Leere, Depression und völlige Erschöpfung den kritischen Bereich für Burnout markieren (s. Abb. 1).

Beschreibung der Phasen (s. auch Abb. 1)

  • Phase 1: Der Zwang sich zu beweisen – Diese Phase ist durch übersteigerten Ehrgeiz und Perfektionismus gekennzeichnet, die/der MitarbeiterIn möchte seine Sache besonders gut machen, beinahe zwanghaft ist die Vorstellung, nicht mehr als 100 % zu geben, angstbesetzt.
  • Phase 2: Verstärkter Einsatz – Das Gefühl aus Phase 1 baut sich weiter auf, häufig verknüpft mit dem Gefühl, alles selbst und insbesondere dringlich machen zu müssen. Aufgaben werden besonders rasch erledigt. Etwas zu delegieren fällt schwer.
  • Phase 3: Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse – Betroffene empfinden diesen beruflich „toughen” Zustand als normal und beschreiben ihn sogar als angenehm. Soziale Bedürfnisse werden sekundär empfunden. ArbeitskollegInnen, die diesen Bedürfnissen nachgehen, werden manchmal sogar abgewertet. Der Lebensstil wird zunehmend ungesünder und es treten erste kleinere Fehlleistungen auf.
  • Phase 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen – Zunehmende Konflikte mit Arbeitskolleginnen, der Partnerin/dem Partner werden ebenso wenig wahrgenommen wie Schlafmangel und erste körperliche Symptome. Außerdem mehren sich Fehlleistungen wie vergessene Termine, Terminkumulationen, Unpünktlichkeit, sonstige Fehler etc.
  • Phase 5: Umdeutung von Werten – Die Wahrnehmung verändert sich, die Betroffenen stumpfen ab, werden oft hart und berechnend. Der Zeitbegriff ist gestört, es gibt nur mehr die Gegenwart, Personen und Dinge, die den Betroffenen vormals wichtig waren, treten hinter die Arbeit zurück. Der persönliche Horizont verengt sich.
  • Phase 6: Verleugnung der Probleme – Betroffene begegnen ihrer Umwelt zunehmend zynisch, verbittert und mit Härte, in weiterer Folge beginnen sie sich abzukapseln. Ungeduld, Intoleranz, latente und/oder overte Aggressivität prägen den Umgangston. Die Leistungseinbußen sind deutlich merkbar, ebenso körperliche Beschwerden.
  • Phase 7: Rückzug – PartnerIn, Familie und Freunde werden jetzt als Belastung, oft sogar als feindlich erlebt. Kritik wird nicht mehr ertragen; die Betroffenen beschreiben sich als orientierungslos und ihren Zustand als hoffnungslos. Um sich eine Freude zu machen, stürzt man sich in Ersatzbefriedigungen. Beruflich leisten Betroffene oft nur noch Dienst nach Vorschrift.
  • Phase 8: Verhaltensänderung – Den Betroffenen wird zunehmend alles egal, sie werden im Sinne von Martin Seligmans (1975) apathisch und häufig zeigen sich jetzt auch paranoide Tendenzen; alles wird als Angriff erlebt. Jede zusätzliche Arbeitsanforderung empfindet man als Belastung; die Betroffenen greifen auf Ausflüchte zurück.
  • Phase 9: Depersonalisation – Menschen in dieser Phase haben das Gefühl, nicht mehr sie selbst zu sein; sie beschreiben sich als „Maschinen die funktionieren (müssen)” und sehen ihr Leben als sinnlos und unentrinnbar. Sie vernachlässigen ihre eigene Gesundheit.
  • Phase 10: Innere Leere – In dieser Phase sind die Betroffenen bereits völlig mutlos, leer, nutzlos, ausgezerrt, ängstlich bis panisch. Phobien und Panikattacken sind möglich.
  • Phase 11: Depression – Das Stadium der Depression ist von tiefer Verzweiflung, Selbsthass, Erschöpfung, dem Wunsch nicht mehr aufwachen zu müssen und Suizidgedanken geprägt.
  • Phase 12: Völlige Erschöpfung – In dieser Phase kommt es zum körperlichen (Krankheit), psychischen und emotionalen Zusammenbruch; es handelt sich nun um einen absoluten Notfall.

Kollektiv und Methode

Im Rahmen eines neuen Angebots am Gesundheits- und Vorsorge-zentrum (GVZ) am Sanatorium Hera wurde als optionales Zusatzangebot zur Gesundenuntersuchung im März 2012 ein psychosoziales Screening-Instrument im Probelauf entwickelt (KFA 2012). Dieses ermöglicht den Klientinnen und Klienten auf freiwilliger Basis ein Screening der Bereiche 1) Lebensstil (Bewegung, Ernährung, Sozialkontakte/Entspannung, Nikotin, Alkohol), 2) Burnout, 3) Angst und Depression und 4) Zusatzbelastungen. Im Falle auffälliger Befunde in diesem psychosozialen Screening bietet das GVZ Coaching und Therapie durch ein Team von Psychologinnen und Lebensberaterinnen – in Abhängigkeit vom Belastungsgrad – an. Für den Probelauf des psychosozialen Screenings wurden für den Bereich Lebensstil eine deutsche Version des Personal Lifestyle Questionnaires (PLQ; Muhlenkamp et al. 1985), Fragen zur Ernäh-rung aus dem Personal Health Questionnaire (Löwe et al. 2002), dem AUDIT-GMAT (Rumpf et al. 2001) und dem Selbstbeurteilungsbogen zur Nikotinabhängigkeit nach Fagerström (FTNA; Fager-ström 1978) verwendet. Die Bereiche Angst- und Depression wurde mittels Hospital Angst und Depressions-Skalen (HADS; Zigmund u. Snaith 1995) und Burnout zunächst mit Hilfe der Burnout-Screening-Skala (BOSS-I; Hagemann u. Geuenich 2009) erfasst. Die Akzeptanz der KlientInnen im Probezeitraum 03.2012 bis 03.2013 war sehr hoch – das Screening wurde insgesamt von mehr als 2000 Personen ausgefüllt (Ponocny-Seliger 2012) – allerdings stellte sich in qualitativen Befragungen heraus, dass sich die Klientinnen und Klienten stärker eine grafische Verortung ihrer Burnout-Gefährdung wünschen und sich häufig auf das 12-Phasen-Modell beziehen. Zusätzlich ist es die Intention des GVZ, das psychosoziale Screening zukünftig online verfügbar zu machen, um Klientinnen und Klienten bereits vor der Gesundenuntersuchung eine erste Standortbestimmung zu ermöglichen. Daher war es Ziel der gegenwärtigen Studie ein praktikables und grafisch einfach zu interpretierendes Screening-Instrument, basierend auf dem bekannten 12-Phasen-Modell von Freudenberger und North (1992), zu entwickeln.

Generierung der Items

Im Sinne einer Facettenanalyse (Borg et al. 1992) wurden gemäß der Beschreibung der Symptomatik, wie sie sich sowohl bei Freudenberber und North (1992) als auch bei Rauscher (2009) und Gabriel (2010) findet, zunächst jeweils zehn Items pro Phase generiert. Diese insgesamt k = 120 Items wurden schließlich im Team mit ExpertInnen und Studierenden modifiziert und selegiert und letztlich auf jeweils k = 3 Items pro Phase reduziert.

  • Phase 1: Der Zwang sich zu beweisen
    • Ich stehe beruflich häufig unter Anspannung.
    • Es ist mir sehr wichtig, meine Arbeit besonders gut zu machen.
    • Wenn ich einmal früher nach Hause gehe, fühle ich mich merkwürdig.
  • Phase 2: Verstärkter Einsatz
    • Ich erledige meine Arbeit immer sehr rasch.
    • Wenn Arbeit liegen bleibt, habe ich ein schlechtes Gewissen.
    • Ich arbeite oft sehr lange bzw. mache viele Überstunden.
  • Phase 3: Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse
    • Ich habe häufig das Gefühl, mein Leben kommt zu kurz.
    • Nach der Arbeit oder am Wochenende bin ich häufig so müde, dass ich mich zu nichts mehr aufraffen kann.
    • In letzter Zeit muss ich sehr aufpassen, dass ich nichts vergesse oder übersehe.
  • Phase 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
    • Ich erkranke häufiger als früher.
    • Ich kann schlecht einschlafen oder liege in der Nacht häufig wach.
    • Es fällt mir häufig schwer, nicht von der Arbeit zu sprechen.
  • Phase 5: Umdeutung von Werten
    • Meine berufliche Situation ist deutlich belastender als früher.
    • Ich habe häufiger Konflikte mit Kollegen oder Kolleginnen als früher.
    • Im familiären Bereich kommt es häufiger zu Unstimmigkeiten.
  • Phase 6: Verleugnung der Probleme
    • Ich halte mehr Stress aus als andere.
    • Ich fühle mich häufig von anderen Menschen nicht verstanden.
    • Ich habe wenig Zeit für Sport oder Hobbys.
  • Phase 7: Rückzug
    • Ich treffe mich seltener mit Freunden und Bekannten.
    • Ich kann mich gar nicht mehr richtig über etwas freuen.
    • Um Stress abzubauen, greife ich auf Alkohol und/oder Medikamente zurück.
  • Phase 8: Verhaltensänderung
    • Ich muss mich häufig dazu zwingen, mich für meine Freunde zu interessieren.
    • Wenn ich zu Hause bin, möchte ich am liebsten von nieman-dem angesprochen werden.
    • Um abzuschalten, schaue ich zu viel fern oder surfe im Inter-net.
  • Phase 9: Depersonalisation
    • Meine Familie oder Freunde machen sich Sorgen um mich.
    • Ich gehe häufig über meine gesundheitlichen Grenzen.
    • Ich funktioniere nur mehr wie eine Maschine.
  • Phase 10: Innere Leere
    • Manchmal überkommt mich eine richtige Panik.
    • Neue Herausforderungen im Beruf werden zunehmend zur Qual.
    • Ich habe bereits am Wochenende ein mulmiges Gefühl, wenn ich an die Arbeit denke.
  • Phase 11: Depression
    • Manchmal überkommt mich ein Gefühl der Leere.
    • Es gibt Tage, an denen bin ich richtiggehend verzweifelt.
    • Ich möchte häufig nur noch im Bett liegen und schlafen.
  • Phase 12: Völlige Erschöpfung
    • Ich kann mich häufig in der Früh gar nicht überwinden aufzustehen.
    • Ich will so nicht weitermachen.
    • Ich kann nicht mehr.

Die Vorgabe der Items erfolgt entlang einer 6-stufigen Likert-Skala mit den Antwortalternativen 1 – trifft nicht zu, 2 – trifft kaum zu, 3 – trifft teilweise zu, 4 – trifft überwiegend zu, 5 – trifft zu und 6 – trifft stark zu. Eine neutrale Mitte wurde bewusst ausgeschlossen, um die Klient/Innen zu einer eindeutigen Positionierung anzuregen.

Testtheoretische Analysen

Das neu entwickelte Screening-Inventar wurde im Rahmen derVorsorgeuntersuchung am GVZ im Zeitraum von Mai 2013 bis September 2013 vorgegeben und in diesem Zeitraum von n = 1355 berufstätigen KlientInnen (69,3 % Frauen; 30,7 % Männer) ausgefüllt. Die Stichprobe war im Mittel 42,1 ± 10,5 Jahre alt (Md = 44, IQR: 34–50, Min = 18, Max = 65). Für weitere alterssegmentierte Analysen wurde eine Vierteilung entlang der Quartile vorgenommen, d. h. Alters-kategorie 1: 18–34, Alterskategorie 2: 35–44, Alterskategorie 3: 45–50 und Alterskategorie 4: 51–65. Für die testtheoretischen Analysen mussten aufgrund von unvollständigen Angaben n = 164 Personen ausgeschlossen werden, sodass sich die finale Analysestichprobe auf n = 1192 reduziert.

Ergebnisse

Interne Konsistenz

Die interne Konsistenz der k = 36 Items beträgt nach Cronbach- = 0,937, nach Split-Half (1. Hälfte vs. 2. Hälfte) = 0,849 und nach Split-Half (ungeradzahlige vs. geradzahlige Items) = 0,847 und ist damit auf jeden Fall als sehr gut zu bezeichnen. Teilt man die Stichprobe nach Geschlecht, zeigen sich sehr vergleichbare Werte im Hinblick auf die interne Konsistenz ( Tabelle 1). Im Hinblick auf die vier Alterskategorien sind die Werte der internen Konsistenz bei Cronbach- und Split-Half (ungeradzahlig vs. geradzahlig) ebenfalls sehr übereinstimmend; bei Split-Half (1. Hälfte vs. 2. Hälfte) zeigen sich in der obersten Altersgruppe die geringsten Werte und in der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen die höchsten, was auf ein etwas altersspezifisches Antwortverhalten im Hinblick auf die Phasen hinweist (s. auch Tabelle 3). Die internen Konsistenzen erweisen sich daher im Allgemeinen auch über soziodemografische Teilgruppen hinweg stabil.

Eine interne Konsistenzanalyse auf Ebene der 12 Phasen zeigt trotz der geringen Zahl von k = 3 Items pro Phase im Mittel ein befriedigendes Cronbach- = 0,658 (Min = 0,419, Max = 0,858), wobei die letzten drei Phasen „10: Innere Leere“ ( = 0,778), „11: Depression“ ( = 0,858) und „12: Völlige Erschöpfung“ ( = 0,826) die höchsten und die Phasen „1: Der Zwang sich zu beweisen“ ( = 0,488) und „2: Verstärkter Einsatz“ ( = 0,419) die niedrigsten internen Konsistenzen aufweisen.

Itemtrennschärfen

Eine Analyse der Itemtrennschärfen zeigt nur für 3 Items geringere Itemtrennschärfen als rpb = 0,3, nämlich Item 2: „Es ist mir sehr wichtig, meine Arbeit besonders gut zu machen“ (rpb = 0,189), Item 4: „Ich erledige meine Arbeit immer sehr rasch “(rpb = 0,076) und Item 16: „Ich halte mehr Stress aus als andere“ (rpb = 0,148), während alle anderen Itemtrennschärfen im guten (rpb = 0,3 bis rpb = 0,5) bzw. sehr guten Bereich rpb = > 0,5 liegen ( Abb. 2). Getrennt für Frauen und Männer betrachtet, zeigen sich bei k = 29 Items sehr vergleichbare Trennschärfen, bei Item 5: „Wenn Arbeit liegen bleibt, habe ich ein schlechtes Gewissen“ und Item 9: „In letzter Zeit muss ich sehr aufpassen, dass ich nichts vergesse oder übersehe“ zeigen Frauen höhere Trennschärfen, bei Item 6: „Ich arbeite oft sehr lange bzw. mache viele Überstunden“, Item 13: „Meine berufliche Situation ist deutlich belastender als früher“, Item 14: „Ich habe häufiger Konflikte mit Kollegen oder Kolleginnen als früher“, Item 24: „Um abzuschalten schaue ich zu viel fern oder surfe im Internet“ und Item 30: „Ich habe bereits am Wochenende ein mulmiges Gefühl, wenn ich an die Arbeit denke“ die Männer. Diese Items reagieren somit gendersensibel auf Belastungsstatements. In Bezug auf die vier Alterskategorien zeigen sich bei k = 15 Items keine Auswirkungen des Alters auf die Trennschärfe. Item 4: „Ich erledige meine Arbeit immer sehr rasch“ und Items 16: „Ich halte mehr Stress aus als andere“ ist in allen Altersgruppen wenig trennscharf.

Antwortverteilungen

Im Hinblick auf die Verteilungen des Antwortverhaltens zeigt sich zum einen, dass bei allen Items das gesamte Spektrum der Antwortkategorien ausgenutzt wird und dass die Mehrzahl der Items der höheren Phasen (ab Phase 5/Item 14) deutlich rechtsschiefe Verteilungen aufweist. Auffällig im Hinblick auf ihre Schiefe sind Item 2: „Es ist mir sehr wichtig, meine Arbeit besonders gut zu machen“ und Item 4: „Ich erledige meine Arbeit immer sehr rasch“ – beide weisen linksschiefe Verteilungen auf, was bedeutet, dass diesen Items deutlich mehr zugestimmt wird, als dass sie abgelehnt werden.

Skalenscores

Aufgrund der sehr guten internen Konsistenz ist die Bildung eine Gesamtscores über Mittelwertbildung zulässig, dieser beträgt für die Gesamtstichprobe 2,27 ± 0,76 (Md = 2,11, IQR:1,72–2,63; Min = 1, Max = 6). Die Verteilung dieses Gesamtscores ist deutlich rechtsschief ( Abb. 3), eine Transformation auf einen diagnostischen T-Wert (MW = 50, SD = 10), der auf Normalverteilungsannahme beruht, ist damit nur unter Vorbehalt möglich. Für eine revidierte Version wird daher auf die Ausgabe verteilungsrobusterer Prozentränge zurückgegriffen. Zusätzlich dazu lassen sich für die einzelnen Phasen Skalenmittelwerte bilden. Bezogen auf das Geschlecht zeigen sich keine Unterschiede im Gesamtscore – Frauen: 2,27 ± 0,76; Männer: 2,25 ± 0,76, t = 0,583, df = 1342, p = 0,560 – aber im Hinblick auf die einzelnen Phasen zeigen Frauen in Phase 4: „Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen“ signifikant höhere Werte, während Männer in Phase 5: „Umdeutung von Werten“ signifikant höher scoren ( Tabelle 2).

Bezogen auf die vier Alterskategorien zeigt sich beim Gesamtscore kein Altersunterschied (F(3,1071) = 1,184, p = 0,315). In Phase 1: „Der Zwang sich zu beweisen“ und Phase 2 „Verstärkter Einsatz“ findet sich dagegen in der Gruppe der 35- bis 44- so-wie der 45- bis 50-Jährigen signifikant mehr Zustimmung als bei der jüngsten und der ältesten Gruppe. In Phase 5: „Umdeutung von Werten“ findet sich in der jüngsten Gruppe signifikant weniger Zustimmung und in Phase 6: „Verleugnung der Probleme“ findet sich in der ältesten Gruppe die geringste Zustimmung, gefolgt von der jüngsten Gruppe und der Gruppe der 45- bis 50-Jährigen; die höchste Zustimmung findet sich in der Gruppe der 45- bis 50-Jährigen. In Phase 9: „Depersonalisation“ zeigt sich die geringste Zustimmung in der jüngsten Gruppe ( Tabelle 3).

Phasenzuordnung und Rückmeldung an die Klientin / den Klienten

Der in EXCEL vollautomatisierte Output ( Abb. 4), den eine Klientin/ein Klient erhält, zeigt den T-Wert des Gesamtscores plus eine Anmerkung, ob dieser im auffälligen Bereich liegt (+, ++, +++). Um zu einer individuellen Zuordnung der Klientin/des Klienten zu einer Phase zu gelangen, wird der individuelle Stufenmittelwert gegen den theoretischen Verteilungsmittelwert von 3,5 (Intervall 1 bis 6) abgeglichen; ist dieser überstiegen, wird diese Person dieser Phase zugeordnet. Im Output wird dann der Phasenmittelwert angeführt und ein Häkchen gesetzt, wenn der theoretische Mittelwert überstiegen wurde. Zur grafischen Veran-schaulichung wird zusätzlich noch ein Netzdiagramm ausgegeben, in dem der individuelle Skalenscore als blaue Linie erscheint, die Stufenmaxima als rote Rauten und der theoretische Mittelwert als gestrichelte Linie (s. Abb. 4). Für eine summative Auswertung ist es möglich jede/n Klientin/ten der maximal erreichten Phase zuzuord-nen, so dass eine Gruppenauswertung resultiert. Hierbei werden die Phasen 1–3 als „Normale“ Stressreaktion subsumiert (32,5 % der gegenwärtigen Stichprobe [g.Sp.]), die Phasen 4–6 als Phasen von vermehrtem Stress (12,8 % [g.Sp.]), die Phasen 7–9 (5,2 % [g.Sp.]) als Phasen, die ein beginnendes Burnout ankündigen können und die Phasen 10 bis 12 (13,8 % [g.Sp.]) als spezifische Burnout-Phasen.

Erste Validierungsergebnisse

Da im Rahmen des psychosozialen Screenings im Gesundheits- und Vorsorgezentrum der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien zusätzlich auch die Hospital-Anxiety and Depression Scale (HADS), der Personal-Life-Style-Question-naire (PLQ), der Audit-GMAT sowie der Fagerström-Test vorgegeben werden, können diese quantitativen Scores im Sinne einer konvergenten und diskriminanten Validierung eingesetzt werden.

Der Gesamt-Skalenscore korreliert mit dem Angstscore zu r = 0,747 (p < 0,001) sowie mit dem Depressionsscore zu r = 0,780 (p < 0,001), was zwar auf sehr hohe Zusammenhänge im Sinne der konvergenten Validität hinweist, aber auch nahelegt, dass Burnout mit Angst und Depression in ein gemeinsames Konstruktsystem fällt. Bezogen auf die Phasen-Skalenscores zeigt sich, dass die Phasen 1 und 2 noch relativ geringe Korrelationen zu Angst und Depression aufweisen, jedoch beginnend mit Phase 3: „Vernachlässigung eigener Bedürfnisse“ werden substanzielle Korrelationen mit Angst und Depression nachweisbar ( Tabelle 4).

Bezogen auf den Gesamtscore des PLQ sowie auch auf dessen Subskalen (Bewegungsverhalten, Ernährung, Sozialkontakte/Entspannung und Gesundheitsvorsorge-verhalten) zeigen sich durchwegs negative Korrelationen (s. Tabelle 5; je mehr Stress-/Burnoutgefährdung, desto weniger optimal ist der Lebensstil) mit kleinen bis mittleren Effektstärken. Entsprechend einer diskriminanten Validierung ist das Sozialverhalten stärker mit Stress-/Burnout-Gefährdung korreliert als die anderen Subskalen des PLQ.

Der Gesamtscore korreliert lediglich zu r = 0,070, p = 0,011 mit dem AUDIT-GEMAT Score und zu r = 0,175, p < 0,001 mit dem Fagerström-Score. Bezüglich der einzelnen Phasen-Scores zeigt sich, dass erst ab Phase 5 kleine Effekte zwischen Alkoholkon-sum und Stress- und Burnout-Gefährdung vorliegen. Bezüglich des Fagerström-Scores vergrößern sich die Effekte ab Phase 3 ( Tabelle 5).

Eine konfirmatorische Faktorenanalyse (AMOS 19) über die k = 36 Items legt einen Burnout-Generalfaktor mit einem Normed-Fit-Index von 0,773 (PNFI = 0,690; CMIN/DF = 9,398) und Root-Mean-Square-Residual von 0,078 nahe. Ein LISREL-Modell mit 12 Faktoren, wobei angenommen wird, dass jeder Faktor den nächsten bedingt, führt dann sogar zu einem Normed-Fit-Index von 0,840 (PNFI = 0,735; CMIN/DF = 6,771) und Root-Mean-Square-Residual von 0,065 und zeigt somit einen überlegenen Fit gegenüber der Einfaktorenlösung.

Diskussion

Das k = 36 Items umfassende 12-Phasen-Burnout-Screening basierend auf dem Modell von Helmut Freudenberger und Gail North (Freudenberger u. North 1992) stellt ein sehr zeitökonomisches Tool dar, da die durchschnittliche Ausfülldauer maximal 5 Minuten beträgt. Die Zuordnung zu den 12 Phasen ist für die Klientinnen und Klienten grafisch veranschaulicht, somit sehr gut nachvollziehbar und regt zur Selbstreflexion an. Im Hinblick auf die testtheo-retischen Gütekriterien liegt auf jeden Fall Durchführungs- und Auswertungsobjektivität vor, da die Auswertung und Befundung völlig automatisiert EXCEL-unterstützt beziehungsweise in der Online-Version völlig automatisiert erfolgt. Bezüglich der Reliabilität sind die Ergebnisse zur internen Konsistenz als sehr gut zu bewerten (Cronbach- = 0,937) und auch im Hinblick auf die 12 Phasen als brauchbar; Geschlecht und Alter wirken sich nicht substanziell auf die interne Konsistenz aus. Analysen der Itemtrennschärfen zeigen bei Item 2: „Es ist mir sehr wichtig, meine Arbeit besonders gut zu machen“, Item 4: „Ich erledige meine Arbeit immer sehr rasch“ und Item 16: „Ich halte mehr Stress aus als andere“ geringe Trennschärfen (< 0,3). Item 2 und Item 4 werden demnach – was auch die Verteilungen des Antwortverhaltens zeigen – insbesondere von den jüngeren Altersgruppen als positiv konnotierte Items empfunden, die nicht notwendigerweise Stressindikatoren darstellen müssen. Es wird daher für die Modifikation des Screenings eine pointiertere Wortwahl gewählt, nämlich für Item 2: „Es ist mir wichtiger als anderen Kolleginnen und Kollegen, meine Arbeit besonders gut zu machen“ und für Item 4: „Ich erledige meine Arbeit immer rascher als alle anderen“; Item 16 wird un-verändert belassen und in einer neuen Stichprobe evaluiert.

Der resultierende Gesamt-Skalenscore erweist sich als rechtsschief, was nur bedingt mit einer Überführung in einen diagnosti-schen T-Wert verträglich ist. Für das modifizierte 12-Phasen-Screening wird daher eine Ausgabe in verteilungsstabileren Prozenträngen erfolgen. Das 12-Phasen-Screening zeigt bei einigen Items genderspezifische Antwortmuster, so ist das Eingeständnis von „schlechtem Gewissen“, Fehlern und Müdigkeit eher weiblichem Antwortstil zuzuordnen, während Belastungen durch Überstun-den, belastende Arbeitssituationen, Konflikte ebenso wie negative Gedanken an die Arbeit am Wochenende und Abusus von Alkohol und/oder Medikamenten eher männliche Lebensrealitäten abbilden.

Das Alter der Befragten moderiert teilweise den Zustimmungsgrad und auch die Trennschärfen einzelner Items – so ist zum Beispiel für die jüngste Altersgruppe die Frage nach dem sozialen Rückzug (Item 19) ein stärkerer Indikator für Stress als in den anderen Altersgruppen. Für die Gruppe der 51- bis 65-Jährigen sind hingegen Fragen nach beruflicher Anspannung, Fehlern, Panikgefühlen und dem Gefühl wie eine Maschine zu agieren deutlichere An-zeichen von Stress. Erste Validierungsuntersuchungen bestätigen auch für dieses Instrumentarium starke Zusammenhänge mit Depression und Ängstlichkeit und moderate Zusammenhänge mit dem Lebensstil – insbesondere mit Sozialkontakten und Entspannungsmöglichkeiten. Zusammenhänge mit Nikotin- und Alkohol-abusus zeigen sich erst ab den Phasen 3 beziehungsweise 5. Das Modell von 12 Phasen lässt sich mit gutem Fit bestätigen und ist sogar einer Einfaktorenlösung überlegen.

Schlussfolgerung

Das gegenständliche entwickelte Fragebogenscreening des persönlichen Lebensstils im Hinblick auf psychische Risikofaktoren, Stress und Burnout sowie Angst und Depression wird von den Klientinnen des Gesundheits- und Vorsorgezentrum gut im Rahmen der Vor-sorgeuntersuchung angenommen (knapp über 60 % Teilnahmequote aller KlientInnen, die in diesem Zeitraum das Gesundheits- und Vorsorgezentrum aufgesucht haben); wobei Frauen und jüngere Klientinnen (< 60 Jahre) das Screening häufiger in Anspruch nehmen. Die Untersuchungsergebnisse bestätigen, dass das psychosoziales Screening basierend auf dem 12-Phasen-Modell von Freudenberger und North sich als reliables, zeitökonomisch Tool für die frühzeitige Erfassung potenzieller psychischer Belastungsfaktoren eignet (Dauer der Durchführung 10–15 Minuten). Außerdem besteht der Vorteil des Modells und damit auch des Screenings in der guten Kommunizierbarkeit gegenüber Führungskräften und Personalverantwortlichen. Im gegenwärtigen Output (s. Abb. 4) wird dargestellt, welche Phasen ein Individuum bereits erreicht hat – es wird nicht nur auf die maximal erreichte Phase hingewiesen, so dass einem prinzipiellen Modelleinwand, nämlich dem, dass diese Phasen nicht notwendigerweise in direkter Abfolge auftreten müssen, ebenfalls Rechnung getragen wird. Als nächster Schritt ist eine Validierungsstudie des modifizierten 12-Phasen-Screenings zum einen an den Burnout-Skalen (BOSS) sowie dem Maslach-Burnout-Inventar geplant, zum anderen aber auch an zwei Extremstichproben, nämlich zum einen KlientInnen, die psychologische/psychotherapeutsische Hilfe zur Bewältigung ihrer beruflichen Belastungen in Anspruch nehmen, und Menschen, die in einem Subjective-Well-Being Screening (Ponocny et al. 2012) hohe Werte auf-weisen.

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Für die Autoren

Mag. Dr. rer. nat. Elisabeth Ponocny-Seliger

Coaching, empirische Sozialforschung und Gender Research

Spaungasse 19/2/9–10

1200 Wien

E-Mail: office@gender-research.at

Fußnoten

1 Coaching, empirische Sozialforschung und Gender Research, Wien

2 Gesundheits- und Vorsorgezentrum der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien (KFA)