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Wissenschaftliche Leitlinie “Silikose“ ist erschienen

In den vergangenen 1,5 Jahren erfolgte die Aktualisierung der Silikose-Leitlinie durch eine interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe. Neue medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die zwischenzeitlich in der Begutachtungspraxis gewonnenen Erfahrungen wurden berücksichtigt.

Stand bei der Entwicklung der Erstfassung noch die Standardisierung der Diagnostik sowie die Überarbeitung der nicht dem medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechenden Maßgaben der „Moerser Konvention“ im Vordergrund (Baur et al. 2005), ging es beim Update um Feinkorrekturen und Ergänzungen, insbesondere der MdE-Kriterien (mit Angleichung an die MdE-Tabelle der Reichenhaller Empfehlung [DGUV 2013]).

Die Diagnose Silikose (auch Mischstaubpneumokoniosen) basiert – neben einer eingehenden Arbeitsanamnese – auch weiterhin ganz überwiegend auf dem typischen radiologischen Befund. Allerdings kommt bei der Erstdiagnose auch der standardisierten LD-HRCT-Aufnahme wegen der im Vergleich mit der konventionellen Röntgenaufnahme hohen Sensititivität und Spezifität eine zentrale Rolle zu ein. Ausnahmen stellen charakteristische, im Längsschnitt dokumentierte Befunde in der Röntgen-Thoraxaufnahme dar. Entsprechend heißt es im Leitlinien-Update: „Für die standardisierte Befundung der Low-Dose-Volumen-HRCT ist die Anwendung der CT-Klassifikation (ICOERD = International Classification of Occupational and Environmental Respiratory Diseases) zwingend erforderlich. Um die Diagnose einer Silikose in der CT Untersuchung zu stellen, ist der Nachweis scharf berandeter Verdichtungen in beiden Oberlappen, die im Lungenkern und Lungenmantel lokalisiert sein können, erforderlich. Beim Vergleich mit dem Referenzfilm muss mindestens die Streuungskategorie 1 im rechten wie auch im linken Oberfeld erreicht sein (Gesamtstreuung mindestens 2; (Hering u. Kraus 2013).

Neu sind die bislang kontrovers diskutierten Mindestanforderungen für eine in tabula erstmals festgestellte Silikose. Hierzu wird in Anlehnung an Hnizdo et al. (2000) ausgeführt: „Als insignifikant sind Befunde anzusehen, wenn weniger als 5 Silikoseknötchen pro Lungenflügel palpatorisch erfasst und histologisch bestätigt werden können“. Hierbei handelt es sich um eine Konvention und nicht um eine durch eingehende medizinisch-wissenschaftliche Untersuchungen und statistische Auswertungen belegte Grenzziehung; diese basiert allerdings auf den umfangreichen Erfahrungen, die im untertägigen südafrikanischen Goldbergbau gewonnen werden konnten.

In der aktualisierten Fassung wird auch auf den Befall der Hilus- und gelegentlich der Mediastinallymphknoten bei der Silikose eingegangen, wobei aus Sicht der LL keine enge Korrelation mit der Schwere des Lungenbefalls besteht. Ausgedehntere konglomerierende und indurierende Lymphknotenprozessse können zu Dislokationen der Hili mit Rückwirkungen auf die großen Bronchien und Gefäßstämme führen. Vorwiegend randständige schalenförmige Verkalkungen stellen sich radiologisch als „Eierschalenhilus“ dar.

Die Ausführungen zur Belastungsuntersuchung wurden ergänzt: Wenn weder Ergometrie noch Spiroergometrie durchführbar sind, soll ein 6-Minuten-Gehtest mit Pulsoxymetrie erfolgen (Meyer et al. 2013; Holland et al. 2014; Singh et al. 2014).

Außerdem kann bei der Silikose-Begutachtung eine (nicht mitwirkungspflichtige) Rechtsherzkatheteruntersuchung in Einzelfällen empfohlen werden, wenn die Echokardiographie Hinweise auf erhöhte Druckwerte ergibt oder eine Differenzierung zwischen rechts- und linkskardialer Insuffizienz Schwierigkeiten bereitet. Eine pulmonale Hypertonie ist bei der Beurteilung der MdE zu berücksichtigen und auch prognostisch relevant.

Bei der Spirometrie-Beurteilung sind die neuen GLI-Referenzwerte maßgeblich (Quanjer et al. 2012). Bei der Graduierung der Einschränkungen folgt die Silikose-LL der Leitlinie Spirometrie der DGP (Criée et al. 2015).

Nach dem aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand bleibt offen, ob bestimmte Krankheitsbilder des rheumatischen Formenkreises wie die Sklerodermie (McCormic et al. 2010) und das Caplan-Syndrom, die bei Silikose-Patienten in Einzelfällen gefunden werden, in toto als BK-Nr. 4101 (Silikose) anzusehen sind. Es braucht weiterer Studien, die die Rolle der beruflichen Quarzexposition im Kontext anderer Risikofaktoren untersuchen.

Die Mitglieder der Leitliniengruppe hoffen, mit dem Update der Silikose-LL und diesem Beitrag weiterhin zur optimierten Diagnostik und Begutachtung der Silikose-Erkrankungsfälle beizutragen.

Die genannten Literaturstellen werden im Rahmen der S2-Leitlinie Silikose veröffetnlicht.

    autor

    Prof. Dr. med. Xaver Baur

    Institut für Arbeitsmedizin

    Charité – Universitätsmedizin, Berlin, Freie Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin

    Thielallee 69–73 – 14195 Berlin

    xaver.baur@charite.de

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